Frage an Maria Flachsbarth bezüglich Finanzen

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Maria Flachsbarth
CDU
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Frage von Horst W. •

Frage an Maria Flachsbarth von Horst W. bezüglich Finanzen

Sehr geeherte Frau Flachsbarth!

Warum tut sich ihre Partei so schwer sich für den Mindestlohn einzusetzen es ist doch Menschenunwürdig bei voller Arbeitszeit von Hunger- löhnen leben zu müssen.Es ist Ihnen hoffentlich nicht entgangen das es Arbeitsverhältnisse gibt bei denen unter 5 Euro Std.gezahlt wird.

Das ist nicht nur unwürdig sondern Menschenverachtend.und das sollte eine Christliche Partei doch endlich abstellen .Arbeitsplätze mit so niedrigem Lohn sind diskriminierent.und wenn behauptet wird dann werden Arbeitsplätze vernichtet werden die nicht beweint werden. Es sind nähmlich die,die durch Schmutzkonkurenz Arbeitgeber die vernünftige Löhne zahlen in schwierigkeit bringen.Auf die können wir verzichten .

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Antwort von
CDU

*Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns in Deutschland*

Sehr geehrter Herr Walter,

Haben Sie vielen Dank für Ihren Beitrag vom 14.11.2007, in dem Sie sich kritisch über die ablehnende Haltung der CDU in Bezug auf einen flächendeckenden Mindestlohn äußern. Ich möchte im Folgenden gerne die wichtigsten Punkte darlegen, warum ich auch persönlich der Überzeugung bin, dass die Union sich an dieser Stelle eindeutig und richtig positioniert hat.

Kernaussage der Sozialen Marktwirtschaft ist, dass Leistung sich lohnen muss. Aus diesem Grundsatz ergibt sich, dass Arbeit fair bezahlt werden muss. Die CDU steht bis zum heutigen Tage im Sinne Dr. Ludwig Erhards für ein faires Gleichgewicht von Leistung und Vergütung bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ebenso wie in den Chefetagen. Daraus folgt, dass es in Deutschland keine sittenwidrigen Löhne geben darf. Nicht in die eine und nicht in die andere Richtung.

In bestimmten Fällen, da stimme ich Ihnen zu, besteht unbestreitbar ein Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Arbeitslohn. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn Löhne ein Drittel unter dem geltenden Tarifvertrag bzw. dem ortsüblichen Vergleichslohn einer Branche liegen. Schon des öfteren haben sich Gerichte mit diesen Misstand beschäftigt. Deshalb hat sich die Union bereits wiederholt für eine gesetzliche Festschreibung eines Verbots sittenwidriger Löhne eingesetzt. Ich finde es deshalb einerseits sehr bedauerlich, dass der Koalitionspartner in der Vergangenheit nicht bereit war, diese so wichtige wie wirkungsvolle Instrument zu unterstützen und sich auch immer noch gegen eine flächendeckende Einführung sperrt. Denn eines muss doch selbstverständlich sein: Jeder, der ehrlich arbeitet, muss dafür auch anständig bezahlt werden.

Ich bin jedoch andererseits der festen Überzeugung, dass es eben dazu keines flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohns bedarf. Im Folgenden möchte ich Ihnen diesen Standpunkt gerne erläutern: Auf den ersten Blick klingt die Idee eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns ansprechend. Suggeriert er doch, dass alle Menschen, die arbeiten, sich in Zukunft auf ein festgelegtes Grundeinkommen verlassen können. Ich befürchte aber, dass in Folge gesetzlich verordneter, flächendeckender Mindestlöhne Millionen von Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren könnten.

Trotz allen Lohnzurückhaltungen, vor allem in den letzten Jahren, ist Deutschland nach Norwegen und Dänemark das Land mit dem dritthöchsten Lohnniveau weltweit. Verfechter eines flächendeckenden Mindestlohns hierzulande setzen sich für eine Lohnuntergrenze von 7,50 Euro ein. Statistische Erhebungen belegen, dass es in Deutschland ein nicht zu unterschätzender Anteil der Arbeitnehmer (Voll- und Teilzeit) zu Stundenlöhnen unterhalb dieser Grenze arbeitet. Kommt es nun zu einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, werden viele dieser Stellen wegfallen - je mehr, je höher der erzwungene prozentuale Anstieg der Löhne ist. Der ohnehin schon starke Trend der Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland würde sich so noch mehr verstärken.

Das Ifo-Institut in München rechnet bei Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 7,50 Euro mit dem Verlust von 1,1 Mio. Arbeitsplätzen in Deutschland. Dies träfe gerade gering qualifizierte Menschen, die schon jetzt nur schwer in den Arbeitsmarkt zu integrieren sind. Ein Mindestlohn würde auch der ohnehin schon sehr hohen Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen Vorschub leisten. Bekannt ist zudem, dass ein gesetzlicher Mindestlohn insbesondere in Grenzregionen die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland fördert. Vor allem Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern wären durch einen gesetzlichen Mindestlohn gefährdet.

Die Tarifautonomie ist ein integraler Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft, die die Grundlage von sozialem Frieden und Wohlstand in Deutschland ist. Eines ihrer Kernelemente ist es, dass Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände oder einzelne Arbeitgeber Tarifverträge ohne Einflussnahme durch staatliche Stellen verhandeln und abschließen können. Der Staat macht jedoch im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und Wirtschaftspolitik gewisse Vorgaben, innerhalb derer diese Tarifverträge ausgehandelt werden. Um dieses bewährte System nicht zu untergraben, hat sich die Große Koalition deshalb im Juni letzten Jahres darauf verständigt, in Deutschland keinen flächendeckenden, einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Es wurde mit der Aufnahme weiterer Branchen in das Arbeitnehmerentsendegesetz vielmehr vereinbart, tariflichen Mindestlohn-vereinbarungen dort zum Durchbruch zu verhelfen, wo es von den Tarifpartnern gewünscht wird. Wir wollen die Tarifparteien stärken und sie auf keinen Fall ersetzen..

Daher hat der Beschluss der Großen Koalition vom 18. Juni 2007 für Branchen, in denen keine Tarifverträge gelten oder Tarifverträge nur geringe Wirkungskraft entfalten, die Möglichkeit einer Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz eröffnet. Diese Regelung existiert bereits für das Bauhandwerk, die Gebäudereinigerbranche und neuerdings auch für die Postbranche. Weitere Branchen, in denen die Gewerkschaften keine Organisationsmacht haben und auch die Arbeitgeberverbände nicht mehr hinreichend repräsentiert sind, können bis März 2008 beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz beantragen; über den Antrag entscheidet dann der zuständige Fachausschuss. Jeder der im BMAS angesiedelten Fachausschüsse besteht aus sechs Beisitzern, die je zur Hälfte den Kreisen der beteiligten Arbeitnehmer und Arbeitgeber angehören. Hinzu kommt ein unparteiischer Vorsitzender mit Stimmrecht, der von beiden Seiten bestimmt wird. Der von einem Fachausschuss vorgeschlagene Mindestlohn kann auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch eine entsprechende Verordnung des Bundeskabinetts festgesetzt werden.

Wer voll arbeitet, muss von seinem Einkommen auch leben können und darf nicht in Armut fallen. Um gegenteiligen Entwicklungen vorzubeugen, hat die CDU/CSU-Fraktion außerdem die Prüfung eines Kombi-Lohn-Modells auf Bundesebene als Bestandteil des Koalitionsvertrages im Bund festgeschrieben.

Dass dieses "Kombi-Lohn-System" sehr gut funktioniert, zeigt sich in meinem Heimatland Niedersachen: Hier erhalten Empfänger niedriger Löhne Zuschüsse vom Land. Wer arbeitslos ist und eine gering entlohnte sozialversicherungspflichtige Tätigkeit annimmt, erhält zusätzlich zum Arbeitslohn einen Zuschuss bis zu 200 Euro + 40 Euro je zusätzliches Familienmitglied. Arbeitgeber, die zusätzliche Arbeitsplätze bereitstellen, können bis zu 400 Euro als Zuschuss erhalten. Für berufliche Qualifizierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der neuen Tätigkeit können noch einmal bis zu 2000 Euro bewilligt werden. Die *Förderdauer* beträgt bei *unbefristeter Beschäftigung* max. *10 Monate*, bei *befristeter Beschäftigung* max. *6 Monate*. Vorraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitsplatz *zusätzlich* ist, d.h. der Arbeitgeber muss schriftlich erklären, dass er den Arbeitnehmer zusätzlich einstellt und *aufgrund der beantragten Förderung* keine Entlassungen an anderer Stelle vornimmt. Mit dem Niedersachsen-Kombi konnten nach 1 ½ Jahren Laufzeit mehr als 3.000 Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungs-verhältnisse vermittelt werden. Sie und ihre Familien haben so neue Perspektiven bekommen. Diese nachgewiesenermaßen erfolgreiche Strategie auf die Bundesebene zu übertragen, sollte sich unser Koalitionspartner auf Bundesebene nicht länger verschließen. Aus meiner Sicht ist das der richtige Weg.//

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Maria Flachsbarth MdB