Frage an Martina Stamm-Fibich bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Martina Stamm-Fibich
SPD
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Frage von Klaus D. •

Frage an Martina Stamm-Fibich von Klaus D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Stamm - Fibich,

der Kandidaten - Check hat eine große Übereinstimmung mit Ihnen gegeben.
Nachdem ich ein mittlerweile sehr angespanntes Verhältnis zur SPD habe (2+0=3; Rente mit 67; Leiharbeit; 400 Euro Jobs; Absenkung des Rentenniveaus; Absenkung der Spitzensteuersätze; Öffnung der Finanzmärkte für Hedgefonds; Afgahnistaneinsatz) hätte ich doch noch einige Fragen an Sie.

Sehen Sie sich dem Bürger verpflichtet oder mehr der SPD?

Nennen Sie es Demokratisch wenn ein Kanzler bei einer wichtigen Abstimmung zusätzlich die Vertrauenfrage stellt?

Ist Ihnen Ihr Gewissen oder mehr der Machterhalt wichtig?

Wie stimmen Sie ab, wenn eine andere Partei einen Gesetzentwurf einbringt der Ihren Vostellungen entspricht, jedoch Ihre Parteivorsitzenden dagegen sind?

Können Sie sich in Gesetzentwürfe einbringen oder dürfen Sie diese, um Ihren Listenplatz zu erhalten, nur abnicken?

Mit freundlichen Grüssen
Klaus Dippold

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dippold,

zunächst einmal freut es mich sehr, dass wir laut Kandidatencheck viele Gemeinsamkeiten und gemeinsame Ziele haben.

Das von Ihnen beschriebene angespannte Verhätlnis zur SPD kann ich durchaus nachvollziehen. Aber wir Sozialdemokraten gehen mit offenen Augen durch die Welt und sind bereit Fehlentwicklungen zu korrigieren. Zu allen von Ihnen angesprochenen Kritikpunkten finden Sie im aktuellen Regierungsprogramm umfassende Korrekturen, die diesen Fehlentwicklungen entgegensteuern.

Gerne beantworte ich alle Ihre Fragen der Reihe nach.

1. Sehen Sie sich dem Bürger verpflichtet oder mehr der SPD?

In erster Linie sehe ich mich ganz klar den Bürgerinnnen und Bürgern, Wählerinnen und Wählern verpflichtet. Gerne zitierte ich hierzu Artikel 38 des Deutschen Grundgesetzes. Danach sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestages "Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen".

Die Bürgerinnen und Bürger, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler können quasi als mein zukunftiger Arbeitgeber gesehen werden. Und diesem Arbeitgeber bin ich vollen Einsatz schuldig.

2. Nennen Sie es demokratisch wenn ein Kanzler bei einer wichtigen Abstimmung zusätzlich die Vertrauensfrage stellt?

Sie spielen mit Ihrer Frage auf Gerhard Schröders Vertrauensfrage aus dem Jahr 2001 an. Schröders Antrag war damals ein Novum: Zum ersten Mal verknüpfte ein Kanzler die Vertrauensfrage mit einer ganz konkreten Sachfrage. In diesem Fall mit einem Antrag der Bundesregierung auf Entsendung deutscher Streitkräfte für den von den USA angeführten Kampf gegen den internationalen Terrorismus im Rahmen der Operation "Enduring Freedom" in Afghanistan. Auch wenn ein Antrag der Bundesregierung auf Entsendung von Bundeswehreinheiten mit den Stimmen von Union und FDP hätte verabschiedet werden können, so war Schröders Koalitionsmehrheit nicht sicher. Der Bundeskanzler wollte aber unbedingt das "Heft des Handelns", wie er selbst es nannte, in der Hand behalten und Macht und Handlungsfähigkeit seiner Regierung gerade in den Monaten nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 demonstrieren. Bei dieser Entscheidung ging es ganz eindeutig darum die Verlässlichkeit der Politik deutlich zu machen. Wie ich finde, ist daran nichts verwerflich und schon gar nicht undemokratisch.

Weiter möchte ich Ihnen dazu sagen, dass die Vertrauensfrage im Grundgesetz festgeschrieben und somit auf jeden Fall als demokratisch anzusehen ist.

Oft wird die Vertrauensfrage als Druckmittel des Kanzlers gesehen. Ziel und Zweck der Vertrauensfrage ist es lediglich, dafür zu sorgen, dass Regierungskrisen schnell überwunden werden und kein Zustand eintritt, in dem das Land keine handlungsfähige Regierung besitzt.

3. Ist Ihnen Ihr Gewissen oder mehr der Machterhalt wichtig?
Kurz und knapp: ganz klein mein Gewissen und die Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

4. Wie stimmen Sie ab, wenn eine andere Partei einen Gesetzentwurf einbringt der Ihren Vorstellungen entspricht, jedoch Ihre Parteivorsitzenden dagegen sind?

In diesem Fall verweise ich gerne auf das sognannte freie Mandat jedes Mitglied des Deutschen Bundestages, das in Artikel 38 des Grundgesetzes niedergeschrieben ist. Dies spricht den Abgeordneten von einer Bindung an Aufträge und Weisungen etwa der eigenen Partei bei seiner Entscheidungsfindung frei. Der Abgeordnete ist bei der Entscheidungsfindung demnach nur seinem Gewissen unterworfen. Allerdings wird das freie Mandat in der Realität durch eine Fraktionsdisziplin eingeschränkt.

Konkret auf Ihre Frage bezogen heißt dies: ich bin in meinen Abstimmungen frei! An die Fraktionsdisziplin kann, aber muss man sich nicht halten. Letztendlich kann ich meine Entscheidungen frei und ohne Zwang treffen.

5. Können Sie sich in Gesetzentwürfe einbringen oder dürfen Sie diese, um Ihren Listenplatz zu erhalten, nur abnicken?

Grundsätzlich kann ich mich als Abgeordnete des Deutschen Bundestages natürlich in Gesetzesentwürfe einbringen. Mit dem Erhalt des Listenplatzes hat dies rein gar nichts zu tun!

Kurz zu Erklärung: eine Gesetzesinitiative aus den Reihen des Bundestages kann nur von einer Bundestagsfraktion oder mindestens fünf Prozent aller Abgeordneten des Bundestages eingebracht werden. Demnach kann ein einzelner Abgeordneter so oder so keinen Gesetzesentwurf einbringen. Es müssen sich schon mehrere für ein und das selbe Thema stark machen.

Ich hoffe, Sie konnten sich nun ein noch umfassenders Bild von mir machen.

Herzlichst Ihre

Martina Stamm-Fibich

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