Frage an Lothar Binding bezüglich Finanzen

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Lothar Binding
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Frage von Sven S. •

Frage an Lothar Binding von Sven S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Binding,

wie hoch sind die Kosten der jeweiligen Nebenhaushalte ? Wird durch das Anlegen von Nebenhaushalten nicht die Schuldenbremse umgangen?

Könnte man nicht auch den Wehretat in einen Nebenhaushalt führen dann würde doch das Plus des Haushaltes noch deutlich gesteigert werden ?

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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre erneuten Fragen zum Thema Haushalt und Schuldenbremse. Ich möchte diese nachfolgend sehr gerne beantworten.

1. Sie hatten früher schon einmal nach „Schattenhaushalten gefragt… und auch „Nebenhaushalte“ wie von Ihnen nun hinterfragt, gibt es nicht. Es gibt sogenannte „Sondervermögen“ oder „Sonderfonds“, die jedoch mit einem Nebenhaushalt nichts zu tun haben, da der Haushalt des Bundes jährlich vom Parlament beschlossen wird und mitsamt den Sondervermögen den Abgeordneten in Gänze bekannt ist. Sie finden dazu auch viel im Web und können wichtige Grundlagen durch eigene Recherche erlangen.

In dieser Legislaturperiode sind keine zusätzlichen, über den vom Bundestag beschlossenen Haushaltsplan hinaus gehende, Kosten im Rahmen der Sondervermögen des Bundes angefallen. Es wurden im Gegenteil Erträge erwirtschaftet.

2. Die Schuldenbremse kann nicht durch die Einrichtung zukünftiger Sondervermögen umgangen werden, da alle seit 2011 gegründeten Sondervermögen im Rahmen der Schuldenbremse berücksichtigt werden. Der neue Artikel 115 GG enthält diesbezüglich keine Ausnahmen. Kreditermächtigungen für Sondervermögen des Bundes unterliegen ab 2011 zusammen mit der Kreditermächtigung des Kernhaushalts der maximal zulässigen Schuldenaufnahmequote von 0,35 % des BIP / Jahr.

3. Sie schreiben: Könnte man nicht auch den Wehretat in einen Nebenhaushalt führen dann würde doch das Plus des Haushaltes noch deutlich gesteigert werden?

Ihre Frage unterstellt 1. es könnte „Nebenhaushalte“ geben, 2. diese würden nicht berücksichtigt. Beide Ihrer Annahmen sind falsch. (Vielleicht kreuzen sich unsere Wege gelegentlich in Schriesheim und Sie könnten mir erläutern woher Sie solche „Informationen“ erhalten.)

Da Sie mir schön häufiger geschrieben haben und kürzlich auch auf dieser Plattform, möchte ich noch folgende Punkte wiederholen bzw. hinzufügen:

Eine Art von Sondervermögen stellt bspw. die Versorgungsrücklage des Bundes, in sich die Mittel für die Pensionszahlungen und Pensionszusagen an die Bundes­beamten befinden, dar.

Sondervermögen sind vom Parlament mit eigener Finanz- und Haushaltshoheit ausgestattet, um staatliche Aufgaben zu erfüllen.

Die Versorgungsrücklage des Bundes verwaltet die Einzahlungen aus dem Bundeshaushalt selbst und legt diese selbst gewinnbringend am Finanzmarkt an. Das Parlament soll keine operativen Anlageentscheidungen treffen, da diese nicht von politischen Ansichten abhängen sollten. Es macht deshalb durchaus Sinn, gewisse Aufgaben und die Verwaltung von bestimmten Mitteln unter steter, strenger Parlamentarischer Kontrolle an Körperschaften des Bundes zu übergeben.

Derzeit bestehen folgende Sondervermögen:

1. Bundeseisenbahnvermögen (seit 1. Januar 1994), das die Anteile des Bundes an der privatisierten Deutsche Bahn AG hält und die Gewinne aus den Dividenden der Deutschen Bahn an den ordentlichen Bundeshaushalt abführt. Hier entstehen somit keine Kosten p. A.

2. Deutscher Binnenschifffahrtsfonds (seit 1999), der die deutsche Binnenschifffahrt fördert und hierbei aus bestehendem Vermögen wirtschaftet. Es fallen wiederum keinerlei Kosten p. A. an.

3. Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (seit 1998), der die Sicherung von Anlegern in Wertpapieren (bis maximal 20.000 Euro Anlegesumme) übernimmt und so insbesondereKleinanlegersichert. Hier fielen 2015 keine Kosten an.

4. ERP-Sondervermögen (seit 1953), Gelder aus dem European Recovery Program (ERP) das aus dem sog. Marshall-Plan zum Wiederaufbau der BRD entstand. Dieses Sondervermögen wächst jährlich und wird von der KfW verwaltet, die aus den Gewinnen die Wirtschaft und Eigenheime fördert. Derzeit beträgt das Sondervermögen ca. 12 Milliarden Euro.

5. Versorgungsrücklage und -fonds des Bundes (seit 1982), siehe oben.

6. Vorsorge für Schlusszahlungen für inflationsindexierte Bundeswertpapiere zur termingerechten Rückzahlung des Rückzahlungsbetrags für Staatsanleihen der BRD. Die Kosten des Sondervermögens werden als Zinsaufwand im Haushalt abgebildet. Das Sondervermögen dient lediglich der Möglichkeit zur fristgerechten Rückzahlung.

7. Energie- und Klimafonds , der hautsächlich Erlöse aus demCO_2 -Zertifikatshandel sammelt und hierbei jährlich ca. 300 Millionen Euro einnimmt. Diese werde in die Förderung von Maßnahmen der Bereiche Klimaschutz,Energieeffizienzunderneuerbare Energiengesteckt. Es fallen keinerlei jährliche Kosten an.

8. Restrukturierungsfonds, in den die Bankabgaben zur Verhinderung einer weiteren staatlichen Rettung im Insolvenzfall seitens der Banken eingezahlt werden. Es fallen keinerlei jährliche Kosten an.

Als rechtliche Grundlage solcher Sondervermögen dient § 48 des Haushaltsgrund­sätze­­gesetzes. Wie Sie sehen, macht es mitunter durchaus Sinn, Sondervermögen einzurichten.

Mit freundlichen Grüßen,

Lothar Binding