Frage an Michael Luther bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Michael Luther
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Frage von Törk S. •

Frage an Michael Luther von Törk S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wann wird sich Ihre Partei für die Durchsetzung des Art.146 des Grundgesetzes einsetzen und warum hat Deutschland bis heute keinen Friedensvertrag?

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CDU

Sehr geehrter Herr Stachowiak,

vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie die Frage einer Volksabstimmung über das Grundgesetz und nach einem formellen Friedensvertrag zwischen Deutschland und den Siegermächten des 2. Weltkrieges aufwerfen. Grundsätzlich hätte ich mich in Ihrer Frage auch über einen ordentliche Anrede und einem kurzen Schlussgruß gefreut. Zumindest ich halte dieses im höflichen Miteinander für eine Selbstverständlichkeit.

Lassen Sie mich zu Ihren Fragen folgendes sagen:

1) Artikel 146 GG
In der ursprünglichen Präambel des 1949 in Kraft getretenen Grundgesetzes hieß es, dass das Grundgesetz nur in den damals bereits zur Bundesrepublik Deutschland gehörenden Ländern, d.h. damals also ohne das Saarland und die Länder im Gebiet der ehemaligen SBZ/DDR, und nur für eine Übergangszeit beschlossen worden war und seine Gültigkeit verlieren sollte, wenn eine andere, vom Deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossene Verfassung in Kraft treten würde.

Damit war nicht nur die damalige territoriale Selbstbeschränkung des Grundgesetzes auf das Gebiet der damaligen Bundesrepublik dokumentiert, sondern auch festgelegt, dass es seine eigene Geltung um des Ziels der Herstellung der Einheit in Freiheitswillen unter Vorbehalt gestellt hatte.

Neben dem damit offen gehaltenen Weg zu einer Wiedervereinigung über eine Neukonstituierung sah das Grundgesetz in seinem ursprünglichen Artikel 23 aber von vornherein auch die Möglichkeit vor, durch einen Beitritt der andere Teile Deutschlands die Einheit herzustellen und das Grundgesetz dort in Kraft zu setzen. Dazu passt auch die Aussage der Präambel, wonach das deutsche Volk in den 1949 mitwirkenden Ländern "auch für jene Deutschen gehandelt hat, denen mitzuwirken versagt war".

Wie Sie wissen, hat zunächst das Saarland, später auch die DDR nach der Wende und den ersten freien Wahlen zur Volkskammer am 18.03.1990 durch Beschluss der Volkskammer am 23. August 1990 mit 294 gegen 62 Stimmen bei 7 Enthaltungen den Weg über den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland gewählt. Infolgedessen wurde das Grundgesetz 1956 im Saarland und am 03.10.1990 im Gebiet der ehemaligen DDR in Kraft gesetzt.

Ebenfalls im Einigungsvertrag vereinbart und vom verfassungsändernden Gesetzgeber mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wurden darum die Verfassungsänderungen der Präambel und des Artikels 146. Die in der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes offen gehaltene Möglichkeit, dass mit ihm nur für eine Übergangszeit eine neue Ordnung geschaffen wurde, wurde 1990 gestrichen und durch die Feststellung ersetzt, dass die Deutschen in den seit dem 03.10.1990 zur Bundesrepublik Deutschland gehörenden Ländern in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet haben und dass das Grundgesetz damit für das gesamte deutsche Volk gilt.

Die Feststellung, dass das Grundgesetz nach der Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, ist darum heute auch Bestandteil des geltenden Artikels 146 GG. Eine Aufforderung an das Parlament oder das deutsche Volk, das Grundgesetz noch einmal zu beschließen oder über eine andere Verfassung abzustimmen, ist dieser Bestimmung nach der in der Rechtswissenschaft herrschenden Ansicht nicht zu entnehmen. Der verbliebene Hinweis, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tag verliert, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist, bedeutet nach herrschender Meinung lediglich den Hinweis auf die Möglichkeit einer späteren Verfassungsablösung und das Erfordernis, dass jede Verfassung, die das Grundgesetz ablösen wollte, durch eine freie Entscheidung des deutschen Volkes legitimiert sein müsste.

2) Friedensvertrag
Der 2. Weltkrieg endete in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945. Die Aufgabe eines Friedensvertrages, der die vollständige Souveränität Deutschlands regelt und die Grenzen Deutschlands endgültig festlegt, erfüllte schließlich der 2+4 Vertrag zwischen der DDR und der BRD sowie den alliierten Siegermächten des 2. Weltkrieges, der Sowjetunion, den USA, Großbritannien und Frankreich vom 12. September 1990.

Beim Verständnis der Rolle dieses Vertrages hilft eine Unterscheidung zwischen einem formellen und einem materiellen Friedensvertrag. Für einen formellen Friedensvertrag wären die Unterschriften aller Siegermächte, also auch der kleinen Staaten der Siegerkoalition notwendig. Darauf wurde 1990 bewusst verzichtet, um den Zeitplan der Regelung und nicht zuletzt der deutschen Einheit nicht zu gefährden. Materiell enthält der 2+4 Vertrag hingegen alle notwendigen Regelungen für einen Friedensschluss. Nicht zuletzt konstatiert er auch einen damals 45 Jahre währenden Friedenszustand.

In den Folgejahren hat sich gezeigt, dass sich auch die kleinen Siegermächte mit dieser Form des Friedensschlusses arrangiert haben. Ernsthafte Versuche, dies anzuzweifeln, gibt es nicht, und werden von Staats- und Völkerrechtlern auch künftig für praktisch ausgeschlossen gehalten.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Michael Luther