Frage an Katja Kipping bezüglich Finanzen

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Katja Kipping
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Frage von Marco B. •

Frage an Katja Kipping von Marco B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Frau Kipping,

ich wurde heute auf einen Zeitungsartikel der Mitteldeutschen Zeitung aufmerksam, in dem diese davon berichtet, dass die LINKE Einkommen ab 500.000 EUR zu 100% besteuern möchte.

www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1359647795397&openMenu=987490165154&calledPageId=987490165154&listid=994342720546

Das hieße doch, jeder Euro oberhalb dieser Einkommensgrenze würde zu 100% an das Finanzamt gehen? Damit wären Gehälter jenseits der 500.000 EUR defacto ausgeschlossen. Somit gäbe es doch keinerlei Anreiz, einen höher dotierten Vertrag abzuschließen. Nehmen wir als Beispiel einen Manager mit einem Jahreseinkommen von 2 Millionen Euro. Bei einer Einkommenssteuer von 60% hätte dieser vereinfacht gerechnet (ohne Steuerprogression) Einkommenssteuern in Höhe von ca. 1,2 Millionen Euro zu zahlen. Mit dem in der MZ erwähnten Steuermodell würde der Manager erst gar keinen Vertrag in einer solchen Höhe abschließen. Er würde seinen Vertrag, wenn er überhaupt in Deutschland bliebe, über 500.000 Euro Jahreseinkommen abschließen. Daraus würden sich wiederum vereinfacht gerechnet ca. 250.000 Euro an Einkommenssteuern ergeben.

Im Endeffekt hätte der Staat durch dieses Steuermodell weniger Steuereinnahmen?

Und wie wäre die Besteuerung von Dividenden? Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass die Besitzer eines renomierten deutschen Autoherstellers in nur zwei Jahren über eine Milliarde Euro allein an Dividenden erhalten haben.

Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr verbunden. Denn sollten Sie wirklich dieses Steuermodell in Erwägung ziehen, braucht es schon eine gute Erklärung, damit die LINKE auch für Realisten wählbar bleibt.

Vielen Dank im Voraus und
mit freundlichem Gruß

M. Beyer

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DIE LINKE

Sehr geehrter Beyer,

vielen Dank für Ihre Frage. In den Medien wurde heute aus den ersten Entwurfspapieren zu unserem Wahlprogramm berichtet, allerdings nicht korrekt. DIE LINKE fordert keinen 100-Prozent-Steuersatz. Der derzeitige Diskussionstand, den Sie auch selbst unter www.die-linke.de nachlesen können, lautet:

"Geringe und mittlere Einkommen sollen entlastet werden, indem der Grundfreibetrag auf 9.300 Euro erhöht wird. Monatliche Bruttoeinkommen bis 6.000 Euro werden entlastet, indem die ´kalte Progression´ im Tarifverlauf der Einkommenssteuer geglättet wird. Der Spitzensteuersatz soll ab einem Einkommen von 65.000 Euro pro Jahr wieder auf 53 Prozent erhöht werden. Jeder Euro Einkommen über einer Million jährlich wollen wir mit einer Reichensteuer von 75 Prozent besteuert."

Die in den Medien - leider falsch - dargestellte Formulierung ist eine Forderung gegenüber den Unternehmen, die monatlichen Gehälter ihrer Spitzenleute maximal auf das 40fache des gesellschaftlich nötigen Mindesteinkommens zu begrenzen. Bei gesetzten 1000 € Mindesteinkommen läge die monatliche Grenze insofern bei etwa 40.000 Euro für Spitzenverdiener, macht ca. 500.000 Euro pro Jahr.

Ich habe das heute auch noch einmal in einer Pressemitteilung klar dargestellt:

"1. Februar 2013 Katja Kipping
Wir sind für eine 75-prozentige Millionärssteuer

In einem Statement vor der Presse hat sich die Parteivorsitzende Katja Kipping zu Medienberichten über den Wahlprogrammentwurf der LINKEN geäußert. Sie stellte fest:

Heute haben verschiedene Medien berichtet, unser Wahlprogrammentwurf enthalte die Forderung nach einer 100-Prozent-Steuer. Wer im Entwurf unseres Wahlprogramms nach einer 100-Prozent-Steuer sucht, wird nichts finden. Wir schlagen einen 53-prozentigen Spitzensteuersatz wie unter Helmut Kohl vor und für jeden Euro Einkommen über eine Million Euro pro Jahr hinaus eine Reichensteuer von 75 Prozent. Darüber hinaus wollen wir eine Diskussion darüber anstoßen, wie viel Ungleichheit diese Gesellschaft verträgt. Wir wollen, dass im Wahlkampf über die wachsende soziale Drift in diesem Land geredet wird. Dem dienen auch Sätze wie derjenige, über den heute viele Medien berichten. Wir wollen, dass es in Unternehmen Regelungen für die Begrenzung von Managergehältern gibt. Es ist nicht hinzunehmen, dass in einem Unternehmen die Putzkräfte mit weniger als 1.000 Euro im Monat nach Hause gehen und die Manager mehr als eine Million im Jahr bekommen. Um es am Beispiel eines in Bundeshand befindlichen Unternehmens deutlich zu machen: Wenn der Bahnchef unbedingt ein riesiges Managergehalt braucht, dann muss er dafür sorgen, dass auch die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter einen ordentlichen Lohn für ihre Arbeit erhalten."

Mit freundlichen Grüßen
Katja Kipping