Sehr geehrter Herr Buschmann, darf das Bundesministerium für Finanzen (BMF) Urteile des Bundesfinanzhofes (BFH) ignorieren? Und Banken zwingen sich an vom BFH verworfene BMF-Schreiben zu halten?

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Frage von Wolfgang D. •

Sehr geehrter Herr Buschmann, darf das Bundesministerium für Finanzen (BMF) Urteile des Bundesfinanzhofes (BFH) ignorieren? Und Banken zwingen sich an vom BFH verworfene BMF-Schreiben zu halten?

Sehr geehrter Herr Dr. Buschmann,

das Bundesministerium der Finanzen (BMF) war bisher nicht bereit sich folgenden Urteilen des Bundesfinanzhofes (BFH) zu beugen:

BFH VIII R 9/19, BFH VIII R 6/20.
Diese beiden Urteile des BFH stammen vom 01.Juli 2021, sind also 6 (!) Monate alt.

Die DEUTSCHE WERTPAPIERSERVICE BANK (dwpbank), Abwicklungsbank für eine Vielzahl von Banken (Sparkassen, Volksbanken u.a.), erklärte hierzu noch Ende Dezember 2021, dass für sie nicht Urteile des Bundesfinanzhofes (BFH) entscheidend seien, sondern Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF).

So wurde jetzt auch der Spin-Off im Hause IBM (Abspaltung von Kyndryl) besteuert, wie zuvor die Abspaltung von Hewlett-Packard Enterprise (von HP Inc.) und Abspaltungen vieler weiterer Unternehmen.

Hunderttausende Aktionäre wurden bisher geschädigt.

Bitte unterstützen Sie Herrn Lindner.
In einem BMF-Schreiben könnte er doch erklären, dass Urteile des BFH Vorrang haben.

Mit freundlichen Grüßen

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Sehr geehrter Herr W.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die Umsetzung der Entscheidungen unabhängiger Gerichte ist ein Gebot unseres Rechtsstaats. Deswegen wendet das Bundesministerium der Finanzen (BMF) Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (BFH) umfänglich an. Auf der Website des BMF ist eine laufend aktualisierte Übersicht der Anwendung neuer BFH-Entscheidungen zu finden.

In den von Ihnen benannten Fällen hat sich der BFH mit den ertragsteuerlichen Folgen für inländische Privatanleger bei der Zuteilung von Aktien im Rahmen eines ausländischen Spin-Offs befasst. Dabei bestätigte der BFH, dass diese Form der Aktienzuteilung grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führen könne.

Nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG sei die Aktienzuteilung jedoch steuerfrei, wenn die wesentlichen Strukturmerkmale einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt seien. Entscheidend dafür sei, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt.

Bislang sind die entsprechenden BFH-Urteile noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden, da die Umsetzung der Urteile noch geprüft wird. In Anbetracht des Detailgrads und der Komplexität der Materie müssen im Rahmen der Umsetzung diverse Detailvorgaben ausgearbeitet werden. Dies ist für eine einheitliche und rechtssichere Anwendung der Bestimmungen durch die Finanzbehörden notwendig.

Freundliche Grüße

Dr. Marco Buschmann MdB

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