Frage an Kordula Schulz-Asche bezüglich Menschenrechte

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Kordula Schulz-Asche
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Gerald B. •

Frage an Kordula Schulz-Asche von Gerald B. bezüglich Menschenrechte

Sehr geehrte Frau Schulz-Asche,
wie gedenken Sie die Förderung der für den ökologischen Wandel (u.A. der Mobilität) erforderlichen Ressourcen, insbesondere Kupfer, umweltfreundlich und im Einklang mit unseren ethischen Grundsätzen (Kinderarbeit erc.) sicherzustellen?
Mit freundlichen Grüßen,
Gerald Buschner

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihr Schreiben zu einem Thema, dass ein Grünes Kernanliegen ist: Wie können wir den ökologischen Wandel nachhaltig gestalten und dabei sowohl die endlichen Ressourcen der Erde schonen als auch Menschenrechte schützen? Hierzu sind viele Maßnahmen auf unterschiedlichsten Ebenen notwendig. Lassen Sie mich auf die wichtigsten Vorhaben eingehen:

Das Thema Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle beim Umbau unserer Mobilität, aber auch in der gesamten Wirtschaft. Wir leben in Deutschland schon lange rein rechnerisch über den uns zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen und betreiben so Raubbau an der Natur, hier und in anderen Ländern. Wir müssen daher alles daran setzen, Ressourcen verantwortungsvoll zu nutzen. Hier brauchen wir klare gesetzliche Leitplanken für nachhaltigen Konsum, sowie Regelungen und messbare Ziele im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Wir Grüne setzen uns für eine sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft ein und haben wichtige Punkte hierfür auch in den Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung eingebracht. Um den Ressourcenverbrauch zu senken wollen wir Stoffkreisläufe schließen und das ökonomische und ökologische Potential des Recyclings umfassend nutzen. Hierfür wollen wir einen verbindlichen Rechtsrahmen schaffen, um Abfall wirksam zu vermeiden und ökologisches Produktdesign zum Standard zu machen. Das ist auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll, um unabhängiger von großen Rohstoffexporteuren zu werden.

Aber nicht nur innerhalb Deutschlands müssen wir uns dafür einsetzen die Wertschöpfungsketten nachhaltiger zu gestalten, sondern auch auf globaler Ebene. Denn überall auf der Welt kommt es in den Lieferketten zu teils massiven Menschenrechts- und Umwelt-verletzungen. Vor allem auf Plantagen, in Minen und in Textilfabriken werden Mensch und Umwelt viel zu häufig ausgebeutet. Dabei ist das Bewusstsein in der Bevölkerung da, hier gegenzusteuern, wie Sie mit Ihrem Schreiben zeigen. Rund 70% der Menschen in Deutschland wünschen sich eine gesetzliche Regelung, damit ihr Konsum nicht zur Ausbeutung beiträgt und nachhaltiger Konsum möglich ist. Auch fordern immer mehr Unternehmen klare Verhältnisse. Die bislang geltenden freiwilligen Anforderungen der vergangenen Bundesregierung zur unternehmerischen Sorgfaltspflichten erfüllten nur wenige Unternehmen (rund 15%). Wir Grüne im Bundestag treten für verbindliche menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang weltweiter Wertschöpfungsketten für Unternehmen ein. Verletzen Unternehmen Menschenrechte, müssen sie auch in Europa und Deutschland dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

Mit dem Lieferkettengesetz („Gesetz über die unternehmerische Sorgfalt in Lieferketten") von der Großen Koalition 2021 werden Unternehmen seit 2023 erstmals zu Risikoanalyse für Menschenrechte und Umwelt verpflichtet. Wenn Unternehmen Pflicht-verletzungen in diesen Bereichen in ihren Lieferketten, also bei ihren Zulieferen, feststellen, muss Abhilfe geschaffen, öffentlich berichtet und zudem ein Beschwerdemechanismus eingerichtet werden.

Wir Grüne als auch die Zivilgesellschaft hatten für solch ein Gesetz jahrelang gekämpft und deshalb in der vergangenen Legislaturperiode dem Gesetz zugestimmt. Wir sehen das Lieferkettengesetz jedoch nur als ersten Schritt. Denn es ist unserer Meinung nach an vielen Stellen unzulänglich, um tatsächlich Menschenrechte umfassend und auf allen Produktionsstufen zu schützen. So gilt das Gesetz nur für die erste Zulieferstufe und nur in Ausnahmefällen für „mittelbare Zulieferer“. Hier muss ein Unternehmen erst eine Risikoanalyse durchführen, wenn es direkt Kenntnis von einem Verstoß eines mittelbaren Zulieferers verlangt. Das Gesetz hat somit keine präventive Wirkung.                                                                                                                           

Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden, die in Produktionsstätten wie Minen, Textilfabriken und auf den Plantagen in Form von Kinder- und Zwangsarbeit oder giftigen Pestizideinsätzen und damit am Anfang der Lieferkette geschehen, werden durch das Gesetz weiterhin nicht adressiert. Darüber hinaus ist es auch weiterhin für Betroffene schwer, ihre Rechte im Schadensfall einzuklagen. Das Gesetz, dass ab Januar 2023 Anwendung findet, gilt zudem nur für Unternehmen mit 3.000 Unternehmen und ab 2024 mit mehr als 1000 Mitarbeitenden. Somit bleiben mittelständische Unternehmen außen Vor, obwohl mittlere Unternehmen durch ihre häufig kürzeren Lieferketten gute Voraussetzungen mitbringen um ihre Geschäftsbeziehungen nachhaltig auszubauen und sie von zuverlässigeren Lieferbeziehungen profitieren können. Auch beim Umweltschutz hatten wir Grüne konkrete Änderungen gefordert.

Auf europäischer Ebene wurde nun von der Europäischen Kommission eine EU-weite „Lieferkettenrichtlinie“ vorgelegt, die vom Europäischen Rat beschlossen und im Juni 2023 vom Europäischen Parlament angenommen wurde. Wir begrüßen diese Entscheidung, denn damit ist ein wichtiger Schritt hin zu einer europäischen Regelung für eine Verbesserung der Menschenrechtslage und für menschenwürdige Arbeit entlang der weltweiten Lieferketten geschafft. Davon profitieren die Unternehmen, die schon heute in ihren Lieferketten auf Menschenrechte, Umweltstandards und gute Arbeitsbedingungen achten. Die Lieferkettenrichtlinie geht zudem über deutsches Gesetz hinaus und kommt den grünen Positionen zum deutschen Lieferkettengesetz sehr entgegen.

Besonders gut ist, dass auch Unternehmen mit Sitz im Ausland einbezogen werden, dass bestimmte Unternehmen einen Klimaplan aufstellen müssen, dass bei zu berücksichtigenden Umweltabkommen mehr gelistet sind als im deutschen Gesetz und die gesamte Wertschöpfungskette - nicht nur der Herstellungsweg, sondern auch die Frage "Was passiert mit dem Produkt?" angegangen wird - um nur einige Punkte zu nennen.

Auch wenn aus unserer Sicht die Richtlinie an vielen Stellen noch weitergehen könnte, zum Beispiel was die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen angeht, ist sie sehr zu unterstützen. Deutschland hat sich auf EU-Ebene für viele Punkte stark gemacht, die auch der Ressortabsprache mit unseren grünen Ministerien entsprechen, und dadurch einen wichtigen Beitrag zur Einigung des EU-Rates am 1.12. geleistet. Es ist jetzt wichtig, dass die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten zügig abgeschlossen werden, denn eine gemeinsame europäische Lösung sorgt für gleiche Wettbewerbsregeln in der EU.

Seien Sie versichert, wir Grüne werden uns auch weiterhin auf allen Ebenen für eine menschenwürdige Arbeit entlang globaler Wertschöpfungsketten und einen umweltschonenden Umgang mit unseren Ressourcen einsetzen, um den ökologischen Wandel nachhaltig zu ermöglichen.

Mit freundlichen Grüßen

Kordula Schulz-Asche

 

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