Frage an Martin Gerster bezüglich Innere Sicherheit

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Martin Gerster
SPD
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Frage von Kasimir R. •

Frage an Martin Gerster von Kasimir R. bezüglich Innere Sicherheit

Hallo Herr Gerster,

werden Sie morgen für das sehr umstrittene Bundespolizeigesetz stimmen? (Oder wenn Sie die Frage später sehen: haben Sie dafür gestimmt?) - Wenn ja, aus welchem Grund?
Ein großer Punkt dabei ist ja, dass der Staatstrojaner gegen Personen eingesetzt wird, die noch gar keine Straftat begangen haben. Halten Sie dies moralisch und verfassungsrechtlich für in Ordnung?
Ihre Parteivorsitzende, Frau Esken, positioniert sich klar gegen den Gesetzesentwurf. Falls Sie eine andere Position vertreten als Frau Esken: wieso?

Vielen Dank und liebe Grüße
Kasimir Romer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Romer,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zu meinem Abstimmungsverhalten in Sachen Bundespolizeigesetz.

Die Gründe, weshalb ich am 10. Juni für die Änderung des Bundespolizeigesetz gestimmt habe, erläutere ich Ihnen im Folgenden gerne.

Über 50.000 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten sorgen für unsere Sicherheit an den deutschen Grenzen, an den Flughäfen und Bahnhöfen und leisten dabei einen herausragenden Beitrag.
Aus diesem Grund war es uns als SPD-Fraktion besonders wichtig, das zuletzt vor 27 (!) Jahren reformierte Bundespolizeigesetz an die heutige Zeit und die digitalen Entwicklungen der letzten Jahre anzupassen. Wie Sie richtig erwähnen, umfasst ein Teilbereich des Gesetzes auch Regelungen zur elektronischen Telekommunikationsüberwachung an der Quelle, nämlich dem Endgerät (die sog. Quellen-TKÜ - auch "Staatstrojaner" genannt).

Die Quellen-TKÜ ist eigentlich die digitale Entsprechung der klassischen Telefonüberwachung. Dass sich Kommunikation heute oft nur mithilfe der Quellen-TKÜ abfangen lässt, liegt an der Verschlüsselung der Messenger-Dienste. Früher konnten die Sicherheitsbehörden vergleichsweise einfach Telefongespräche mithören oder SMS-Nachrichten aufzeichnen. Heute begleitet die Verschlüsselung den gesamten Weg der Kommunikation vom Absender zum Empfänger (sog. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung). Meist lässt sich diese Verschlüsselung nicht umgehen.

Allerdings ist die Quellen-TKÜ aufgrund technischer und datenschutzrechtlicher Anforderungen hoch komplex. Sie wird ist daher nur in Einzelfällen einsetzbar und ist in der Anwendung sehr viel seltener als die klassische Telekommunikationsüberwachung.

Ich halte diese Regelungen als Teil des neuen Bundespolizeigesetzes für verhältnismäßig, denn sie dienen der Gefahrenabwehr. Bei der Gefahrenabwehr geht es darum, dass eine Tat noch verhindert werden kann. Da hier also kein festgestellter Tatbestand vorliegt, sind die Schwellen dementsprechend hoch: Eine Richterin bzw. ein Richter darf eine TKÜ und Quellen-TKÜ nur anordnen, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr geboten ist. Zum Beispiel für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes. Oder einer dringenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Oder wenn es Tatsachen gibt, die darauf hinweisen, dass jemand vorhat eine der oben genannten Straftaten zu begehen. Also wirklich nur, wenn schwere Straftaten zu erwarten sind.

Damit ist der Anwendungsbereich eng begrenzt und die richterliche Anordnung ist eine wichtige rechtsstaatliche Kontrolle, damit so ein Instrument gerade nicht willkürlich eingesetzt werden kann.

Ziel des Einsatzes der Quellen-TKÜ ist die Bekämpfung von organisierter Kriminalität, nämlich Schleuserkriminalität und Menschenhandel. Im Gegensatz zum BKA ist der Einsatz der Quellen-TKÜ für die Bundespolizei auf diese Verbrechensformen begrenzt. Im Übrigen wird mit dem Einsatz der Quellen-TKÜ per se kein neues Instrument geschaffen. Rein technisch gesehen erhält die Bundespolizei bei der Quellen-TKÜ die gleichen Befugnisse wie das Bundeskriminalamt. Mit der Quellen-TKÜ wird die aktuell laufende Kommunikation mitgelesen, vergleichbar mit dem Abhören von Telefongesprächen. Einen Zugriff auf gespeicherte Inhalte, also eine Onlinedurchsuchung, wie sie die Unionsfraktion durchsetzen wollte, haben wir als SPD erfolgreich abgewehrt.

Wir wollen dafür sorgen, dass die Sicherheitsbehörden (Bundespolizei aber auch der Bundesverfassungsschutz) die Möglichkeit erhalten, auch die Kommunikation über Messenger-Dienste zu überwachen. Es geht darum die Befugnisse, die in der analogen Welt bestehen, auch in der digitalen Welt einzuräumen

Innerparteilich gab es zwar wie von Ihnen erwähnt teilweise Differenzen, mit 123 von 152 Stimmen für die Novellierung des Gesetzes haben wir uns als SPD jedoch klar positioniert.
Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen wir mehrheitlich dafür ein, nicht nur einen starken Staat zur fordern, wenn es um soziale Belange geht, sondern unsere Institutionen auch stark zu machen, wenn es darum geht, dass unsere Demokratie wehrhaft bleibt.

Ich hoffe, meine Ausführungen sind für Sie hilfreich.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Gerster

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