Frage an Katja Kipping bezüglich Soziale Sicherung

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Katja Kipping
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Frage von Stefan U. •

Frage an Katja Kipping von Stefan U. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Kipping,

gerne habe ich mir auf Youtube Ihre Rede zum Antrag der Linken Sanktionen im Rahmen der Hartz IV Gesetze abzuschaffen. Aus meiner eigenen Erfahrung komme ich allerdings zu anderen Schlüssen als Sie.

Ich halte die Gesetzgebung/ (Androhung von) Sanktionen als gutes Mittel, manchen Hartz IV Empfängern auf die Beine zu helfen. Eine Sanktion selber bringt einen allerdings nicht in Arbeit sondern verschlimmert in erster Linie die Situation des Hatz IV Empfängers. Aber aus einer solchen verschlimmerung der Situation kann sich Motivation entwickeln, dei eigene Lage zu verbessern.
Nicht die Sanktionen und die Gesetzgebung drumherum sind das Problem. Schwach geschulte und stark überforderte Mitarbeiter im JC sind das Problem. Im Raum Hannover hörte ich die Zahl von etwa 500 Kunden pro Ansprechpartner. Dass ein Pap (persöhnlicher Ansprechpartner) dabei überfordert ist, richtig, gesetzestreu und vorrausschauend zu handeln, dass ist doch kaum mehr möglich.
Ich habe lange für einen Bildungsträger gearbeitet und weiß wie stark zwischen JC und Trägern gemauschelt wird. Der Träger braucht Kunden und der Mitarbeiter im JC ist froh über jeden Fall, den er in einem Maßnahme abschieben kann.

Daher bin ich der Meinung, nicht die Sanktionen sind das Problem, sondern die inflationäre Anwendung und die falsch eingesetzten Geldmittel der JC. Mehr Paps und mehr Hilfe im JC anstelle von 6 Monate Auslagerung des Kunden in ein Bewerbungstraining für über 6000 €uro!!!

Ich würde mich freuen, von Ihnen eine Stellungnahme zu meiner Meinung lesen zu können.

MfG
Stefan Uekermann

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Uekermann,

ich bedanke mich für die Übermittlung Ihrer Positionen. Doch sie treffen nicht den Kern der Sache, auch wenn ich z.B. Ihre Kritik an der Betreuungsrelation oder an fragwürdigen Weiterbildungsmaßnahmen durchaus nachvollziehen kann.

Sanktionen und Leistungseinschränkungen sind grundrechtswidrig, weil die Absicherung der Existenz und gesellschaftlichen Teilhabe unter keinem Vorbehalt steht, d.h. unter keinen Umständen verwehrt werden kann. Das trifft auch hinsichtlich der Erwerbsarbeit zu, weil Zwangsarbeit, also Arbeitserzwingung durch Androhung einer Strafe (z.B. Entzug der Mittel zur Existenzsicherung) menschen- und völkerrechtswidrig ist.

Außerdem ist angesichts der Tatsache, dass auf sieben offiziell registrierte Erwerbslose nur eine bei den Ämtern gemeldete offene Stelle kommt, jegliche Androhung von Leistungsentzug bei Nichtannahme einer Erwerbsarbeit nichts weiter als bloße Schikane.

Darüber hinaus eröffnet die Möglichkeit der Sanktionen der Willkür und Rechtsbeugung alle Türen und Tore: 40 Prozent der Widersprüche gegen Sanktionen und 54 Prozent der Klagen gegen Sanktionen sind für die Betroffenen erfolgreich. Wohlgemerkt: Bei Sanktionen handelt es sich um die Verletzung eines Grundrechts, nämlich des Grundrechts auf ein Existenz- und Teilhabeminimum.

Sanktionen sind also keine gute Sache, sondern sie sind schlicht und ergreifend grundrechtswidrig und staatliches Repressionsmittel, das im Übrigen auch eine disziplinierende Funktion gegenüber allen Lohnabhängigen hat.

Auf meiner Website unter www.katja-kipping.de finden Sie im Dossier zu Sanktionen noch mehr Fakten und Hintergründe.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping