Frage an Katja Kipping

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Katja Kipping
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Frage von Detlef M. •

Frage an Katja Kipping von Detlef M.

Sehr geehrte Frau Kipping,

in der letzten Abstimmung haben Sie für Finanzhilfe an Griechenland gestimmt.
Wenn ich mich richtig erinnere haben die Linken eine solche Hilfe früher immer abgelehnt.
Wie kommen Sie zu dem Wandel?
Sie wissen wohl, das Sie gegen den Willen des Volkes gestimmt haben ?
Wieso kümmern Sie sich nicht um die Probleme der eigenen Bevölkerung?

mit freundlichem Gruß
detlef merkle

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Merkle,

vielen Dank für Ihre Frage.

Das, was Sie Finanzhilfe nennen, sind schlicht Kredite. Anders als es in Ihrer Frage anklingt, ist am 27. Februar kein neuer Kredit beschlossen worden. Es ist das bereits beschlossene Kreditprogramm um vier Monate verlängert worden. Die mit diesem Kreditprogramm verbundenen Auflagen hat meine Partei kritisiert. Wie Sie richtig schreiben, habe ich in der Vergangenheit gegen die Kreditprogramme gestimmt.
Dies war richtig, wie sich gezeigt hat, denn sie haben zu einer humanitären Krise in Griechenland geführt; zu einer Senkung der Staatsschulden, die durch die Bankenkrise entstanden sind, haben sie hingegen nicht beigetragen. Diese sind weiter gewachsen.

Mich haben trotz aller Kritik an diesem Programm folgende Gründe dazu bewogen, für die Verlängerung zu stimmen:
Die neue griechische Regierung, die zu diesem Zeitpunkt 30 Tage im Amt war, hat eine Reformagenda, die darauf setzt, endlich die richtigen Schritte zu gehen. Sie hat endlich begonnen, die faktische Steuerfreiheit von Teilen der griechischen Oberschicht zu beenden, und sie hat Schluss mit der Verelendungspolitik gegen große Teile der Bevölkerung gemacht.
Ein erzwungener Ausstieg aus den durch die Vorgängerregierungen eingeplanten Mittel aus den Kreditprogrammen hätte Griechenland in die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Dies wäre sowohl für Griechenland, als auch für Kreditgeber wie Deutschland katastrophal gewesen. Ein solcher Staatsbankrott hätte für Deutschland mit mindestens 84 Milliarden Euro zu Buche geschlagen.

Ihre beiden anderen Fragen möchte ich Ihnen mit einer Gegenfrage beantworten: Glauben Sie im Ernst, dass es einem Erwerbslosen, einer Arbeitnehmerin oder einem Soloselbständigen in Deutschland besser ginge, wenn man Griechenland noch weiter in den Abgrund stoßen würde? Glauben Sie, dass es einer Rentnerin besser ginge, wenn sich die deutsche Bundesregierung mit ihrer neoliberalen Austeritätspolitik europaweit durchsetzt? Ich glaube das nicht. Im Gegenteil: Auch in Deutschland wurden die Kosten der Finanzkrise auf die Steuerzahlerinnen abgewälzt. Diejenigen, die zuvor profitiert haben, wurden geschont. Wenn es in Europa zum ersten Mal eine Regierung gibt, die mit dieser Logik Schluss macht und den Anfangspunkt für ein solidarisches Europa setzt, sollte uns das freuen.

Freundliche Grüße
Katja Kipping