Frage an Maria Flachsbarth bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Maria Flachsbarth
CDU
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Frage an Maria Flachsbarth von Marina L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag, Frau Dr. Flachsbarth!

Im Zuge der seit nunmehr Wochen anhaltenden Debatte über (Arbeits-) Migration hat sich glücklicherweise die Erkenntnis durchgesetzt, dass der monetär befürchtete "Schaden" der einheimischen Bevölkerung weit unterhalb des Nutzens der Zuwanderung arbeitswilliger Migranten liegen wird. Nichts desto trotz stellt sich die Frage, in welcher Weise die CDU sich um Vor-Ort-Hilfen bemühen will, um die Kommunalverwaltungen - insbesondere finanziell - bei deren Unterbringungsmöglichkeiten für neu zugezogene Bürger zu unterstützen. Dies ausdrücklich vor dem Hintergrund, dass akzeptabler Wohnraum i. V. mit erforderlicher Infrastruktur nicht automatisch mit dem Arbeitsort der Neubürger zusammen fallen. Insbesondere muss Sorge für mit- bzw. nachziehende Kinder getragen werden (Gesundheit, Schule, etc.). Von der Ausrichtung der SPD-Politik zu diesem Thema in ich zum Einen nicht überzeugt und zum Anderen ohnehin Anhänger der Unionsparteien, deshalb meine Frage an Sie.

Im Voraus Danke für Ihre Antwort.

M. f. G., M. Rosella

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Laubinger,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail vom 23. Januar 2014 über die Internetplattform abgeordnetenwatch.de zur Frage der Vor-Ort-Hilfen zur Unterbringung von Migrantinnen und Migranten. Lassen Sie mich zunächst darauf hinweisen, dass in Ihrer Mail nicht eindeutig klar wird, welche Form der Migration Sie meinen. Daher möchte ich im Folgenden sowohl auf Asylbewerber als auch auf EU-Bürger mit und ohne festem Arbeitsverhältnis eingehen.

Asylbewerber:
Wer als Asylbewerber nach Deutschland kommt, erhält eine Geldleistung, die knapp unterhalb des Hartz-IV-Satzes liegt. Asylbewerbern ist es für neun Monate versagt, eine Beschäftigung aufzunehmen. Nach Ablauf dieser Frist kann die Arbeitsagentur unter bestimmten Umständen einer Beschäftigung zustimmen. Allerdings muss dafür klar sein, dass die Stelle nicht adäquat durch EU-Bürger besetzt werden kann. Gerade in strukturschwachen Regionen bedeutet dies häufig ein faktisches Arbeitsverbot. Für die Unterbringung von Asylbewerbern sind die Bundesländer zuständig.

EU-Bürger mit festem Arbeitsverhältnis:
Wer als Bürger eines Mitgliedslandes der Europäischen Union nach Deutschland kommt, hat in den ersten drei Monaten keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Jedoch haben alle in Deutschland lebenden EU-Bürger mit Kindern vom ersten Tag an Anspruch auf Kindergeld. Dies beträgt derzeit 184 Euro für die ersten beiden Kinder, 190 Euro für das dritte Kind und 215 Euro für jedes weitere Kind. Das gilt unter Umständen auch für Kinder, die gar nicht in Deutschland, sondern noch in ihrem Heimatland leben. EU-Bürger und ihre Familien, die in der Bundesrepublik einen Arbeitsplatz gefunden oder sich selbstständig gemacht haben, haben nach drei Monaten grundsätzlich Anspruch auf Leistungen aus den sozialen Sicherungssystemen. Wer etwa seinen Job verliert und ausreichend lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, bekommt Arbeitslosengeld I. Nach einem Jahr Beschäftigung besteht so zunächst ein sechsmonatiger Anspruch, der bei längerer Beschäftigungsdauer anwächst. Danach kann auch Arbeitslosengeld II (Hartz IV) gezahlt werden - der Regelsatz liegt derzeit bei 391 Euro pro Monat plus Unterkunft. Auch wenn das Einkommen eines ausländischen Arbeitnehmers oder Selbstständigen nicht zum Lebensunterhalt reicht, kann er Aufstockungsleistungen beantragen, die sein Einkommen auf Hartz-IV-Niveau anheben. Die Kosten für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, die somit auch Migranten zustehen, trägt bereits jetzt der Bund.

EU-Bürger ohne festes Arbeitsverhältnis:
EU-Bürger, die ohne festes Arbeitsverhältnis in Deutschland leben, haben zwar Anspruch auf Kindergeld, ob sie jedoch Hartz-IV-Leistungen beziehen können, ist bisher umstritten. Laut deutscher Sozialgesetzgebung wird diese staatliche Hilfe nicht an Ausländer gezahlt, die sich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten.
Die Frage ist nun, ob diese Regelungen mit europäischem Recht vereinbar sind. Dort heißt es in der "Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit", dass Ausländer nicht schlechter gestellt werden dürfen als Inländer. Allerdings erlaubt es die Aufenthaltsrichtlinie aus dem Jahr 2004 ausdrücklich, EU-Ausländer von der Zahlung der Sozialhilfe auszunehmen. Dieser Aufenthaltsrichtlinie folgt Deutschland. Es ist allerdings bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob das deutsche Arbeitslosengeld II unter den Begriff der Sozialhilfe fällt oder eine beitragsunabhängige Geldleistung darstellt, die Deutschland auch arbeitslosen EU-Ausländern gewähren müsste. Verschiedene Gerichte haben dazu unterschiedlich geurteilt. In einem Fall hatte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen im Dezember 2013 einer rumänischen Familien Hartz IV-Leistungen verwehrt. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen kam in einem anderen Fall zum entgegengesetzten Ergebnis und sprach einer ebenfalls rumänischen Familie in Gelsenkirchen Hartz IV-Leistungen zu, weil sie schon seit mehr als einem Jahr in Deutschland wohne.
Angesichts dieser verschiedenen Urteile hat das Bundessozialgericht Ende 2013 den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, um rechtlich Klarheit schaffen zu lassen. Im konkreten Fall geht es dabei um eine in Berlin lebende Schwedin, die vor dem Sozialgericht auf Zahlung von Hartz-IV-Zahlungen geklagt hatte. Es wird jedoch noch einige Zeit vergehen, bis EuGH eine Entscheidung getroffen hat.
Unabhängig davon haben Migranten, deren Einkommen unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt, die Möglichkeit, einen Wohnberechtigungsschein zu beantragen – so wie dies auch jedem Deutschen zusteht.
Darüber hinaus gibt es zwischen dem Bund und den Kommunen keine direkten Finanzbeziehungen. Die Bundesregierung sieht jedoch die Problematik der derzeit im Fokus der öffentlichen Diskussion stehenden Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien. Sie setzt daher den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf einen multilateralen, europäischen Ansatz und engagiert sich für die Verbesserung der Situation der Roma – in Europa insgesamt, wie auch in Bulgarien und Rumänien – im Rahmen der europäischen Institutionen sowie bilateral in Zusammenarbeit mit Partnerregierungen, Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsgruppierungen.
Der Bund ergänzt die Angebote vor Ort durch zentrale Maßnahmen zur allgemeinen sowie arbeitsmarktpolitischen Integrationsförderung, die auch Zuziehenden aus Rumänien und Bulgarien offenstehen. Insoweit stehen auch diesen Migranten insbesondere die Integrationskurse als Schlüsselinstrument der Integrationsförderung zur Verfügung. Sie richten sich als Grundangebot unabhängig von Nationalität oder Ethnie an alle sich rechtmäßig in Deutschland aufhaltenden Migranten mit Bleibeperspektive.

Außerdem werden Migrantinnen und Migranten durch unterschiedliche ESF-Programme (ESF: Europäischer Sozialfonds) der Länder und im Rahmen des ESF-Bundesprogramms gefördert. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fördert mit dem ESF-Bundesprogramm u. a. die Integration in den Arbeitsmarkt durch Beratung, Qualifizierung und Sprachförderung. Insbesondere für die Zielgruppe der Migrantinnen und Migranten können das „ESF-Bundesprogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge“, „XENOS – Integration und Vielfalt“ und das „Programm zur berufsbezogenen Sprachförderung für Personen mit Migrationshintergrund im Bereich des Bundes (ESF-BAMF-Programm)“ genannt werden. Im Rahmen dieser verschiedenen ESF-Bundesprogramme profitieren auch Roma von den Unterstützungsmaßnahmen.

Mit freundlichen Grüßen

Gez. Dr. Maria Flachsbarth