Wie stehen Sie zum Wahlrecht für ALLE?

Bunt geht es am Kulturzentrum Schlachthof in Wiesbaden zu.
Nadine Ruf
SPD
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Frage von Heinz H. •

Wie stehen Sie zum Wahlrecht für ALLE?

ALLE haben das Wahlrecht, unabhängig von seelischer und geistiger Beeinträchtigung, rechtlichem Status (Vormundschaft) und Altersdemenz! Alle? Nein, nicht alle: Menschen unter 18 sind davon ausgeschlossen; nur sie. Ist das ok?
Wahlrecht für ALLE https://www.naturfreundejugend.de/materialien/rubrik/-/show/277/aktives_wahlrecht_fuer_alle_kinder_und_jugendlichen/

Bunt geht es am Kulturzentrum Schlachthof in Wiesbaden zu.
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Haberkorn,

Für mich ist diese Frage nicht leicht zu beantworten, weil ich sowohl die eine, wie auch die andere Seite gut verstehen kann. Also deren Argumente.

Ich habe selbst drei Kinder (die Älteste wird jetzt acht Jahre alt) und ich bin mir sehr sicher, dass alle drei wüssten, was sie wählen würden. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie das tun, weil sie verstanden haben, um was es geht (zumindest im Detail) oder ob sie die Partei wählen, weil ich ihr angehöre. Wir reden viel über Politik und durchaus auch kritisch und differenziert. Aber reicht das, um tatsächlich eine eigenständige Meinung zu formen und selbständig zu wählen?

Ja, mir ist sehr wohl bewusst, dass auch Erwachsene gibt, die noch mit 50 Jahren nicht verstanden haben, worum es bei einer Wahl geht. Und es gibt 14-Jährige, die das sehr wohl wissen, die sich bspw. in der Schülervertretung engagieren, die Nachrichten verfolgen und genau wissen, welche Partei was ändern möchte.

Ich finde also durchaus nicht sehr überzeugend, dass das Wahlrecht nicht allein am Alter hängt bzw. hängen soll. Unfair ist es auch, weil in Deutschland mehr als 13 Millionen Kinder und Jugendliche leben. Ganz oft fühlen sie sich nicht ernst genommen. Zu Recht, wie ich finde.

Bei Wahlen geht es meist um die Zukunft. Und in der werden Kinder eben länger leben als diejenigen, die heute schon erwachsen sind.

Es gibt viele Vorschläge, das Wahlrecht zu reformieren. Ein Vorschlag, der häufig kommt: das Wahlalter überall zu senken – auf 16 Jahre, manche sagen sogar auf 14 Jahre. Immer wieder diskutiert wird auch das sogenannte Familienwahlrecht. Bis die Kinder 18 sind, hätten Eltern pro Kind eine Stimme mehr. Mit dieser Stimme sollen sie im Interesse ihrer Kinder abstimmen. Und dann gibt es noch die Idee, Wählen als Grundrecht zu verstehen (was es im Prinzip ja auch ist). Damit gäbe es keine Altersgrenze: Wenn man geboren wird, hat man eine Stimme. Weil ein Baby Politik aber wohl tatsächlich noch nicht versteht, würden Eltern für ihre Kinder wählen, bis diese das selbst tun möchten. Dafür müssten sie sich dann in das Wählerverzeichnis eintragen lassen.

Mich persönlich überzeugen zumindest die letzten beiden Vorschläge nicht. Woher wissen Eltern, was ihre Kinder wählen wollen? Was ist bspw., wenn sich das Kind bei Fridays for Future engagiert, die Eltern das aber konsequent ablehnen? Wählen dann Eltern wirklich so, wie ihre Kinder es gerne hätten?

Eine Absenkung des Wahlalters auf 16 kann ich mir sehr gut vorstellen. Bei 14 bin ich derzeit noch unsicher bzw. nicht entschieden. Eine weitere Absenkung kann ich mir hingegen nicht vorstellen.

Deutschland hat sich, wie fast alle Länder der Welt, der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet und dazu gehört auch, dass Recht, dass die Meinung von Kindern angehört werden muss. Dass das über das Wahlrecht geschehen muss, ist dort nicht festgeschrieben.

Es gibt durchaus Möglichkeiten Kinder zu beteiligen und zwar auch so, dass sie ernst genommen werden.

In Wiesbaden haben wir das Jugendparlament. Die Kinder und Jugendlichen dort haben Rederecht in den Ausschüssen und bringen auch Anträge ein, über die wir beraten und die auch schon Eingang in die Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung gefunden haben.

Fazit: Eine Absenkung des Wahlalters ist für mich sehr gut vorstellbar – zumal wir für Kommunalwahlen schon lange die Herabsetzung auf 16 fordern – allerdings würde ich nicht so weit gehen, dass auch Kinder schon wählen dürfen, weil ich eben (auch aus meiner Erfahrung als Mutter heraus) nicht glaube, dass das eine Entscheidung ist, die Kinder tatsächlich unbeeinflusst treffen.

Ich kann mir vorstellen, dass diese Antwort Sie nicht zufriedenstellt. Allerdings wäre es unredlich jetzt etwas anderes zu schreiben.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Nadine Ruf

 

 

 

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