Wie stehen Sie zu einer Erhöhung der Militärausgaben?

Luise Amtsberg steht in der Natur und lächelt in die Kamera
Luise Amtsberg
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Lukas J. •

Wie stehen Sie zu einer Erhöhung der Militärausgaben?

Sehr geehrte Frau Amtsberg,
Olaf Scholz hat in seiner Regierungserklärung vom 27.02.2022 den Vorschlag gemacht, die Ausgaben für die Bundeswehr einmalig um 100 Milliarden Euro zu erhöhen und zukünftig jährlich mehr als 2% des Bruttoinlandsprodukts für die Bundeswehr auszugeben. Aktuell liegen diese bei etwa 1,3 % des BIP (https://www.bmvg.de/de/themen/verteidigungshaushalt). Mit 233 Milliarden USD gaben 2020 alle Mitglieder der Europäischen Union zusammen fast 4 mal so viel Geld für das Militär aus wie Russland mit 62 Milliarden USD (https://data.worldbank.org/indicator/MS.MIL.XPND.CD?locations=EU-RU). Trotz dieses Ungleichgewichts zugunsten der EU ist die EU nicht in der Lage den Krieg in der Ukraine (ohne vermutlich verheerende Folgen) militärisch beenden. Wie soll das mit einer weiteren Steigerung der Militärausgaben gelingen? Und wäre etwa ein 5-fach höherer Militäretat eine stärkere Abschreckung als ein 4-fach höherer? Welche Ausgaben sollen stattdessen gekürzt werden?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Lukas J.,

vielen Dank für deine Frage.

Im letzten Monat hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, welches einen neuen Absatz in Artikel 87a des Grundgesetzes einbringt, und den Bund zur Errichtung eines Sondervermögens mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Mrd. Euro zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit für die Bundeswehr ermächtigt. Ich habe diesem Gesetz zugestimmt.

Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat uns schonungslos vor Augen geführt, dass die Deutsche Bundeswehr nicht in der Lage ist, ihrem Bündnis- und Verteidigungsauftrag nachzukommen. Zu lange wurden Reformen und Investitionen in die Instandsetzung versäumt. Das Sondervermögen ist daher ein notwendiger und richtiger Schritt.

Dennoch unterstützen wir Grüne und auch ich es nach wie vor nicht, in die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit nach einer starren Quote zu investieren. Somit ist es ein enormer Fortschritt, dass wir das 2 Prozent Ziel strukturell ablösen und die Ausgaben an den Fähigkeitszielen der NATO ausrichten werden.

Wie du sagst ist für die reine Abschreckung ein 5-fach höherer Militäretat sicher eine stärkere Abschreckung als ein 4-fach höherer - aber ein "Je mehr, desto besser"-Ansatz vernachlässigt entscheidende andere Gesichtspunkte: So ist es für mich und uns Grüne besonders wichtig, dass auch die Ausgaben für Krisenprävention, Humanitäre Hilfe, AKBP und Entwicklungszusammenarbeit wie im Koalitionsvertrag vereinbart wie bisher im Maßstab eins-zu-eins wie die Ausgaben für Verteidigung steigen, auf Grundlage des Haushaltes 2021. Als Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe freue ich mich deshalb besonders, dass wir im parlamentarischen Verfahren zum Bundeshaushalt 2022 zusätzliche substanzielle Mittel für Krisenprävention, Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit auf den Weg bringen konnten.

Das Sondervermögen wird getrennt vom Bundeshaushalt verwaltet. Somit finanzieren wir mit ihm eine gut ausgestattete Bundeswehr zum Schutz unserer Bürger*innen und Verbündeten außerhalb des Anwendungsbereichs der Schuldenbremse. So bleiben Spielräume im Bundeshaushalt für wichtige andere Projekte erhalten.

Die wichtigen Aufgaben bei Klimaschutz und dem Ausbau erneuerbarer Energien, sozialer Entlastung und unserer Sicherheit müssen auskömmlich finanziert werden und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. All das erfordert Investitionen und damit größere finanzielle Spielräume der öffentlichen Haushalte. Hierfür gilt es in den nächsten Jahren die Voraussetzungen zu schaffen. So wären Einnahmenverbesserungen oder auch mehr Spielraum bei der Schuldenbremse, z.B. durch eine Investitionsregel hilfreich.

Mit freundlichen Grüßen

Luise Amtsberg

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