Frage an Katja Kipping bezüglich Soziale Sicherung

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Frage von Jörg M. •

Frage an Katja Kipping von Jörg M. bezüglich Soziale Sicherung

Jörg Morka Köln, 21.08.2010

„ Kölner Modell“

Sehr geehrte Frau Katja Kipping

Die sog. „Bildungschipkarte“ ist zwar ein Reizthema, allerdings sehe ich in ihr auch eine große Chance.
Wie wäre es mit einer Chipkarte ( ein griffiger Name könnte man in einem Ideewettbewerb unter Jugendlichen ausloben ), für die alle Kinder/Jugendliche unter 18 Jahre 20% Rabatt auf alle kulturellen und sportlichen Anbieter * erhalten. (*, Sportvereine, Museen, Theater, Buchhandel... )
Diejenigen, die aus dem schwachen sozialen Umfeld entstammen, bekommen auf dieser Karte einen entsprechenden Geldwertbetrag monatl. gutgeschrieben.

Alle haben dann vom Aussehen die gleiche Karte, alle profitieren.

Was halten Sie davon?

Mit freundlichen Grüssen

Jörg Morka

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Morka,

vielen Dank für Ihre Überlegungen, deren besonderer Reiz aus meiner Sicht darin besteht, dass Sie allen Kindern bzw. Jugendlichen den gleichen Zugang zu Bildungs-, Sport- und Kulturangeboten eröffnen möchten. Allerdings habe ich im Zusammenhang mit sogenannten Bildungsguthaben – ob nun per Schein oder Chipkarte - auch meine Bedenken.

Egal ob Chipkarte oder Gutscheine – es handelt sich hier um die Fortsetzung einer Entwicklung, die wir als LINKE aus gutem Grund kritisieren: die Verwirtschaftlichung und Privatisierung von Bildung und Kultur, verbunden mit der Zementierung der schon jetzt vorhandenen Separation von Kindern aus verschiedenen sozialen Schichten. Machen wir uns nichts vor: überall, wo es auf Gutscheine oder eben Chipkarten Bares gibt, sind auch Angebote nicht weit, welche die Bezeichnung "seriös und am Wohl der Nutzer orientiert" nur schwerlich verdienen, sondern vorrangig die Profite aus Steuergeldern im Blick haben. Aber ich sehe auch noch ganz andere Probleme, denken Sie z.B. an dünn besiedelte ländliche Regionen. Wo sollen dann Kinder und Jugendliche ihre schönen Chipkartenguthaben einlösen, wenn vielleicht gar keine entsprechenden Angebote und Möglichkeiten im näheren Umkreis vorhanden sind?

Speziell für Deutschland ist noch anzumerken: die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe, die heute z.T. diejenigen sind, die junge Menschen erst einmal für Kunst und Literatur begeistern, würden vermutlich sehr bald in Gefahr geraten, ihre pauschalen Zuwendungen für außerschulische Bildung unter Verweis auf die Finanzierung durch Bildungschipkarten gestrichen zu bekommen. Was dies für kleine Träger, Träger auf dem flachen Lande oder unattraktiven Stadtlagen bedeuten würde, die heute wirklich engagiert und unter ohnehin schon schwierigen Bedingungen arbeiten, kann man sich vorstellen. Nein – für die Privatisierung der Kinder- und Jugendhilfe steht DIE LINKE nicht einmal ansatzweise zur Verfügung!

Den Zugang zu guten Bildungs-, Kultur- und Sportangeboten - und das ist ja der Kern der Sache - kann man Kindern und Jugendlichen, und zwar allen, aus meiner Sicht auch anders ermöglichen. Wir streiten ja als LINKE konsequent für Ganztagesschulangebote und genau hier sehe ich auch den richtigen Ansatzpunkt für die Schaffung und Ansiedelung von hochwertigen Bildungs- und Freizeitangeboten, die für alle Kinder gleichermaßen - ohne soziale Ausgrenzung und bürokratischen Aufwand - zugänglich sein müssen und können. Und was z.B. den Zugang zu Museen angeht, so hat z.B. Sachsen eine Regelung, dass alle Kinder und Jugendlichen unter 16 Jahren freien Eintritt in die Staatlichen Museen und das Deutsche Hygienemuseum (dieses hat exzellente Angebote, gerade für junge Menschen) haben. Solche Ideen und Angebote gilt es weiter zu fördern und auszubauen.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping