Sehr geehrter Herr Roth, wie kann man an allen Energieimporten von Kriegsverbrechern festhalten und nicht darauf reagieren? Ist nicht ein langfristiger Vertrauensverlust teurer?
Sehr geehrter Herr Roth,
bitte wenigstens alle Ölimporte stoppen. In ein paar Jahren wird man fragen, warum man nichts gemacht hat und feststellen, dass man aus Kleinkrämerei und Angst nicht gehandelt hat. Gerade aus der deutschen Geschichte sollte man wissen, dass man mit einem diktatorischen, menschenverachtenden Regime nicht kooperieren / kollaborieren darf. Deutschland verliert Vertrauen spezielle in Osteuropa und dies wird uns in der Zukunft mehr kosten als ein jetziger Verzicht, z.B. auf Öl und endlich Waffenlieferungen genehmigen und nicht wochenlang warten. Jetzt Putin und allen Autokraten und Diktatoren eine schnelle und schwere Niederlage bescheren und der Ukraine auch mit Panzern und schwerem Gerät helfen. Zitat Rober Bosch: „Immer habe ich nach dem Grundsatz gehandelt: Lieber Geld verlieren als Vertrauen. Die Unantastbarkeit meiner Versprechungen, der Glaube an den Wert meiner Ware und an mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn. “
Sehr geehrter Herr Dr. S.,
für Ihre Frage zu einem Embargo für Energieimporte aus Russland danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung.
Acht Wochen dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine nun schon an. Uns allen gehen die furchtbaren Bilder der schweren Kriegsverbrechen in Butscha, Mariupol oder Kramatorsk nicht mehr aus den Köpfen. Und es steht zu befürchten, dass der Ukraine mit der nun begonnenen russischen Offensive im Osten des Landes das Allerschlimmste erst noch bevorsteht. Gemeinsam mit unseren Partnern in der EU und der NATO müssen wir jetzt alles tun, was militärisch möglich und politisch verantwortbar ist, um diesen schrecklichen Krieg zu beenden – stets unter der Maßgabe, dass wir dabei selbst nicht zur Kriegspartei werden. Deshalb ist es gut, dass Deutschland die Ukraine nun auch mit der Lieferung schwerer Waffen unterstützt. Wir müssen die Ukraine militärisch in die Lage versetzen, einer neuen russischen Großoffensive die Stirn bieten und perspektivisch auch weitere von Russland besetzte Gebiete befreien zu können.
Im gleichen Maße, wie wir die Ukraine noch viel mehr stärken müssen, müssen wir das russische Regime noch viel entschiedener schwächen. Die bisherigen fünf Sanktionspakete zeigen bereits Wirkung, doch am meisten treffen wir Putin, wenn wir ihm seine wichtigste Einnahmequelle nehmen, den Verkauf von fossilen Rohstoffen. Rund eine Milliarde US-Dollar fließt täglich durch Energieexporte in die russischen Staatskassen, der überwiegende Teil kommt aus der Europäischen Union. Deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung derzeit mit Hochdruck daran arbeitet, die deutsche Energieabhängigkeit von Russland schnellstmöglich zu verringern und unsere Energieversorgung auf eine breitere Basis zu stellen. Die EU-Staaten haben bereits beschlossen, dass ein Embargo für Kohleimporte aus Russland nach einer Übergangsfrist im August 2022 in Kraft treten wird.
Ich werbe dafür, dass wir noch einen Schritt weiter gehen. Denn das meiste Geld nimmt Russland mit dem Verkauf von Erdöl ein, daher muss hier der Hebel angelegt werden. Es braucht schnellstmöglich ein Embargo für Öl aus Russland. Das wäre im Vergleich zu Erdgas auch deutlich leichter umsetzbar, denn im Gegensatz zu russischem Gas lässt sich Öl ersetzen, indem wir es auf den Weltmärkten einkaufen. Zudem muss die EU eine internationale Allianz von Staaten schmieden, die die Öllieferungen aus Russland definitiv stoppt. Es wäre nämlich wenig gewonnen, wenn Putin verloren gegangene Einnahmen aus Europa und den USA mit neuen Energiepartnerschaften und gestiegenen Ölpreisen kompensieren könnte.
Ja, ein Importstopp von Öl wird auch hierzulande Folgen haben. Durch einen nationalen Kraftakt können wir das aber bewältigen. Deutschland ist in der Lage, auf Krisen zu reagieren, das haben wir in der Finanz- und in der Corona-Krise immer wieder unter Beweis gestellt. Wirtschaftliche und soziale Härten lassen sich durch die richtigen politischen Maßnahmen abfedern.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Roth