was sagen sie zu den sachen die im ,,nahen osten geschehen'' herr özdemir könnten sie eine meinung dazu sagen

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Mahmut Özdemir
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Frage von Enes E. •

was sagen sie zu den sachen die im ,,nahen osten geschehen'' herr özdemir könnten sie eine meinung dazu sagen

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Sehr geehrter Herr E.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die schrecklichen Ereignisse im Nahen Osten halten die Welt seit den Morgenstunden des 7. Oktober in Atem. Nie zuvor in seiner 75-jährigen Geschichte war Israel einer solchen Welle terroristischer Gewalt und Brutalität ausgesetzt. Am 7. Oktober drangen mehrere tausend schwer bewaffnete palästinensische Terroristen in Israel ein und zogen mordend durch Städte und Dörfer. Über 240 Israelis und Angehörige anderer Staaten– darunter Frauen und kleine Kinder – wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Auch wenn erfreulicherweise in den letzten Tagen einige der Geiseln befreit werden konnten, befindet sich der Großteil noch immer in den Händen der Hamas. Über 1.400 Bürger:innen Israels sind dem Terror bislang zum Opfer gefallen. Noch mehr wurden zum Teil schwer verletzt. Seit dem 7. Oktober hat die Hamas knapp 10.000 Raketen auf ganz Israel gefeuert und versucht wiederholt israelisches Staatsgebiet zu infiltrieren. Auch die Situation an der nördlichen Waffenstillstandslinie mit Libanon bleibt angespannt. Aufgrund der andauernden Gefahr mussten bislang über 250. 000 Israelis ihr Heim verlassen.

Wir verdammen die Gewalt der Terroristen in aller Schärfe. Ihr erklärtes Ziel war es Jüdinnen und Juden zu töten. Weder die Siedlungspolitik noch die schwindende Perspektive für eine Zwei-Staaten-Lösung rechtfertigt auch nur im Entferntesten diese Gewalt gegen unschuldige Frauen und Männer. In diesem Moment gibt es für Deutschland nur den Platz fest an der Seite Israels, das hat Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung am 12. Oktober 2023 vor dem Deutschen Bundestag zurecht festgestellt. Die Sicherheit Israels als Heimstätte für das jüdische Volk ist deutsche Staatsräson. Dies ist eine zentrale Lehre aus den deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Nie wieder darf es eine Welt geben, in der Jüdinnen und Juden keinen Zufluchtsort vor Antisemitismus und systematischer Gewalt finden können. Nach dem barbarischen Massaker der Hamas hat Israel das im Völkerrecht verankerte Recht, sich und seine Bürger:innen zu verteidigen und die Sicherheit in und für Israel im Rahmen des humanitären Völkerrechts wiederherzustellen. Der Deutsche Bundestag hat unserer Solidarität mit Israel im Kampf gegen den Terror am 12. Oktober einstimmig in einem fraktionsübergreifenden Antrag (Drucksache 20/8736) ein wichtiges und notwendiges Zeichen gesetzt.

Neben dem Leid, das die Hamas seit dem 7. Oktober über Israel gebracht hat und immer noch bringt, zieht der Angriff auch schreckliche Konsequenzen für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen nach sich. Seit Kriegsausbruch sind auf palästinensischer Seite laut Schätzungen der Vereinten Nationen über 10.000 Menschen ums Leben gekommen. Über 1,5 Millionen Palästinenser:innen mussten ihre Häuser verlassen. Die humanitäre Lage vor Ort ist katastrophal. Auch dafür trägt die Hamas mit ihrem Angriff auf Israel die Verantwortung. Im Krieg gegen Israel benutzt diese Terrororganisation die palästinensische Zivilbevölkerung bewusst als Schutzschild und nimmt somit ihr Leid sehenden Auges in Kauf – auch indem sie ihre Infrastruktur an zivile Einrichtungen wie Wohnhäuser, Krankenhäuser und Schulen koppelt.

Es ist klar, dass Geflüchtete sowie die Zivilbevölkerung insgesamt geschützt werden müssen. Die derzeit vereinbarte viertägige Feuerpause zwischen der Hamas und Israel scheint nochmals verlängert zu werden und bietet nun die Chance, den Menschen in Gaza den Zugang zu humanitären Gütern umfänglich zu ermöglichen. Wasser, Medikamente und Hilfslieferungen werden dringend benötigt. Bereits zuvor konnte nicht zuletzt aufgrund der vielen diplomatischen Gespräche auf allen Ebenen erreicht werden, dass seit Anfang November für mehrere Stunden täglich humanitärere Feuerpausen durchgeführt und Korridore geöffnet werden, sodass Zivilist:innen aus den am schlimmsten betroffenen Kampfzonen fliehen können. Die ermöglichte Einfuhr von 24 000 Liter Treibstoff am 15. November ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Seit dem 21. Oktober konnten zudem über 820 Lastwägen den Grenzübergang Rafah für die Lieferung dringend benötigter humanitärer Hilfslieferungen nutzen. Auch die regelmäßige Öffnung des Grenzübergangs für zum Teil schwerverletzte Palästinenser:innen, darunter für über 2.000 ausländische Staatsangehörige, bleibt unerlässlich.

Deutschland stellt zudem 50 Millionen Euro zusätzliche humanitäre Soforthilfe für Gaza bereit. Nach sorgfältiger Prüfung hat Entwicklungsministerin Svenja Schulze am 7. November außerdem die Freigabe bereits zugesagter Mittel in Höhe von 71 Millionen Euro für das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge UNRWA sowie eine Aufstockung um insgesamt weitere 58 Millionen Euro angekündigt. Somit beläuft sich die humanitäre Hilfe der Bundesregierung für Gaza und das Westjordanland auf nunmehr über 160 Millionen Euro für 2023.

Uns als Bürger:innen der Bundesrepublik kommt eine wichtige Aufgabe zu. Wir müssen uns dem herrschenden Desinformationskrieg auch in den sozialen Medien entschieden entgegenstellen und zu differenzierten Debatten beitragen. Jeder von uns kann dazu beitragen, Gespräche im persönlichen Umfeld zu ermöglichen und einander zuhören. Klar bleibt, die Bedrohung jüdischer Menschen in Deutschland darf in keiner Art und Weise legitimiert werden. Kontextualisierung darf nicht zu Relativierung führen.

Wir müssen auch auf die langfristige Perspektive des Nahen und Mittleren Ostens schauen. Die Bundesregierung wird mit diplomatischen Mitteln weiter um Lösungen für die zahlreichen Konflikte der Region ringen. Dazu gehört auch, sich Gedanken über die Zukunft Gazas nach dem Krieg zu machen. Israelis und Palästinenser, die Frieden wollen, müssen eines Tages Seite an Seite und ohne Terror auf der Grundlage einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung leben können. Den Menschen muss ein Leben in Sicherheit, Freiheit, Würde und mit gleichen Rechten ermöglicht werden – auch wenn das heute weiter entfernt scheint denn je.

Mit freundlichen Grüßen

Mahmut Özdemir 

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