Frage an Michael Piazolo bezüglich Bildung und Erziehung

Prof. Dr. Michael Piazolo
Michael Piazolo
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Frage von Hermann F. •

Frage an Michael Piazolo von Hermann F. bezüglich Bildung und Erziehung

Guten Tag Herr Professor!

Und mit der Anrede sind sie schon als prädestiniert für die Beantwortung meiner Frage ausgewiesen. Bis 2012 soll die Zahl der Studenten an bayrischen Hochschulen von derzeit etwas 259.000 auf 330.000 steigen, was einfach demographischen Entwicklungen geschuldet ist. Als ob dieser erhebliche Anstieg der Studierenden nicht schon ausreichend wäre, kommt überdies noch ein doppelter Abiturjahrgang 2011 hinzu. Welche Maßnahmen empfehlen sie also, auch und speziell an den Münchner Hochschulen? Die Regierung möchte 3000 neue Stellen an Hochschulen schaffen - allerdings nicht nur Lehrpersonal, und überdies war im Gespräch, unter Umständen auch Lehrer vom Gymnasium an die Hochschulen zu verlagern. Da jene aber nicht die die entsprechende Qualifikation besitzen, eben nach der Struktur der Humboldt-Universität (was sich aber eh in der Auflösung befindet) zu forschen und zu lehren, d.h. sich in der Majorität in keiner Weise am wissenschaftlichen Diskurs beteiligen, würde das eine bedeutende Verschlechterung der Lehre an Universitäten ausmachen. Für welche Lösungen würden sie hinsichtlich eines Ausbaus der Stellen und der Lehre an den Universitäten eintreten? Wie wollen sie fähige zukünftige Akademiker davon überzeugen, auch 2011, im Jahr des Massenansturms, an einer bayrischen oder gar Münchner Universität zu studieren?

Prof. Dr. Michael Piazolo
Antwort von
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Sehr geehrter Herr Fischer,

die Herausforderungen, vor denen wir in der Hochschullandschaft in Bayern stehen, sind mannigfaltig. Erstens erwarten wir einen Ansturm an Studierenden, die insbesondere durch den doppelten Abiturjahrgang im Jahr 2011 einen Höchststand erreichen wird. Zweitens ist die Quote der Abiturienten, die sich für ein Studium entscheiden, in Bayern im internationalen Vergleich immer noch zu niedrig und in vielen Bereichen - insb. im Ingenieurwesen, den Maschinenbauern etc. - herrscht schon ein akuter Mangel auf dem Arbeitsmarkt. Drittens ist die finanzielle Ausstattung unserer Hochschulen immer noch zu schwach. Das führt zu teils maroden Gebäuden, teils zu Defiziten in Forschung und Lehre und teils zu Schwierigkeiten bei der Gewinnung von qualifiziertem Personal durch abgesenkte Bezüge. Vieles ist in den letzten Jahren unter dem Spardiktat der Landesregierung verschlafen worden. Die von der Bundesregierung gestartete Exellenzinitiative ist zwar zu begrüßen, stärkt aber im wesentlichen die Forschung, nicht die Lehre.
Was ist zu tun? Zum einen gilt es, sich intensiv der Lehre zuzuwenden und diesen Bereich massiv auszubauen. Der sog. akademische Mittelbau muss wieder gestärkt, ja eigentlich neu aufgebaut werden. Ich plädiere auch für die sog. Lehrprofessuren, die ihren Schwerpunkt in der Lehre haben. Desweiteren muss die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft vertieft werden. In vielen Bereichen geht die Forschung am Bedarf vorbei. Die Werbung in Richtung auf mehr Studierende sollte durchaus forciert werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Studienbedinungen verbessert werden. Dazu gehört auch, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Für viele Studierende sind diese abschreckend und lassen sich nur durch einen Nebenverdienst aufbringen. Dies hält aber wieder vom Studieren ab, was in den neuen Bacherlorstudien u.a. zu hohen Abbruchzahlen führt. Viele rechtliche Fragen sind auch verbindlich zu klären. Die Anerkennung der neuen Studiengänge sind teilweise - gerade für den Öffentlichen Dienst - noch offen. Das Verhältnis der Fachhochschulen zu den Universitäten müßte auch neu austariert werden. Da beide Hochschultypen die gleichen Abschlüsse anbieten, ist die strenge Unterscheidung nicht mehr geboten.
Sie sehen also, dass ein ganzes Bündel (ich konnte nur einige aufzählen) an Maßnahmen angebracht ist, um unsere Hochschullandschaft zu ordnen und für die Aufgaben der nächsten Jahre fit zu machen.

Viele Grüße
Michael Piazolo

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