Frage an Maria Flachsbarth bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Maria Flachsbarth
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Frage an Maria Flachsbarth von Axel I. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Flachsbarth,
die von der CDU und der SPD beschlossenen Diätenerhöhungen mögen rechtlich korrekt auf den Weg gebracht worden sein. Das ändert nichts an dem Grundsatz, dass hier Abgeordnete über ihre eigenen Bezüge beschließen konnten: das ist einzigartig in der Bundesrepublik! Sie werden den über die Medien verbreiteten Unmut leicht ertragen. Aber wenn man privat mit Bekannten über diesen Sachverhalt spricht, wird ein derartiger Hass auf Politiker und diese Spielart der Demokratie deutlich, dass ich Sie fragen möchte, ob Sie sich eigentlich über das Ausmaß und die Größenordnung dieser Wut im Klaren sind?
Wissen Sie, dass es schon längst nicht mehr um Politikverdrossenheit geht, sondern vielfach um blanke Wut und tiefgehenden Hass? Wissen Sie, dass sich diese Einstellung quer durch alle Bevölkerungsschichten zieht?
Mit freundlichem Gruß
A. Ihde

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CDU

Sehr geehrter Herr Ihde,

vielen Dank für Ihren Beitrag hier in diesem Forum vom 6.5.2008, in dem Sie sich kritisch zu den geplanten Diäten-Erhöhungen für Abgeordnete äußern. Tatsächlich sind die rasche Abfolge und der Umfang der Diätenerhöhungen im Herbst 2007 und im Frühjahr 2008 erklärungsbedürftig.

Grundlage für die Höhe der von Ihnen angesprochenen Entschädigung für die Mitglieder des Deutschen Bundestages ist das Grundgesetz sowie das Abgeordnetengesetz. Die Abgeordneten haben danach Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass durch die derzeitige Berichterstattung der Eindruck entsteht, die Mitglieder des Deutschen Bundestages würden sich nach Belieben Ihre Diäten erhöhen. Schließlich kann kein anderer Berufsstand über sein Gehalt selbst entscheiden. Dieser Vorwurf übersieht aber, dass die Abgeordneten, ob sie wollen oder nicht, selbst über ihre Diäten entscheiden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu unmissverständlich festgestellt, dass dies zwingend Angelegenheit des Gesetzgebers, also des Parlaments sein muss. Eine Kommission, die Empfehlungen über Diätenanpassungen macht, ist dabei nur begrenzt hilfreich – wie das Beispiel in Niedersachsen zeigt. Die Abgeordneten sind immer der Vorhaltung ausgesetzt, sich selbst zu bedienen.

Um genau diesem Eindruck entgegenzuwirken, ist bereits vor vielen Jahren eine Richtschnur für die Höhe der Diäten gesucht worden, die ein transparentes Verfahren gewährleisten soll. Entschädigungen der Abgeordneten müssen sich deshalb an den Bezügen eines einfachen Richters bei einem Gerichtshof des Bundes (Besoldungsgruppe R6) bzw. den Gehältern von gewählten hauptamtlichen Bürgermeistern und Oberbürgermeistern mittlerer Kommunen (Besoldungsgruppe B6) orientieren. Bei einer durchschnittlichen Einwohnerzahl von 300.000 Bürgerinnen und Bürgern pro Wahlkreis schien diese Größenordnung angemessen. Hinter diesen gesetzlich vorgegebenen Orientierungsgrößen blieben die Bezüge der Bundestagsabgeordneten in der Vergangenheit jedoch um etwa 12 Prozent (ca. 900 Euro) zurück. Im November 2007 wurde dies – nach fünf Nullrunden in Folge - deshalb durch ein Gesetz, das zwei Diätenanpassungen zum 01.Januar 2008 um 330 Euro auf 7.339 Euro und zum 01. Januar 2009 um 329 Euro auf 7.668 Euro vorsieht, korrigiert. Die Parlamentarier werden dadurch ab 2009 erstmals so viel wie Oberbürgermeister, Landräte oder Bundesrichter verdienen; natürlich mit Ausnahme des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes, das Abgeordneten nicht zusteht.

Zugleich wurde die Diätenerhöhung an eine Absenkung der Altersversorgung gekoppelt, mit der Folge, dass zum 1. Januar 2008 der Steigerungssatz der Altersversorgung um 16 % abgesenkt wurde. Die Alters- und die Hinterbliebenenversorgung für die Abgeordneten und ihre Familien sind ebenfalls Bestandteil des Anspruchs auf angemessene Entschädigung nach dem Grundgesetz. Sie ist im Gegensatz zu einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voll zu versteuern; private Erwerbseinkünfte vor Vollendung des 65., zukünftig des 67. Lebensjahres, werden voll auf die Altersentschädigung angerechnet. Die Höhe der Altersentschädigung wird von bisher 3% zukünftig für jedes Jahr der Mitgliedschaft im Bundestag auf 2,5% der monatlichen Abgeordnetenentschädigung abgesenkt. Der Höchstsatz wird erst nach 27-jähriger Mitgliedschaft im Bundestag erreicht. Ein Abgeordneter mit einer durchschnittlichen Mitgliedschaft des Deutschen Bundestages von zwölf Jahren erhält somit zukünftig 30% der monatlichen Abgeordnetenentschädigung als zu versteuernde Altersversorgung.

Dritter Teil der Neuregelung aus dem Herbst 2007 ist es, die Diäten zukünftig an die Erhöhung der Beamtenbesoldung zu koppeln. Die Diäten werden also nur dann erhöht, wenn auch die Besoldung der Verwaltungsbeamten und Richter steigt. Kommt es zu Nullrunden, dann gehen auch die Abgeordneten leer aus. Dadurch soll besser nachvollziehbar werden, wie sich die Bezüge der Abgeordneten zukünftig entwickeln.

Mit der Umsetzung des aktuellen Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst wird auch die Besoldung der Beamten und Richter angehoben. Dies geschieht in zwei Schritten: Rückwirkend zum 1. Januar 2008 und dann erneut zum 1. Januar 2009. Für die genannten Orientierungsgrößen B6/R6 wird sie zum 1. Januar 2008 um 278 Euro (3,63 Prozent) und zum 1. Januar 2009 um 213 Euro (2,68 Prozent) angehoben. Als Folge dieser aktuellen Veränderungen erhöht sich nun auch die Abgeordnetenentschädigung um die genannten Größen. Obwohl gesetzlich festgelegt, muss der Bundestag hierüber jedoch jedes Mal erneut abstimmen. Genau diese Abstimmung ist es, die zur Zeit Gegenstand der öffentlichen Debatte ist. Auch folgt diese Anhebung der Abgeordnetenentschädigung der Erhöhung der Richter- und Beamtenbesoldung erst mit einjähriger Verzögerung, also jeweils zum 1. Januar 2009 und 2010. Ebenfalls erhalten die Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht die im Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes für Januar 2009 vorgesehene einmalige Zahlung in Höhe von 225 Euro.

In zahlreichen Gesprächen anlässlich der beiden Diätenerhöhungen während meiner fünfeinhalbjährigen Abgeordnetentätigkeit habe ich den Eindruck gewonnen, dass sich der Unmut über die Erhöhung der Diäten nicht nur an deren Höhe festmacht, sondern an der grundsätzlichen Frage: "Verdienen unsere Abgeordneten eigentlich das, was sie verdienen?" Viele Bürgerinnen und Bürger wissen nicht, wie der Arbeitsalltag der Abgeordneten in Berlin aussieht. Immer wieder merke ich, dass allgemein angenommen wird, ein leerer Plenarsaal sei ein Zeichen für „faule Abgeordnete“. Kaum jemand weiß, dass der Großteil der politischen Arbeit nicht im Plenum sondern in den vielen Sitzungssälen des Deutschen Bundestages stattfindet. Nahezu niemand weiß, dass kaum einer meiner Berliner Arbeitstage nach zwölf Stunden zu Ende ist. Daher versuche ich durch viele Gespräche im Wahlkreis und einen ausführlichen Terminkalender auf meiner Homepage ( http://www.flachsbarth.info/termine ) meine Arbeit so transparent und nachvollziehbar wie eben möglich zu gestalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Maria Flachsbarth MdB