Frage an Konstantin von Notz bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Stefan D. •

Frage an Konstantin von Notz von Stefan D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. von Notz,

aktuell wird immer mehr NGOs, die sich für die Demokratie einsetzen, der Status der Gemeinnützigkeit entzogen. Somit sind Spenden an diese NGOs, die sich für die Belange der Bürger einsetzen, nicht mehr steuerlich absetzbar. Unternehmen können ihre Lobbyarbeit steuerlich geltend machen.
Was gedenken Sie persönlich gegen diese Aushöhlung der Bürgerrechte zu tun?

Vielen Dank und freundliche Grüße,
S. D.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr D.,

vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut.

Die von staatlichen Einflüssen unabhängige Selbstorganisation der Zivilgesellschaft ist eine der wesentlichen Säulen eines liberalen, pluralen und demokratischen Rechtsstaats. Dennoch sehen sich verschiedene Nichtregierungsorganisationen mit massiven Problemen konfrontiert und müssen auch weiterhin um ihre Unabhängigkeit und ihr Überleben kämpfen.

Auch innerhalb der EU haben sich rechtliche Beschränkungen, eine Politisierung der Vergabe öffentlicher Mittel, Einschüchterung durch Repressionen und entsprechende Kampagnen zugenommen. Vor diesem Hintergrund ist es für Deutschland und für die weitere Entwicklung der Wertegemeinschaft innerhalb der EU unerlässlich, jedem Versuch einer Einflussnahme durch Parteien, Bundes- oder Landesregierungen auf die Finanzierung oder die Betätigungsmöglichkeiten einzelner Organisationen eine deutliche Absage zu erteilen. Die Gewaltenteilung ist auch und gerade in diesem Zusammenhang strikt zu beachten und zu stärken, die Alleinzuständigkeit der Verwaltung für Einzelfallentscheidungen und der Gerichte für deren Überprüfung zu wahren.

Weder einzelne Parteien noch der Deutsche Bundestag sind dazu berufen, Einzelfallentscheidungen der Verwaltungen, Finanzämter oder Gerichte in Hinblick auf konkrete Organisationen zu fördern oder zu erzwingen. Die politische Billigung der Positionen oder Forderungen einer Organisation im Einzelfall durch Parteien oder Regierungen kann in einem Rechtsstaat niemals maßgeblich sein. Ebenso haben sich weder einzelne Parteien noch der Bundestag oder die Bundesregierung in die Tatsachenermittlung und -bewertung der Finanzämter einzumischen, etwa im Hinblick auf das Vorliegen oder die Zurechenbarkeit rechtswidrigen Verhaltens zu Organisationen.

Das Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland fördert zivilgesellschaftliche Organisationen durch den Status der Gemeinnützigkeit nach § 52 der Abgabenordnung (AO). Ziel von Gesetzgebung und Politik muss es sein, die erforderliche Rechtssicherheit und Gleichbehandlung verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteure sicherzustellen. So stärken wir die Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, sich für das Gemeinwohl zu engagieren und die Vielfalt der zivilgesellschaftlichen Organisationen, von der lokalen Initiative bis zum bundesweiten Verband. So senden wir auch ein klares Signal an unsere europäischen Partner, dass Demokratien unabhängige NRO nicht zu fürchten brauchen, sondern stärken müssen.

Die Regelungen über die förderfähigen Zwecke in § 52 AO sind zu modernisieren, so dass zivilgesellschaftliche Themen wie der Einsatz für Frieden, Menschenrechte oder die Rechte von Homo-, Bi-, Trans- und Intersexuellen, der Umwelt-, Natur-, Tier- und Klimaschutz sowie der Einsatz für eine gleichberechtigte Teilhabe an der digitalen Gesellschaft durch „Freifunk“-Initiativen und für die Förderung von JournalistInnen und Medienvielfalt bundesweit einheitlich als gemeinnützig gewertet werden können. Im Gesetz ist entsprechend der Rechtsprechung der Finanzgerichte klarzustellen, dass politische Äußerungen von Vertreterinnen und Vertretern gemeinnütziger Organisationen im Rahmen des satzungsgemäßen gemeinnützigen Zwecks die Gemeinnützigkeit nicht hindern. Um die Transparenz gemeinnütziger Organisationen und ihre Vergleichbarkeit zu erhöhen, sollen einheitliche Publizitäts- und Transparenzpflichten geschaffen werden.

Zu alledem haben wir die Bundesregierung in einer parlamentarischen Initiative, die wir im Januar 2019 in den Deutschen Bundestag eingebracht haben, aufgefordert.

Hinweisen möchte ich Sie an dieser Stelle außerdem noch auf einen Gastbeitrag meiner in der grünen Fraktion federführend zuständigen Abgeordneten Manuela Rottmann, der im vergangenen Sommer im Tagesspiegel veröffentlicht wurde. Den Beitrag finden Sie hier: https://www.tagesspiegel.de/politik/die-frage-nach-der-gemeinnuetzigkeit-vereine-und-wirtschaftsverbaende-nicht-unterschiedlich-behandeln/24862590.html

Wir freuen uns, Sie in dieser Angelegenheit an unserer Seite zu wissen.

Mit besten Grüßen nach München!
Konstantin v. Notz

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