Frage an Matthias Miersch bezüglich Finanzen

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Matthias Miersch
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Frage von Klaus-Peter S. •

Frage an Matthias Miersch von Klaus-Peter S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Miersch,

nach der Bankenrettung, der vorläufigen Rettung eines insolventen Griechenland, werden Sie nun über Bürgschaften zur Rettung des Euro in Höhe von bis zu 160 Mrd. € abstimmen. Die Republik ist bereits mit insges. rd. 1,7 Bill. € verschuldet. Das Parlament ist offenbar nicht in der Lage, auch unseren Staat vor dem Bankrott zu bewahren, denn die Inanspruchnahme aus den eingegangenen Bürgschaften würde bereits jetzt ausreichen.
1. Frage: Können Sie den Bürgern alle Verpflichtungen und Bürgschaften der BRD auflisten, einschließlich der Verpflichtungen außerhalb des Kernhaushaltes?
2. Können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, erneut eine gigantische Transferverpflichtung - diesmal angeblich zur Stützung des Euro - zu beschließen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schinkel,

vielen Dank für Ihre Kontaktaufnahme über abgeordnetenwatch.de. Leider hat die Beantwortung Ihrer Frage nach den exakten Verpflichtungen der Bundesrepublik, die ich an das Finanzministerium weitergegeben hatte, etwas länger gedauert.

Ich kann Ihr Unverständnis nachvollziehen und auch für uns Abgeordnete dreht sich das Zahlenkarussell immer schneller. Waren bei der ersten Debatte für die Griechenlandhilfe 22 Milliarden Euro im Gespräch, sind es einige Tage später bereits 160 Milliarden Euro gewesen und die Bundesregierung scheint selbst über die Ergebnisse ihrer Verhandlungen überrascht gewesen zu sein.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich bei der Abstimmung über die Hilfe für Griechenland enthalten, da nicht gleichzeitig Maßnahmen getroffen wurden, um die Verursacher zu beteiligen und ähnlichen Entwicklungen vorzugreifen.

Zurzeit dreht sich die Debatte in Deutschland und auch allen anderen europäischen Staaten um Sparmöglichkeiten der öffentlichen Haushalte. Ich bin der Meinung, dass dieser Ansatz zu kurz greift. Öffentliche Ausgaben fließen verlässlich in Wertschöpfungskreisläufe, die es gilt, am Leben zu erhalten. Diese Kreisläufe sind dort unterbrochen, wo die teilweise gigantischen Gewinne von Unternehmen und Privatpersonen nicht erneut investiert werden, sondern in von der Realwirtschaft abgekoppelte Finanzwetten und --produkte fließen. Diese Entwicklung ist die Ursache für eine weitere Öffnung der Schere zwischen Arm und Reich und diese Entwicklung setzt auch die Wirtschaft unter Druck, die den enormen Renditeerwartungen nicht mehr folgen kann.

Ich hatte zu dieser Thematik den früheren Finanzminister Hans Eichel in meinem Wahlkreis. Dieser bezeichnete die Staatschuldenkrise nach Finanz- und Wirtschaftskrise als Stufe III der Krise. Problematisch ist die vielzitierte "Systemrelevanz" der meisten Akteure: Unser Bankenwesen ist eben vor allem ein unersetzliches Infrastruktursystem für Wirtschaft, öffentliche Haushalte und beispielsweise auch private Anlagen, so dass es Alternativen zu Bürgschaften und Unterstützungsmaßnahmen in den meisten Fällen nicht gibt.

Grundsätzlich muss in Zukunft aber vermieden werden, dass Gewinne privatisiert und Verluste und Risiken auf die Staaten übergehen. Auf ein global agierendes Finanzsystem muss eine global agierende Politik folgen.

Wie zu allen wichtigen Entscheidungen habe ich auch zur Griechenlandhilfe eine Persönliche Erklärung verfasst, die Sie auf meiner Internetseite www.matthias-miersch.de finden.

Nun zu Ihrer Frage nach den Verpflichtungen der Bundesrepublik:

Zum 31.12.2009 belief sich der Schuldenstand (als Kennzahl für die Kreditverpflichtungen) des Bundes einschließlich der Sondervermögen "Finanzmarktstabilisierungsfonds" und "Investitions- und Tilgungsfonds" auf 973.694 Mrd. EUR.

Die in Anspruch genommenen Gewährleistungsermächtigungen betrugen zum 31.12.2009 beim Bund 341,5 Mrd. EUR (gut 72 % des gesamten Ermächtigungsrahmens) und beim Finanzmarktstabilisierungsfonds 34,8 Mrd. EUR (§ 9 Abs. 1 FMStFG; dies entspricht knapp 50% des Limits dieser Ermächtigung).

Ich hoffe, Ihren Fragen gerecht geworden zu sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Miersch MdB

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