Frage an Lars Lindemann bezüglich Soziale Sicherung

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Lars Lindemann
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Frage von Günter R. •

Frage an Lars Lindemann von Günter R. bezüglich Soziale Sicherung

Zur Forderung des Herrn Brüderle die Renten zu kürzen:
1.Wann verzichtet Er auf einen Teil der Pensionsansprüche?
2.Wo ist Herrn Westerwelles Sparbuch abgeblieb en, dass er mit erhobenen Armen geschwungen hatte?
3.Warum sorgen Sie nicht für anständige Löhne (Mindestlöhne)?? und warum knicken Sie immer wieder vor der Pharmaindustrie und Ärzteschaft ein? packen Sie es endlich mal an!!!!?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Reick,

vielen Dank für die Zusendung ihrer Fragen, die ich hiermit beantworten möchte.

zu Frage 1)
Bitte wenden Sie sich dazu an das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.

zu Frage 2)
Bereits zum 1. Januar 2010, mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, wurden die Steuern für Unternehmen, Familie und Erben gesenkt. Im Haushalt 2010 haben wir 90 Vorschläge aus dem Liberalen Sparbuch umgesetzt und somit ca.5,6 Milliarden eingespart, obwohl in den letzten 11 Jahren 300 Milliarden Schulden aufgenommen wurden. Im weiteren Haushalt wird es noch mehr Einsparungen geben. Ob es dies ohne die FDP gegeben hätte ist fragwürdig. Damit ist eine liberale Handschrift ganz eindeutig zu erkennen.

zu Frage 3)
Die FDP-Bundestagsfraktion steht für einen Kurswechsel in der Mindestlohnpolitik. Wir sehen in Eingriffen des Staates in die Lohnfindung ein erhebliches Problem. Die Mindestlohnpolitik der letzten Jahre hat deutlich gemacht, dass oftmals nicht das Interesse der Arbeitnehmer an einem ausreichenden Einkommen im Vordergrund steht, sondern dass es allzu oft um die Sicherung von Wettbewerbsvorteilen geht. Beispielhaft hierfür steht der Postmindestlohn, welcher zum Verlust von mehr als 7.000 Arbeitsplätzen bei den Konkurrenten der Deutschen Post geführt hat.

Die große Koalition hat eine Reihe von neuen Branchen in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen, um unter vereinfachten Verfahrensbedingungen allgemeinverbindliche Mindestlöhne in diesen Branchen durchzusetzen. Die FDP-Bundestagsfraktion hat dies entschieden abgelehnt.

Wir brauchen jetzt eine Kehrtwende in der Frage der Behandlung dieses Themas. Die Voraussetzungen dafür haben wir geschaffen, indem wir uns mit unserem Koalitionspartner darauf verständigt haben, die Tarifautonomie zu stärken und die Entscheidung für die Festsetzung von Löhnen wieder mehr in die Verantwortung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu geben. Dazu stärken wir den Tarifausschuss. Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn schränkt die Tarifautonomie erheblich ein und hindert den Aufbau von Beschäftigung. Deshalb lehnt ihn die christlich-liberale Regierung ab.

Für die Branchen, die bereits in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommenen worden sind, gilt das in der Koalition vereinbarte Verfahren mit strengen Vorgaben für Mindestlöhne, welches sich bereits bewährt hat. Danach braucht ein Branchenmindestlohn die einstimmige Mehrheit des Tarifausschusses. Zudem bedarf jede Entscheidung der einvernehmlichen Regelung im Bundeskabinett. Dieses Verfahren hat dazu geführt, dass in der Abfallwirtschaft, in der Gebäudereinigung und im Dachdeckergewerbe Mindestlohnverordnungen erlassen werden, im Falle der Sicherheitsdienstleistungen und der Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen mangels ausreichender Mehrheit im Tarifausschuss hingegen nicht. Eine Erneuerung des Postmindestlohns würde absehbar an dem angekündigten Veto der Arbeitgeber im Tarifausschuss scheitern.

Eine Aufnahme weiterer Branchen in das Arbeitnehmerentsendegesetz bedarf der Zustimmung der FDP-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag. Hierfür sehen wir derzeit keinen Bedarf.

Besonders das in der letzten Legislaturperiode überarbeitete Mindestarbeitsbedingungengesetz, wonach Mindestlöhnen in Branchen mit einer Tarifbindung von unter 50 % durch den Staat festgelegt werden, hält die FDP-Bundestagsfraktion für einen unzulässigen staatlichen Eingriff in die Lohnfindung. Der Gefahr sozialer Verwerfungen in einzelnen Branchen wollen wir mit dem Verbot sittenwidriger Löhne, wie es die Rechtsprechung entwickelt hat, begegnen.

Im Übrigen haben sich die Koalitionspartner darauf verständigen können, die bestehenden Mindestlohnregelungen bis zum Oktober 2011 zu evaluieren. Das Ergebnis dieser Evaluierung soll als Grundlage für die Entscheidung dienen, ob die geltenden Mindestlohnregelungen Bestand haben oder aufgehoben werden sollten.

Zur Frage der Pharmazie/Ärzteschaft
Am 9. Juli wurde das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) in der 1. Lesung im Deutschen Bundestag beraten. Mit diesem Gesetzentwurf wird ein Kurswechsel in der Arzneimittelpolitik im Vergleich zu den Vorgängerregierungen vollzogen: Die schwarz-gelbe Koalition setzt nicht mehr allein auf kurzzeitig wirksame Maßnahmen zur Kostendämpfung, sondern stellt wettbewerbliche Elemente und strukturelle Maßnahmen in den Mittelpunkt.

Für innovative Arzneimittel, die in einer neu einzuführenden Schnellbewertung einen Zusatznutzen aufgewiesen haben, sind Verhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Hersteller über den Erstattungsbetrag zu führen. Für die Darlegung des Zusatznutzens und die Verhandlungen ist ein Zeitraum von einem Jahr vorgesehen. Bei Nichteinigung entscheidet eine zentrale Schiedsstelle mit Wirkung ab dem 13. Monat nach Markteinführung. Arzneimittel ohne Zusatznutzen, die festbetragsfähig sind, werden schneller als bisher in das Festbetragssystem überführt. Für Arzneimittel ohne Zusatznutzen, die nicht festbetragsfähig sind, soll ein Erstattungsbetrag vereinbart werden, der nicht zu höheren Jahrestherapiekosten als die Vergleichstherapie führt.

Abweichend von dem zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem pharmazeutischen Unternehmen geschlossenen Vertrag bzw. von der Entscheidung der Schiedsstelle oder einem festgesetzten Höchstbetrag, können Krankenkassen einzeln oder im Verbund vertragliche Vereinbarungen mit dem pharmazeutischen Unternehmen treffen, z. B. Mehrwert- und Versorgungsverträge oder eine Beteiligung an Verträgen der integrierten Versorgung.

Darüber hinaus wird der Arzneimittelmarkt dereguliert. Die Bonus-Malus-Regelung und das Zweitmeinungsverfahren werden aufgehoben. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung wird verschlankt, Therapiehinweise und Verordnungsausschlüsse klarer geregelt. Die Rabattverträge für patentfreie und wirkstoffgleiche Arzneimittel werden wettbewerblicher und patientenfreundlicher gestaltet: Die Patienten haben künftig über eine so genannte Mehrkostenregelung die Möglichkeit, ein anderes als das Rabattarzneimittel ihrer Krankenkasse auszuwählen.

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition sorgt mit dem Gesetzentwurf dafür, dass die Patienten weiterhin Zugang zu den innovativen Arzneimitteln haben und die Arzneimittel für die Menschen gleichzeitig bezahlbar bleiben. Hier haben wir meines Erachtens eine gute Balance gefunden. Mit dem AMNOG schaffen wir hier darüber hinaus einen stabilen und wettbewerblichen Rahmen für den Arzneimittelmarkt.

Angesichts der finanziellen Lage der gesetzlichen Krankenversicherung und vor dem Hintergrund, dass die von uns im AMNOG vorgesehenen strukturellen Maßnahmen sicherlich erst mittelfristig greifen können, war es erforderlich, auch Maßnahmen für kurzfristig wirksame Einsparungen zu treffen. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass es uns als liberale Fraktion nicht leicht gefallen ist, hierbei auf Maßnahmen wie einen erhöhten Herstellerrabatt oder das Preismoratorium zurückzugreifen. Beide Maßnahmen sind bereits im GKV-Änderungsgesetz (GKV-ÄG) enthalten, das zum 1. August dieses Jahres in Kraft treten wird. Bei Vorliegen besonderer Gründe, etwa wenn ein pharmazeutisches Unternehmen durch die dargestellten Maßnahmen in seiner finanziellen Leistungsfähigkeit bedroht sein sollte, besteht die Möglichkeit, über einen Antrag beim Bundesministerium für Gesundheit eine Ausnahme von diesen Maßnahmen zu beantragen. Für Orphandrugs besteht diese Möglichkeit produktbezogen, wenn die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung des Arzneimittels nicht mehr gedeckt werden können.

Nach der parlamentarischen Sommerpause werden wir die Beratungen zum AMNOG fortführen. Das Gesetz soll zum 01.01.2012 in Kraft treten.

Ich hoffe, ich konnte die Frage zu ihrer Zufriedenheit beantworten und wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute.

Mit besten Grüßen

Lars Lindemann