Frage an Kirsten Tackmann bezüglich Bildung und Erziehung

Portrait von Kirsten Tackmann
Kirsten Tackmann
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Kirsten Tackmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Katharina L. •

Frage an Kirsten Tackmann von Katharina L. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Frau Tackmann,

zur Schulpolitik: In Brandenburg im Allgemeinen und auch in der Prignitz im Speziellen werden immer mehr Schulen geschlossen, wegen mangelnder Schülerzahlen. Darunter leidet die Qualität des Unterrichts und die Betreuung der Schüler durch fähige Lehrkräfte, da auch an Personal eingespart wird. Daher betrachte ich auch die Bildung in unserem Landkreis als besonders wichtig, ich selbst bin Schülerin einer 13. Klasse an einem Gymnasium.

Im Wahlprogramm der PDS ist von einer "langfristigen Umverteilung finanzieller Mittel zugunsten der Vorschul- und Grundschulangebote" die Rede. Andererseits heißt es, dass eine "Gebührenfreiheit in Schule und Lehre" und eine "Gebührenfreiheit für Schulen und Hochschulen" angestrebt werde. Wie soll eine solche Umverteilung der Finanzen möglich sein, ohne, dass Gebühren für die Schüler anfallen, die weiterführende Schulen besuchen?

Mit freundlichen Grüßen
Katharina Lewald

Portrait von Kirsten Tackmann
Antwort von
DIE LINKE

Liebe Katharina Lewald,

vielen Dank für Ihre Mail und Ihr Interesse an der Bildungspolitik der Linkspartei.PDS. Entschuldigen Sie bitte die Verzögerung der Antwort, aber aus unerklärlichen Gründen war Ihre Anfrage bei der Kandidatin der Linkspartei im Nachbarwahlkreis, Diana Golze, gelandet und im Augenblick setzt auch der Zeitfond der KandidatInnen ein wenig Grenzen. Aber ich finde, dass gerade Anfragen junger Leute mit großem Respekt begegnet werden sollte. Dazu gehört auch eine zügige und ernsthafte Antwort.

Sie haben Recht wenn Sie die gegenwärtige Situation im schulischen Bereich in unserem Land und speziell in der Prignitz sehr kritisch sehen. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder die Bildungspolitik von SPD und CDU in Brandenburg kritisiert (Bildungspolitik ist ja zurzeit vor allem Ländersache, was zusätzliche Probleme schafft) und halten den Abbau schulischer Infrastruktur in solchen Dimensionen, wie das zur Zeit in Brandenburg passiert, für katastrophal.
Angesichts der dramatisch sinkenden Schülerzahlen in Brandenburg kann sicher nicht jede Schule erhalten werden. Doch wir sind der Meinung, dass eine Politik notwendig ist, die darauf orientiert, so viele Schulen wie möglich statt so viele wie nötig zu erhalten. Das scheint ein kleiner Unterschied zu sein - es ist aber ein wesentlich anderer Denkansatz. Die Landesregierung benutzt die sinkenden Schülerzahlen als Argument, um im Bildungsbereich zu kürzen, Stellen zu streichen und Schulen zu schließen. In gleichem Atemzug wird von einer Erhöhung der Qualität des Unterrichts gesprochen. In der Realität ist oft das Gegenteil der Fall. Leider droht die Qualität bei einer solchen Politik auf der Strecke zu bleiben. Dabei böte doch gerade die sinkende Zahl der Schülerinnen und Schüler eine Chance für Verbesserungen der Lernbedingungen an den Schulen.

Doch wer bei der Bildung spart, spart sich die Zukunft. Wir haben immer wieder gefordert:
- die Pflichtstundenzahl der Lehrerinnen und Lehrer zu senken
- die Klassenfrequenzen zu senken
- mehr Stunden für Förder- und Teilungsunterricht vorzusehen
- mehr Stunden für die Vertretungsreserve zu planen
- die Eröffnung von 7. Klassen überall mit 30 statt mit 40 Schülern zuzulassen

usw. Doch leider fanden unsere Vorschläge bei den Regierungsfraktionen der SPD und der CDU kein Gehör.
Wir sind der Meinung, dass mehr Geld für Bildung ausgegeben werden muss – sowohl im Land als auch im Bund. Dazu muss der Staat aus unserer Sicht einerseits wieder mehr Geld einnehmen (vor allem von denen, die auch mehr abgeben können) und andererseits muss Geld nach anderen Prioritäten ausgegeben werden - vielleicht wäre ein Eurofighter weniger für den Erhalt von Schulen ein angemessener Verzicht?

Bildung muss unserer Meinung nach gebührenfrei sein – langfristig von der Kita bis zur Hochschule. Denn Kinder brauchen eine faire Chance. Leider ist das in der Realität nicht so: In Deutschland hängt der Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler so stark wie in keinem anderen Land von ihrer sozialen Herkunft ab! Dieser Zusammenhang muss dringend entkoppelt werden. Soziale Unterschiede müssen durch die Schule und das gesamte Bildungssystem ausgeglichen werden und dürfen nicht noch durch eine frühzeitige Auslese, mangelnde Förderung oder durch hohe Kosten, die Eltern für eine gute Bildung ihrer Kinder ausgeben müssen, verstärkt und verschärft werden.

Darüber hinaus treten wir für eine Umverteilung der Mittel innerhalb des Bildungsbereichs ein. Damit meinen wir folgendes: In der Bundesrepublik und auch in Brandenburg wird dem Gymnasialbereich wesentlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet (und damit auch mehr Finanzen) als der Phase des Lernbeginns. Das muss gerade anders herum sein, denn entscheidende Grundlagen für spätere Lernleistungen werden nachweislich in der Vorschul- und Grundschulphase gelegt! Je besser die Bildung in der Kita und in den ersten Schuljahren ist, desto besser werden auch die Lernergebnisse in der weiterführenden Schule sein und desto mehr Schüler können mit besseren Voraussetzungen das Gymnasium besuchen, das Abitur machen und dann ein Studium aufnehmen. Insofern benachteiligt unser Vorschlag der Umverteilung nicht die weiterführenden Schulen, sondern er schafft bessere Voraussetzungen für alle.

Andere Länder, wie zum Beispiel in Skandinavien, zeigen, dass das nicht nur erfolgreich, sondern auch finanzierbar ist, wenn alle nach ihren Möglichkeiten an der Finanzierung der Gesellschaft beteiligt werden. Die Linkspartei.PDS hat verschiedene Vorschläge gemacht, wie das sozial, solidarisch und gerecht realisiert werden könnte. Es muss nach meiner Überzeugung ein gemeinsames Anliegen aller sein, der jungen Generation so viel Kompetenz wie nur möglich zu vermitteln - übrigens meinen wir damit ausdrücklich nicht nur Wissens- und Lernkompetenz, sondern auch soziale Kompetenz. Denn auch das zeigt PISA: langes gemeinsames (!) Lernen (mindestens bis zur 8. Klasse) ist deutlich erfolgreicher als frühzeitig in klug und weniger klug zu trennen und dabei (zu) viele zurückzulassen.

Am Ende ist es jedenfalls immer besser, wir investieren in Bildung als in Beton.

Für weitere Fragen stehe ich natürlich gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Kirsten Tackmann