Frage an Leni Breymaier bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Leni Breymaier MdB, Fotograf: Fionn Große
Leni Breymaier
SPD
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Frage von Insa J. •

Frage an Leni Breymaier von Insa J. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Am 04.03.20 haben sie gegen die Aufnahme von 5000 besonders schutzbedürftiger Geflüchteter aus den griechischen Lagern gestimmt, - wieso? Schon damals waren viele Kommunen und Städte bereit, Geflüchtete aufzunehmen und dennoch verhinderten sie dies mit Ihrer Stimme. Erklären Sie mir das bitte. Die Bereitschaft zu Menschlichkeit und Solidarität mit den Menschen auf Lesbos hält in vielen Regionen der BRD an und wird öffentlich kund getan. Die Situation auf Lesbos ist nicht mehr tragbar und schon längst nicht mehr zu verantworten. Was werden Sie tun, um Geflüchtete aufzunehmen und den Menschen auf Lesbos zu helfen?
Danke für Ihre Antwort, Insa Jebens

Leni Breymaier MdB, Fotograf: Fionn Große
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Jebens,

vielen Dank für Ihre Frage.

Auch wir, die SPD-Fraktion, haben fassungslos die Pressekonferenz des Bundesinnenministers verfolgt, der auf eine humanitäre Katastrophe, die rund 13.000 Menschen betrifft, mit einem deutschen Beitrag in Höhe von 150 Personen antwortet. Die Zahl 150 hat bei mir vor allem ein starkes Gefühl ausgelöst: Scham.

Es ist gut, dass sich die Union auf Druck der SPD endlich bewegt hatte. Meiner Meinung nach, war zum Beispiel der Antrag der Grünen „Besonders Schutzbedürftige aus dem Mittelmeerraum aufnehmen und kommunale Aufnahme ermöglichen“ Anfang März 2020, ein Schaufensterantrag. Auch mit Stimmen der SPD hätte dieser keine Mehrheit gegen die Stimmen von Union, FDP und AfD im Bundestag bekommen. Insbesondere innerhalb der SPD, wie bspw. in der AG Migration und Integration, wurde und wird auf allen Ebenen an Lösungen gearbeitet. Im März beim Koalitionsausschuss gab es dazu erste Lösungsansätze. Grundsätzlich ist es mir lieber, einer niedrigeren vierstelligen Zahl Kindern helfen zu können, als 5.000 optional im Schaufenster zu haben.

Die Zustände im ehemaligen Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos sind seit langem unerträglich. Rund 13.000 Menschen hatten bei den verheerenden Bränden von Moria auch noch ihr letztes Dach über dem Kopf verloren. Die Geschehnisse sind der vorläufige Tiefpunkt einer unwürdigen Entwicklung, die Europa beschämen muss. Ein konsequentes Handeln ist gefordert! Es gilt, in enger Kooperation mit der Regierung Griechenlands, schnelle humanitäre Hilfe zu leisten, um diese Tragödie vor Ort zu entschärfen. THW und DRK sind vor Ort. Auch die Europäische Union muss zeigen, dass wir die griechischen Kommunen und die Bevölkerung vor Ort mit den steigenden Infrastrukturbedarfen und wirtschaftlichen Auswirkungen nicht alleine lassen.

Allein 400 unbegleitete Kinder auf mehrere EU-Staaten zu verteilen und davon 150 nach Deutschland zu bringen, war völlig ungenügend. Das konnte nur ein erster, winziger Schritt sein. Deutschland nimmt insgesamt ca. 2750 Personen aus Griechenland auf - 981 mit den Zusagen seit März, 150 unbegleitete Minderjährige plus 1553, hauptsächlich Kinder und ihre Familien. In der europäischen Koalition der Menschlichkeit beteiligen sich elf EU-Länder plus Norwegen und Serbien an der Aufnahme von Geflüchteten. In diesem Rahmen sind bislang 758 Geflüchtete aus Griechenland überstellt worden, 574 nach Deutschland, 184 in sechs weitere Länder. Weitere EU-Mitgliedsländer leisten über das EU-Katastrophenschutzverfahren Sachleistungen vor Ort.

Wir sehen unsere europäischen Partner weiter mit uns in der Verantwortung und lassen nicht nach, bis wir menschenwürdige Bedingungen erreicht haben, die mit europäischem Recht und unseren Werten vereinbar sind. Dazu braucht es eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, wie wir sie in unserem Fraktionsbeschluss entwickelt haben. Deutschland leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der griechischen Inseln. Das ist aber nur eine Momentaufnahme. Umso wichtiger ist es, dass wir weiterhin darauf hinarbeiten, endlich eine umfassende Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu erreichen. Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir dazu vor der Sommerpause einen klaren Beschluss mit konkreten Umsetzungsvorschlägen verabschiedet: https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier-menschlich-solidarisch-20200616neu.pdf

In diesem Zusammenhang hat die Arbeitsgruppe Migration und Integration der SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier beschlossen und ein Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschickt, das ich ebenfalls mitunterzeichnet habe. Diesen können Sie hier nachlesen: https://www.lars-castellucci.de/wp-content/uploads/2020/09/Brief-Bundeskanzlerin-Moria-11.09.2020-2.pdf?fbclid=IwAR3QLHR8VnIaCqQQH1k2CRnabUmi-6OWAvDpXgduYpni63gYhy3ooy7cOa4

Wir begrüßen sehr, dass die EU-Kommission Ende September einen Vorschlag vorgelegt hat, wie das gemeinsame Europäische Asylsystem reformiert werden kann. Es ist wichtig, dass an gemeinsamen Lösungen gearbeitet wird. Mehr Informationen zu diesem Thema bekommen Sie u.a. hier: https://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/new-pact-migration-asylum-eu-kommission-begruessenswerter-schritt und https://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/brand-moria-schnelle-hilfe-neuanfang

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund Leni Breymaier

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