Frage an Maria Flachsbarth bezüglich Finanzen

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Maria Flachsbarth
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Frage von Nils Johann S. •

Frage an Maria Flachsbarth von Nils Johann S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Dr. Flachsbarth,

vielen Dank für Ihre sehr wortreiche Antwort zu meiner vorherigen Frage.

Sie stimmten für den Vertrag zum europäischen Rettungsschirm.

Wann fragten Sie die Wähler Ihres Wahlkreises nach deren Standpunkt zur finanziellen Stützung anderer europäischer Staaten, die pleite sind, durch finanzhilfen der BRD via der EU?

Welchen konkreten finanziellen Vorteil hat die deutsche Volkswirtschaft durch die EU?
Konkret: Was für ein mehr an Nettolohn hat der Arbeitnehmer in Deutschland jetzt durch einen Erhalt der Eurozone wie diese jetzt ist?

Mit freundlichen Grüßen,

Nils Johann Schneider

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schneider,

vielen Dank für Ihre erneute Anfrage zur Europäischen Finanzpolitik vom 30.09.2011, zu der ich nachfolgend Stellung nehmen möchte.
Der Euro beschert Deutschland enorme ökonomische Vorteile. Durch den Wegfall des Geldumtauschs wurde das Zahlen und Reisen im gesamten Euroraum vereinfacht. Es ist von großem Wert, dass keine Wechselgebühren mehr anfallen und Preistransparenz geschaffen wurde. Tausende von Rei¬senden und Studenten profitieren jedes Jahr davon. Auch für die deutsche Wirtschaft ist es ein großer Vorteil, dass der gemeinsame Binnenmarkt mit einer Währung organisiert wird. Seit Einführung der gemeinsamen Währung haben deutsche Unternehmen viele Milliarden Euro gespart, weil Absicherungsgeschäfte gegen Fremdwährungsrisiken und Währungsschwankungen wegfielen.

Die gemeinsame Währung hat außerdem zu einem regel¬rechten Exportboom innerhalb der Eurozone geführt. Auf¬grund ihrer Produktions- und Dienstleistungspalette profi¬tierten insbesondere deutsche Unternehmen davon. Sie exportierten im Jahr 2010 knapp die Hälfte ihrer Waren und Güter in die Länder der Eurozone. Auch die Importe aus der Eurozone stiegen. Durchschnittlich wuchsen die deutschen Exporte in die Euroländer zwischen 1990 und 1998 um gut drei Prozent pro Jahr, im Zeitraum von 1999 bis 2003 verdoppelte sich das Wachstum auf jährlich 6,5 Prozent und von 2003 bis 2007 schnellte es sogar auf mehr als neun Prozent hoch.

Insbesondere in der jüngsten Finanzmarkt- und Wirtschafts¬krise hat der Euro Deutschland, der größten Exportnation in Europa, geholfen. Ohne ihn hätte es eine deutliche Auf¬wertung unserer nationalen Währung mit negativen Effekten für unsere Exportwirtschaft gegeben. Der Euro ist für Deutschland im Moment sogar etwas unterbewertet, was auch dazu beiträgt, dass die deutsche Wirtschaft besser als viele andere Volkswirtschaften aus der Krise gekommen ist. Die staatliche Förderbank KfW hat in einer Berechnung im Juli 2011 nochmals unterstrichen, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland in den Jahren 2009 und 2010 ohne den Euro deutlich schlechter ausgefallen wäre.
Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone haben in den vergangenen Monaten verschiedene Maßnahmen im Hinblick auf die befristete Fortführung des EFSF („Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“) bis Mitte 2013 beraten. Diese Maßnahmen sollen sowohl zu einer Erweiterung der effektiven Ausleihkapazität der EFSF führen als auch ihre Befugnisse - etwa mit der Möglichkeit von Käufen am Sekundärmarkt - erheblich erweitern.

Ich bin zufrieden, dass insbesondere mit der Ausweitung der Befugnisse der EFSF eine Verstärkung der parlamentarischen Mitwirkungs- und Kontrollrechte einhergeht. Dabei gilt es einen Mittelweg zu finden, der einerseits die Handlungsfähigkeit der EFSF im operativen Geschäft gewährleistet, anderseits aber eine angemessene Beteiligung des Deutschen Bundestags bei allen wesentlichen, insbesondere haushaltsrelevanten Fragen sicherstellt.
Auch mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. September haben die Koalitionsfraktionen durchgesetzt, im Rahmen der Änderung des „Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ an der Bedeutung der jeweiligen Entscheidung orientierte, abgestufte Mitwirkungsrechte des Bundestags vorzusehen. Der Bundestag hat sich mit breiter Mehrheit für die Ertüchtigung des Euro-Rettungsschirms ausgesprochen. Dies ist ein wichtiges Element, um die Schuldenkrise im Euro-Raum zu bewältigen. Alle Fraktionen, mit Ausnahme der Linken, stimmten dafür, dass die Europäische Stabilisierungsfazilität (EFSF) mit Hilfe weiterer Instrumentarien so effizient wie möglich genutzt werden kann.
Europa erwartet von Deutschland zu Recht eine Führungsrolle. Die verstärkte Parlamentsbeteiligung hilft der Regierung, diese Führungsrolle noch besser auszuüben. Ich bin sicher, dass wir mit den Beteiligungsrechten auch einen wichtigen Beitrag zu einer größeren Akzeptanz europäischer Entscheidungen hier in Deutschland leisten. Europa wird sich daran gewöhnen müssen, dass bei so zentralen Fragen die nationalen Parlamente eine zunehmend wichtige Rolle einnehmen.

Für Deutschland gilt es, sowohl die politischen Konsequenzen als auch die wirtschaftlichen Kosten eines Auseinanderbrechens der Währungsunion zu bedenken. Beides muss den Aufwendungen für die Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise gegenübergestellt werden. Fest steht, dass trotz aller Probleme und gegenwärtigen Herausforderungen eine reflexartige Ablehnung der Währungsunion keine zu¬kunftsfähige Lösung darstellt. Betrachtet man das ganze Bild, sind die Alternativen zum Euro nicht nur teurer, son¬dern bergen unvorhersehbare Risiken.
Im Übrigen stehe ich über alle im Rahmen meiner Mandatsarbeit relevanten politischen Themen im ständigen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern meines Wahlkreises. Dies geschieht beispielsweise auf zahlreichen Veranstaltungen, wie auch in Gestalt zahlreicher Anfragen, die mich in Briefform oder aber auch über Internetplattformen wie abgeordnetenwatch erreichen. Meine Korrespondenzen auf letzterer Plattform können Sie jederzeit nachverfolgen.

Sehr geehrter Herr Schneider, ich mache mir, genauso wie Sie, Sorgen über die Lage der gemeinsamen europäischen Währung. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns an einer Wegscheide in Bezug auf die Zukunft des Euro befinden. Meine Antwort ist jedoch klar: Wir brauchen einen stabilen Euro, weil er die Grundlage des zukünftigen Wohlstandes in einem geeinten Europa ist.

Mit freundlichen Grüßen
Maria Flachsbarth