Frage an Kristian Ronneburg bezüglich Verkehr

Kristian Ronneburg
Kristian Ronneburg
DIE LINKE
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Frage von Mario B. •

Frage an Kristian Ronneburg von Mario B. bezüglich Verkehr

Wie sieht der Plan aus eine rasche(mit dem 1,5° Ziel vereinbare) Verkehrswende in Berlin zu erzielen?

Warum werden auf dem weg dort hin Projekte wie die Lastenradförderung sabotiert wie gestern?

Stimmen aussagen der Koapartner das Zitate wie: "Das kaufen ja nur grüne Besserverdiener" gefallen sind?
https://twitter.com/GYGeorg/status/1369712266208219138?s=20

Kristian Ronneburg
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr B.,

weder wurde die Lastenradförderung von uns sabotiert noch sind die zitierten Bemerkungen in den Haushaltsverhandlungen gefallen. Hierbei handelt es sich um Falschmeldungen. Die Förderung der Anschaffung von Lastenrädern zur Verringerung des motorisierten Liefer- und Einkaufverkehrs unterstützen wir ausdrücklich.

Fakt ist: Es gab 2018 eine beginnende Lastenradförderung unter dem Titel "Förderung des Wirtschaftsverkehrs" zur "Förderung zur Beschaffung von gewerblich genutzten (elektrisch unterstützten) Lastenrädern sowie von Lastenrädern, die von Privaten zu einer geteilten Nutzung angeschafft werden." Auch damals war die geteilte Nutzung Voraussetzung der Förderung. Der damalige Staatssekretär Jens-Holger Kirchner betonte entsprechend, es solle "nicht die private Einzelfamilie eine Förderung erhalten, vielmehr müsse nachgewiesen werden, dass das Lastenrad gemeinsam genutzt werden solle" (Protokoll des Hauptausschusses vom 20.Juni 2018). Das Föderprogramm reichte für die große Anzahl an Förderanträgen nicht aus. Für 2019 hatte die Koalition einen steigenden Betrag für die Förderung der Anschaffung von Lastenrädern zur Verfügung gestellt. Der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr  und Klimaschutz gelang es jedoch nicht, das Förderprogramm in 2019 fortzuführen. Im Doppelhaushalt 2020/2021 wurden ebenfalls wieder steigende Mittel im Titel "Förderung des Wirtschaftsverkehrs" für die Lastenradförderung zur Verfügung gestellt. Auch hier war im Entwurf der Senatsverwaltung die Förderung von Einzelpersonen ausdrücklich nicht vorgesehen - dies hätte auch unter einem anderen Titel angemeldet werden müssen - sondern nur bei geteilter Nutzung. Im verabschiedeten Haushalt erfolgte an dieser Stelle eine Präzisierung zu "nachweislich gemeinschaftlicher Nutzung", was die Förderung privater Anschaffungen nicht ausschließt, jedoch im Sinne der Titeleinordnung und Zweckbestimmung (Förderung des Wirtschaftsverkehrs), der Effektivität der Fördermittel, der Nutzung der geförderten Räder und damit des größtmöglichen Nutzens für Klimaschutz und Verkehrswende eine gemeinschaftliche Nutzung voraussetzt. Leider gelang es der Senatsverwaltung nach 2019 auch 2020 nicht, dies umzusetzen, was unterschiedliche Gründe hat, womit aber über 1 Millionen Euro für die Lastenradförderung verloren gegangen sind.

Die Frage nach dem Plan zur Erreichung der Pariser Klimaziele, also der Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5°, im Verkehrsbereich ist sehr allgemein gestellt, so dass die Beantwortung in diesem Rahmen nur angerissen werden kann. Zur Erreichung der Ziele brauchen wir ein großes Set an Maßnahmen mit jeweils unterschiedlichen Zielstellungen:
Um die Mobilitätszwänge zu verringern, brauchen wir mehr wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätze.
Für eine Verkehrswende, also der Verlagerung vom motorisierten Verkehr zum Umweltverbund, müssen ÖPNV, Rad- und Fußverkehr massiv gefördert und der Wirtschaftsverkehr beispielsweise durch anbieterneutrale Depots zur Verteilung auf der letzten Meile oder die Nutzung von vorhandenen Schienenwegen in der Stadt umstrukturiert werden. Wichtige Schritte zur Förderung des Umweltverbundes ist die Koalition unter anderem mit der Verabschiedung der verschiedenen Teile de Mobilitätsgesetzes bereits gegangen, die konsequente Umsetzung muss nun folgen. Insbesondere der öffentliche Nahverkehr stellt das Rückgrat für die Gewährleistung von Mobilität ohne PKW in der Stadt dar. Vor allem mit ÖPNV können viele Menschen über längere Entfernungen befördert werden. Hier liegt das größte Potential zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs. Unser Ziel ist, dass niemand weiter als 400 Meter von einer ÖPNV-Station mit attraktiver Taktung entfernt wohnt. Vor allem die Außenbezirke müssen dafür besser an das ÖPNV-Netz angeschlossen werden. Priorität müssen dabei der Ausbau der Straßenbahn sowie der S- und Regionalbahn für die Pendlerverkehre verbunden mit Multimodalität beispielsweise von B&R-Anlagen haben. Bei der U-Bahn soll vorrangig in den Erhalt und die technische Modernisierung bspw. der Signal- und Sicherungstechnik des U-Bahn-Bestandsnetzes investiert werden, auch damit engere Taktungen gefahren werden können. Jetzt die Planung neuer U-Bahnen voranzutreiben ignoriert die enormen CO2-Emissionen beim U-Bahn-Bau und vertagt die Verkehrswende in die ferne Zukunft. Straßenbahnen sind schneller zu realisieren, haben beim Bau einen geringeren CO2-Ausstoß und kosten einen Bruchteil. Begleitet werden soll der Ausbau des ÖPNV von Maßnahmen wie der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung und eine Reduzierung des Autoverkehrs in Wohngebieten, beispiesweise durch Verkehrsberuhigung, Kiezblocks oder Fußgängerzonen. Unser Ziel ist die deutliche Reduzierung des Anteils des motorisierten Individualverkehrs am Modal Split sowie die Schaffung von Bedinungen für klimagerechten Wirtschaftsverkehr.

Damit der dann noch verbleibende Auto- und Lieferverkehr in der Perspektive klimafreundlicher fährt, muss eine Umstellung des Antriebs weg von fossilen Energieträgern erfolgen. Die entsprechende Verfügbarkeit von ausreichend Strom aus Erneuerbaren Energien vorausgesetzt stellt der Elktroantrieb die energieeffizienteste und klimaschonendste Antriebsvariante für diesen Restverkehr dar. Dafür muss bereits heute der Druck auf die Automobilindustrie erhöht werden, damit diese sich entsprechend umstellt und alle verbleibenden PKW mit alternativen Antrieben fahren. Wir fordern daher ein Neuzulassungsverbot für Verbrennerautos allerspätestens ab 2030.

Die Entwicklung von Maßnahmen im Verkehrsbereich zur Erreichung des Pariser Klimaziels ist jedoch kein abgeschlossener Prozess. Beispielsweise hat die Koalition eine Machbarkeitstudie zur Erreichung des 1,5°-Ziels in Auftrag gegeben, von der wir weitere Anregungen erhoffen.

Mit freundlichen Grüßen

Kristian Ronneburg

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