Frage an Lars Klingbeil bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Lars Klingbeil
SPD
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Frage von Katrin P. •

Frage an Lars Klingbeil von Katrin P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Herr Klingbeil,

ich beschäftige mich derzeit viel mit der deutschen Internetpolitik und habe diesbezüglich auch eine Frage an Sie:

Glauben Sie das die derzeitige Internetpolitik unsere Demokratie gefährden kann oder kann sie sie sogar stärken?
Sehen sie irgendwelche Parallelen zu anderen Ländern?

Unter Internetpolitik fallen für mich Themen wie die Vorratsdatenspeicherung oder Zensursula, aber auch die Demokratie 2.0 (politische Aufklärung durch das Internet).

Ihre Meinung und Einschätzung zu diesem Thema würde mich wirklich interessieren und auch wie sie die Entwicklung zukünftig sehen (Bitte nennen sie Beispiele/ Bezüge wenn möglich).

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Katrin Pakizer

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Sehr geehrte Frau Pakizer,

vielen Dank für Ihre Frage zur Netzpolitik des Deutschen Bundestags.

Leider hat sich die Politik in den vergangenen Monaten zu sehr auf die Risiken im Internet konzentriert. Mit der Enquete Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ möchten wir in Zukunft auch und gerade die Chancen des Internets in den Mittelpunkt rücken. Gesetze wie die Netzsperren oder die Vorratsdatenspeicherung werden zu recht von vielen Menschen mit Sorge gesehen. Auch die SPD hat hier Fehler gemacht.

Ich bin allerdings davon überzeugt: Netzpolitik kann Demokratie stärken: Junge Menschen vernetzen sich, tauschen Informationen und Meinungen aus und werden so auch im Internet, bei Facebook, MeinVZ oder anderen Plattformen politisch aktiv. Das gilt auch weltweit: Nach den Präsidentschaftswahlen im Iran wurde der Großteil des anschließenden Protests über das Internet organisiert.

Auch in Deutschland bilden sich solche Gruppen. Nachdem bekannt wurde, dass Netzsperren eingeführt werden sollten gab es die größte Petition in der Geschichte der Bundesrepublik. Über 130.000 Menschen unterschrieben online gegen Netzsperren.

Als vor einigen Wochen bekannt gegeben wurde, dass Joachim Gauck Bundespräsidentschaftskandidat wird, bildeten sich zahlreiche Unterstützer-Gruppen. In diesen Gruppen wurden Aktionen und Diskussionen gestartet. Viele junge Menschen haben sich über diese Gruppen im Internet an der aktuellen Diskussion in der Politik beteiligt und sind aktiv geworden.

Dieses Potenzial müssen wir nutzen, denn dadurch können wir unsere Demokratie erneuern und moderner gestalten.

Auch der Staat und seine Institutionen können durch das Internet Vertrauen zurück gewinnen und somit die Demokratie stärken. In den USA hat sich eine umfassende Open-Data-Bewegung gegründet. Dabei werden so viele staatliche Daten wie möglich unter offenen Standards zur Verfügung gestellt. So wächst das Vertrauen in den Staat. Wirtschaft wie Gesellschaft hat einen Mehrwert davon.

Auch in Finnland wurde erst kürzlich ein Gesetz umgesetzt, das beschließt, dass jeder Bürger Finnlands ein Recht auf einen Breitbandzugang hat. Finnland hat erkannt, dass das Internet nicht mehr ausschließlich zur Unterhaltung dient, sondern ein wesentlicher Beitrag zur Informationsgesellschaft ist.

Ähnliche Ansätze gibt es in der Schweiz und Australien.

Deutschland ist bei der PC-Nutzung in Schulen europaweites Schlusslicht. Auch das muss uns zu denken geben.

Es ist die Aufgabe der Enquete Kommission und der Politik insgesamt, in Deutschland sich ernsthaft mit Netzpolitischen Fragestellungen auseinander zu setzen. Wir leben längst in einer digitalen Gesellschaft. Die Politik muss endlich mit dieser Entwicklung Schritt halten. Nur dann werden wir von den Chancen des Internets profitieren.

Mit freundlichen Grüßen

Lars Klingbeil, MdB

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