Frage an Martin Gerster bezüglich Soziale Sicherung

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Martin Gerster
SPD
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Frage von Wolfgang R. •

Frage an Martin Gerster von Wolfgang R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Gerster!

In der Sendung von Report München 12.10.16), wurde wieder einmal dokumentiert, wie verheerend unsere finanziellen Bedingungen zur Pflege sind. Warum ist das so? Über die gesetzliche Krankenversicherung werden alle notwendigen Behandlungen übernommen. Warum ist das bei den Pflegefällen so katastrophal anders? Geht es nur um den finanziellen Schutz der Industrie? Da die Pflegefälle rapide ansteigen, sollte sie die Politik doch für eine vollständige Pflegesicherung einsetzen. Wie steht Ihre Partei dazu?
Da auch die Altersarmut ansteigt, wir der Staat zu immer höheren Kosten kommen oder sehen Sie das anders? Wenn Sie der Meinung sind, dass die Versicherungsleistungen nicht an die entstehenden Kosten angeglichen werden sollen, dann sollte doch wenigstens eine Pflegezusatzversicherung steuerlich vollständig absetzbar sein. Bei den aktuellen Bedingungen können nur 1900 € für die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Zusatzversicherung abgesetzt werden. Dabei sind die Kosten der gesetzlichen Versicherungen meistens schon höher als 1900 €, auch bei mir als Rentner. Ich wollte eigentlich die erste vernünftige Rentenerhöhung für eine Zusatzversicherung nutzen, aber der Staat kassier erst einmal davon. Es wird doch in allen Parteien darüber diskutiert Steuererleichterungen einzuführen. Warum nicht für einen Schutz der zunehmend älter werden Gesellschaft? Das würde zu mehr Zusatzversicherungen führen und somit dem Staat zukünftige Kosten ersparen. Wie steht Ihre Partei zu meinem Vorschlag einer vollständigen Absetzbarkeit einer Pflegezusatzversicherung?
In der Sendung wurde auch von einer kommentarlosen Ablehnung einer Klage durch das Bundesverfassungsgerichte berichtet. Ich bin auch mit meiner Klage vor dem Bundesverfassungsgerichte genauso abgelehnt worden. Die Verfassungsrichter interessieren sich überhaupt nicht für die kleinen Bürger. Das ist frustrierend in einem Rechtsstaat! Kann die Politik etwas dagegen unternehmen?

M f Grüßen,
Wolfgang Richter

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Sehr geehrter Herr Richter,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Bitte entschuldigen Sie die späte Antwort, die auf ein Büroversehen zurückzuführen ist.

Für die SPD war eine grundlegende Verbesserung der Pflege ein besonderer Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode. Sie bleibt es auch darüber hinaus. Die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung und die Zunahme des Anteils betagter Menschen an der Gesamtbevölkerung ist ein Zeichen für unseren gesellschaftlichen Fortschritt. Die zunehmende Zahl hochaltriger Menschen stellt die Pflegepolitik vor demografische und fachliche Herausforderungen. Die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung ist ein wesentlicher Baustein, um auch in Zukunft gute Pflege gewährleisten zu können und das Vertrauen in eine gute Versorgung im Alter zu stärken. Dabei hat die SPD in dieser Legislaturperiode schon viele deutliche Verbesserungen für Pflegende, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen erreicht.

Um die Pflege weiterzuentwickeln und die Unterstützung für Pflegebedürftige, Angehörige und Pflegekräfte auszuweiten, haben wir zum 1. Januar 2015 das Erste Pflegestärkungsgesetz (PSG I) eingeführt. Damit wurde das Leistungsspektrum der gesetzlichen Pflegeversicherung deutlich ausgeweitet. Die rund 2,7 Millionen Pflegedürftige in Deutschland erhalten daher bereits seit dem 1.1.2015 mehr Leistungen. In der ambulanten Pflege wurden die Leistungen um rund 1,4 Mrd. Euro erhöht, für die stationäre Pflege um rund 1 Mrd. Euro. Pflegende Angehörige werden besser entlastet, indem die Unterstützungsangebote für die Pflege zu Hause ausgeweitet wurden, die Zahl der zusätzlichen Betreuungskräfte in stationären Pflegeeinrichtungen erhöhte sich deutlich. Zusätzlich wurde ein Pflegevorsorgefonds eingerichtet.

Mit Inkrafttreten des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) am 1. Januar 2016 wurde zudem die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und des neuen Begutachtungsinstruments zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit in der Pflegeversicherung gesetzlich verankert. Damit wurde die umfassendste Änderung der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung im Jahr 1995 vorgenommen. Die bisherigen drei Pflegestufen wurden durch fünf Pflegegrade ersetzt. Damit wird der individuelle Bedarf bei Pflegebedürftigen sehr viel genauer ermittelt. An Demenz erkrankte Menschen etwa bekommen nun erstmals auch Unterstützung. Mit der Reform haben alle den gleichen Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung. Entscheidend ist lediglich, wie sehr die Selbstständigkeit tatsächlich eingeschränkt ist. Sichergestellt ist, dass niemand mit der Umstellung schlechter gestellt werden kann – viele aber besser. Zudem müssen Menschen, die im Heim gepflegt werden, künftig keine Steigerung des pflegebedingten Eigenanteils mehr befürchten.

Das Dritte Pflegestärkungsgesetz trat am 1. Januar 2017 in Kraft, damit wird die Pflegeberatung gestärkt und die Zusammenarbeit der Verantwortlichen in den Kommunen ausgebaut. Zuletzt möchten wir mit dem Pflegeberufereformgesetz den Pflegeberuf deutlich attraktiver machen und mehr Menschen für dieses so wichtige Berufsfeld gewinnen.

Unser Ziel war und ist es also, dass es die von Ihnen angeregte private Pflegezusatzversicherung nicht benötigt. Denn die Pflege sollte, soweit wie möglich, ein langes, selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Die von der FDP eingeführte private Pflegezusatzversicherung sehen wir daher kritisch, da ein menschenwürdiges Altern nicht vom Geldbeutel abhängig sein sollte. Daher haben wir in dieser Legislaturperiode die gesetzliche Pflegeversicherung, wie beschrieben, deutlich gestärkt. In der nächsten Legislaturperiode möchte die SPD Entlastungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen erreichen, ohne die Leistungen zu mindern. Zentral ist hier für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie profitieren durch gleich hohe Beiträge der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden dadurch um fünf Milliarden Euro pro Jahr entlastet. Außerdem wollen wir eine Beitragsentlastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein, die zwischen 451 Euro und 1.300 Euro verdienen, so dass der Arbeitnehmerbeitrag zu den Sozialversicherungen in dieser Zone nur allmählich ansteigt.

Zuletzt bitte ich Sie um Verständnis, dass ich mich aus Respekt vor der Gewaltenteilung nicht zu einzelnen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts äußere.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Gerster

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