Frage an Michael Frieser bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik

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Michael Frieser
CSU
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Frage von Christina B. •

Frage an Michael Frieser von Christina B. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik

Sehr geehrter Herr Frieser.

Seit Beginn der Corona-Krise verbreiten die Medien täglich neue „Fallzahlen“ des Robert Koch-Instituts und täglich steigen diese Fallzahlen.
Das liegt in der Natur der Sache, es sind ja kumulierte Zahlen, sprich die Summe aller bisher positiv getesteten Menschen.
Festzustellen ist ein psychologischer Nebeneffekt dieser Zahlen: die Bürger im Land werden verunsichert, da stetig steigende Zahlen eine stetig steigende Gefährdung bedeuten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass von politischer Seite eine Panik und Angstmacherei unter den Bürgern Deutschlands gewünscht ist.
Daher frage ich sie, ob sich die Art der Berichterstattung der Medien zu den täglichen Fallzahlen nicht ändern lässt, um weitere Angst und Panik bei der Bevölkerung zu vermindern? Man kann doch sicher eine Regierungsempfehlung an die Medien geben, um eine beruhigendere Form der Berichterstattung zu haben? Zumindest bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die von der Bevölkerung finanziert werden!
Ein guter Arzt z.B. beruhigt seine Patienten und deren Angehörige mit Hilfe sachlicher Informationen und vermeidet es, die Menschen in Panik zu versetzen.
Zur Zeit gibt es in Deutschland 170.508 „bestätigte Corona-Fälle“ beträgt die Zahl der „aktiven“, also zur Zeit, an Covid-19 Erkrankten jedoch nur 15.775 – also noch nicht einmal ein Zehntel der Gesamtfallzahl – Tendenz seit Ostern stetig sinkend. Warum fristet diese Angabe nur ein Schattendasein und wird in täglichen Nachrichtensendungen nicht vermeldet?

Gemeldet werden die Zahlen zumeist in dieser Form: (aktuelles Bsp aus der Tagesschau)
„Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle in Deutschland steigt um 933 auf 170.508, wie Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) für Infektionskrankheiten zeigen. Die Zahl der Todesopfer steigt binnen 24 Stunden um 116 auf 7533.“
also eher Panik machend…

Wäre doch die folgende Meldung sachlich genauso richtig:
„Die Zahl der aktiv am Coronavirus erkrankten und positiv getesteten Bürger in Deutschland sank um 783 auf 15.775, wie Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) für Infektionskrankheiten zeigen. Die Zahl der genesenen Bürger stieg binnen 24 Stunden um 1.600 auf 147.200.“

...was die Bürger beruhigen würde und die Gesellschaft nicht spalten würde. In panische Menschen, die an eine Verschlimmerung der Situation glauben und durch ihre Angst am klaren Nachdenken gehindert werden. Und in Menschen, die anhand ihrer eigenen Denkfähigkeit solch irreführende Meldungen anzweifeln müssen und nicht wissen was sie noch glauben können.

Gerade in Krisenzeiten ist Solidarität sehr wichtig und ich fürchte uns steht viel schlimmeres bevor als „nur“ ein schlimmer Virus, da die Wirtschaft weltweit seit letztem Jahr einbricht und dies Problem durch die Corona.Maßnahmen nun um ein vielfaches verstärkt wurde. Oder wie sehen sie den aktuellen Stand der Dinge?

Während also die Meldung der Tagesschau suggeriert, die Infektionen würden stetig steigen, klärt die zweite Meldung sachlich auf, dass die Zahl der Covid-19-Erkrankten rückläufig ist. Und diese Entwicklung ist bereits seit dem Osterwochenende zu beobachten.

Laut den Zahlen des RKI betrug der Höchststand der aktiv Erkrankten am 7. April immerhin 64.318. Seit dem 11. April sinkt diese Zahl linear.

Insbesondere die Berichterstattung zu der „Reproduktionsrate“ ist aus gleich mehreren Gründen kritisch zu bewerten, diese Zahl bezieht sich auf die „Fallzahlen“.
Da die Fallzahlen jedoch stets aufgrund der Inkubationszeit und des Meldeverzugs „nur“ die Vergangenheit abbilden, werden die fehlenden Daten bei der Berechnung der Reproduktionsrate über intransparente Algorithmen ergänzt.

Wissen sie, wie schlüssig diese Berechnung ist? Sie erschließt sich Außenstehenden leider nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Christina Bauer

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Antwort von
CSU

Liebe Frau B.,

Vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich kann Ihr Anliegen nachvollziehen, teile Ihre kritische Einschätzung in Bezug auf die Berichterstattung zu den Fallzahlen jedoch nicht. In der Tat veröffentlicht das RKI in seinen Lageberichten weiterhin die Entwicklung der summierten übermittelten Infektionen. Ich gehe davon aus, dass sich diese Darstellungsform nicht zuletzt deshalb etabliert hat, weil die „Flatten the curve“-Strategie, die gerade zu Beginn der Pandemie in Deutschland in aller Munde war, eng damit verknüpft ist. Neben der kumulierten Zahl enthält der Lagebericht des RKI ebenso eine graphische Darstellung der täglichen Neuinfektionen. Hier ist der positive Trend (bis hierher), also der Rückgang der Neuinfektionen auf den ersten Blick ersichtlich.

Zahlreiche Medien beziehen sich auf die Rohdaten des RKI und erstellen hieraus eigene Tabellen und Diagramme. Berücksichtigt werden hierbei in der Regel die Gesamtzahl der Infektionen, Gesamtzahl der Genesenen, Gesamtzahl der Verstorbenen, (Durchschnittswerte) tägliche(r) Neuinfektionen, Veränderungen zum Vortag und weitere. Ich selbst habe nicht den Eindruck, dass in den vergangenen Tagen bzw. Wochen der positive Trend, den es glücklicherweise zu verzeichnen gibt, zu kurz kam. Unabhängig davon, dass ich als Politiker - zum Glück - ohnehin keinen Einfluss auf Form oder Inhalt der Medienberichterstattung habe, sehe ich im Allgemeinen keinen Anlass, die Arbeit der Medien im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie kritisch zu bewerten.

Die Reproduktionszahl R ist nur ein Parameter, um die Dynamik der Corona-Infektionen einzuschätzen. Sie ist in der Tat durch eine statistische Unsicherheit gekennzeichnet, weil Neuinfektionen verzögert eingerechnet werden. Grundsätzlich werden für die Berechnung die Neuinfektionen in vier Tagen mit den Infektionen in den vier Tagen zuvor ins Verhältnis gesetzt. Die aktuelle Reproduktionszahl bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa zehn Tage zuvor ab. Das RKI hat jüngst angekündigt nun zusätzlich den geglätteten R-Wert einzuführen, wobei hierbei die Schwankungen durch einzelne Hotspots nicht berücksichtigt werden und damit präzisere Aussagen über längerfristige Trends getroffen werden können. Nichtsdestotrotz bleiben die beiden Parameter nur ein Faktor von mehreren zur (politischen) Beurteilung der Lage.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Frieser

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