Frage an Kirsten Tackmann bezüglich Gesundheit

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Kirsten Tackmann
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Frage von Claudia H. •

Frage an Kirsten Tackmann von Claudia H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Tackmann!
Ich wohne im näheren Umkreis des von Kronotex geplanten Baus einer EBS Anlage.
Es grasiert natürlich Angst, dass so ein Werk hier entsteht, denn wir haben schon jetzt mit einer Geruchs und auch Verkehrsbelästigung zu kämpfen, und mich würde mal Ihre Meinung zu diesem doch sehr brisanten Thema interessieren.

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DIE LINKE

Sehr geehrter Frau Holtz,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch.

Ich verstehe sehr gut, dass angesichts der sehr kritikwürdigen Informationspolitik der Unternehmen im Zusammenhang mit einem möglichen Bau eines EBS-Kraftwerkes große Unruhe in Heiligengrabe und Umgebung entstanden ist. Ich habe sowohl mit der Bürgerinitiative als auch mit dem Bürgermeister engen Kontakt und dabei immer gefordert, dass das Unternehmen mit offenen Karten spielen muss. Transparenz ist gerade bei so umstrittenen Bauvorhaben aus meiner Sicht die Voraussetzung für einen vernünftigen Dialog, wie auch die Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger bereits in einer sehr frühen Planungsphase in einer Demokratie selbstverständlich sein sollte. Leider sieht das die Mehrheit im Bundestag anders, denn gerade wurde über das so genannte Beschleunigungsgesetz die Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger abgebaut. Übrigens gegen die Stimmen der LINKEN.

Bei einem solchen Vorhaben sind viele Dinge abzuwägen, was nach meiner Überzeugung nur in einem fairen, offenen Dialog im Interesse der Region möglich ist.

Auf der einen Seite sehe ich das berechtigte Interesse der Krono-Gruppe, ihre Energiekosten zu reduzieren - vorausgesetzt sie sichern damit den Standort und Arbeitsplätze! Auch der Ersatz fossiler Brennstoffe ist neben der Reduzierung des Energieverbrauchs und Erhöhung der Energieeffizienz aus meiner Sicht eine der vordringlichsten Aufgaben der Energiewende. Und schließlich muss man ehrlich auch zugeben: der Müll, den wir tagtäglich produzieren, muss entsorgt werden. DIE LINKE fordert dabei den Vorrang stofflicher vor energetischer Müllverwertung sowie Verwertung vor Beseitigung und regionale Kreislaufwirtschaft.

Auf der anderes Seite darf das berechtigte unternehmens- und regionale Interesse an der Standort- und Arbeitsplatzssicherung auch nicht als Erpressungspotential genutzt werden, um die Vernachlässigung anderer gesellschaftlicher Interessen, zum Beispiel Gesundheit, Umweltschutz und Lebensqualität ungeprüft zu rechtfertigen. Zumal, wenn durch solche Entscheidungen möglicherweise andere Arbeitsplätze in Gefahr gebracht werden. Deshalb ist es aus meiner Sicht besonders wichtig, bei diesem Bauvorhaben Nutzen und Risiken für die Region (das Unternehmen wird natürlich teilweise andere Kriterien dafür heranziehen) sehr sorgfältig und objektiv zu prüfen, bevor eine Entscheidung fällt. Und da stellen sich mir immer noch mehr Fragen als Antworten. Um nur einige zu nennen: Thema Grenzwerte. Die gesetzlich festgelegten Grenzwerte liegen weit über denen, die technisch unterdessen bei der Abfallverwertung realisierbar sind. Hier ist eine Korrektur der gesetzlichen Vorgaben längst überfällig. Allerdings kosten die Verfahren mit niedrigen Emissionswerten auch mehr Geld. Wird sich das Bauvorhaben also an den niedrigstmöglichen Emissionswerten orientieren oder an den ökonomischsten - denn schließlich geht es ja dem potentiellen Antragsteller vor allem um Kostensenkung. Thema: regionale Verfügbarkeit des Rohstoffes (Aufarbeitungsstandort, Menge der heizwertreichen Fraktion). Hier gibt es glaubwürdige Signale, dass die geplante Kapazität des EBS-Kraftwerkes in Heiligengrabe weit über der verfügbaren Rohstoffmenge liegt. Aber niemand kann ernsthaft Mülltourismus in unsere Region organisieren wollen! Außerdem sind nach meinen Informationen unterdessen allein in Brandenburg so viele EBS-Kraftwerke in Planung, dass es nicht nur innerhalb unseres Bundeslandes, sondern europaweite Mülltransporte notwendig machen würde, sie auch zu betreiben.
Das kann aber aus meiner Sicht kein ökologisch sinnvolles, gesellschaftlich akzeptiertes Abfallverwertungskonzept sein. Thema: Gesundheitsgefahren. Hier gibt es zwar deutliche technologische Fortschritte im Vergleich zu früheren Müllverbrennungsverfahren, aber ein Risiko bleibt dennoch und muss dringend in die Abwägung einbezogen werden.

Am Ende bleibt für mich die Frage stehen, ob es überhaupt sinnvoll ist, einen solchen Antrag zu stellen. Diese Frage muss allerdings die Krono-Gruppe beantworten und ich fordere die Verantwortlichen auf, die Interessen der Region in diese Entscheidung einzubeziehen und intensiv nach Alternativen zu suchen, mit denen ihr Anliegen der Reduzierung der Energiekosten auch erreicht werden kann – zum Beispiel eine breitere Basis erneuerbarer Energiequellen für ihre Energieversorgung, ein so genannter Energiemix zum Beispiel aus Holz, anderer Biomasse, Solarenergie und Erdwärme.

Ökologische Kriterien der Beurteilung eines vielleicht dennoch gestellten Antrages wären für mich: der Nachweis der regionalen Rohstoffverfügbarkeit, Einsatz der besten verfügbaren Technik mit höchstmöglicher Unterschreitung der Emissions-Grenzwerte. Darüber hinaus erwarte ich spätestens im Rahmen des Zulassungsverfahrens vom Landesumweltamt und den Gesundheitsbehörden eine objektive Prüfung aller mit diesem Vorhaben verbundenen potentiellen ökologischen und gesundheitlichen Risiken. In Begleitung des Antragsverfahrens wäre für mich eine transparente Informationspolitik durch die Krono-Gruppe und die Stärkung der Bürgerbeteiligung an einem regionalen Dialog zur Diskussion des Antrags eine klare Forderung.

Im Grundsatz fordere ich, wenn der Antrag gestellt wird, vor allem die Umsetzung von § 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz: "Zweck des Gesetzes ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen".

Ich hoffe, dass ich damit Ihre Anfrage beantworten konnte, wünsche Ihnen
weiterhin alles Gute und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Tackmann, MdB