Frage an Michael Luther bezüglich Soziale Sicherung

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Michael Luther
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Frage von Ralf B. •

Frage an Michael Luther von Ralf B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Luther,

ich beschäftige mich schon seit längerem mit der Problematik bedingungsloses Grundeinkommen. Es gibt ja bereits mehrere Modelle der verschiedensten Parteien und in meinem Umfeld höre ich von jedem, dem ich von diesen Modellen erzähle, dass sie es spitze und super fänden. Bürokratieabbau, weniger Anträge stellen, sorgenfreiere Berufswahl, mehr Leute, die sich besser bilden könnten, da derzeit nicht jeder studieren kann, weil nicht jeder die Mittel dazu hat... usw. Finden Sie nicht, dass in einer Zeit, wo die Automation in der Produktion so weit vorgeschritten ist und Vollbeschäftigung eine Utopie ist, es an der Zeit wäre, ein Modell des bedingungslosen Grundeinkommens zum Wahlkampfthema zu machen?

mfg
ralf baron

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Baron,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 6. Februar zum Themenkomplex „Bedingungsloses Grundeinkommen“. Das sog. Bedingungslose Grundeinkommen ist ein sozialökonomisches Modell, nach dem der Staat jedem Bürger einen einheitlichen, gesetzlich festgelegten Geldbetrag zahlt, der in seiner Höhe zur Existenzsicherung ausreichend ist, und für den der Bürger keine Gegenleistung zu erbringen hat. Momentan werden in Deutschland verschiedene Modelle diskutiert, u.a. ein vom thüringischen Ministerpräsidenten Althaus (CDU) entwickelte Modell, das sog. Solidarische Bürgergeld.

Dieses sieht für jeden ein bedingungsloses Grundeinkommen von 800 Euro brutto vor (abzüglich 200 Euro für eine Basis-Krankenversicherung). Das Bürgergeld sinkt mit wachsenden eigenen Einkünften. Ab einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.600 Euro beträgt es dann 400 Euro. Alle staatlichen Transferleistungen sollen damit gebündelt werden. Verbunden ist das Konzept mit einer umfangreichen Umgestaltung („Systemwechsel“) in der Steuer- und Sozialpolitik. Finanziert werden soll das Konzept durch die Besteuerung des Einkommens.

Das Althaus-Modell würde Berechnungen zufolge dem Staat jährlich Kosten in Höhe von 583 Milliarden Euro verursachen. Das heutige System kostet den Staat durch die Zahlung von Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Rente, Kindergeld und ähnliche Sozialleistungen dagegen 735 Milliarden Euro pro Jahr. Damit wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen nach Althaus günstiger als das heutige System. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hat das Konzept von Althaus nachgeprüft und kommt zur Feststellung, dass das Konzept finanzierbar wäre.

Grundsätzlich finde ich den Gedanken eines solchen Grundeinkommens durchaus bedenkenswert. Für positiv halte ich neben der Kostenfrage die Aussicht, dass die staatliche Bürokratie in erheblichem Maße verschlankt wird und dass dadurch Personal und Ressourcen für andere Aufgaben frei werden, wie z.B. für Sozialarbeit, den Kampf gegen Schwarzarbeit, den Verbraucher- oder den Umweltschutz.

Problematisch sehe ich jedoch auch die Gefahr, dass das Bürgergeld Menschen dazu verführen könnte, sich endgültig aus der Arbeitsgesellschaft zurückzuziehen. Dies betrifft insbesondere Personen, die schon in zweiter oder dritter Generation von Sozialhilfe bzw ALG II leben. Persönlich halte ich die Gefahr durchaus für real, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen häufiger zur Untätigkeit verleiten könnte, da der materielle Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit sinken würde. Wenn sich insbesondere für Menschen mit bisher geringem Einkommen Arbeit materiell kaum lohne, würden sich unter anderem nicht mehr genug Menschen finden, um niedrig entlohnte und besonders unangenehme Arbeiten auszuführen.

Ich bin mir sicher, dass eine Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens mit den sich daraus ergebenden, möglichen Folgen noch weiter untersucht werden muss. Derzeit habe auch ich mir noch kein abschließendes Urteil gebildet. Dies gilt auch für die Meinungsbildung innerhalb der CDU und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eines feststellen. Ich bin nicht der Meinung, dass die Vollbeschäftigung eine Utopie ist. Staaten wie die Schweiz oder Neuseeland zeigen, dass es auch in einer modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft Vollbeschäftigung geben kann.

Ich bin mir natürlich der Tatsache bewusst, dass die Arbeitslosigkeit in unserem Land nach wie vor zu hoch ist. Dieser Umstand darf aber auf keinen Fall als unveränderlich hingenommen werden. Die Politik der unionsgeführten Bundesregierung kämpft vehement für den weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit. Auch wenn es noch viel zu tun gibt, haben wir schon erste Erfolge erzielt. Die Arbeitslosenquote ist derzeit die niedrigste seit 1995. Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt setzt sich fort. Das Beschäftigungswachstum hält auch 2008 an und die Arbeitskräftenachfrage bleibt auf hohem Niveau stabil.

Falls Sie noch weitere Informationen zu diesem Thema haben möchten, würde ich Sie bitten, sich an meine Kollegin, Frau Veronika Bellmann, die CDU-Abgeordnete Ihres Wahlkreises, zu wenden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Luther