Frage an Norbert Brackmann bezüglich Verbraucherschutz

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Norbert Brackmann
CDU
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Frage von Stefan D. •

Frage an Norbert Brackmann von Stefan D. bezüglich Verbraucherschutz

Die Diskussionen um TTIP gehen ja weiter. Insbes. wird argumentiert, dass besonders KMU-Unternehmen davon profitieren.

Nun bin ich ökonomisch nicht ganz unbewandert und stelle mir die Frage - nur mal exemplarisch - wie könnten die KMU-Gewerbetreibenden an meinem Wohnort Wentorf bei Hamburg von TTIP profitieren.

Also wie profitiert konkret

1. Der EDEKA Markt Krüger
2. Die Alarmzentrale Steinberg
3. Augen & Optik GmbH
4. Auto Vorbeck
5. Bergedorfer Zeitung
6. Bestattungen Ollrogge-Kleinert
7. Blumenbindekunst Ellen Inselmann
8. Buddenhagen Handelsgesellschaft (Elektromarkt)
9. Injoy Wentorf (Fitness Studio)
10. Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg
11. Oil Tankstelle
12. Oxhoft Weinhandel
13. Heinz Schröder GmbH Baustoffhandel
14. Spedition Günter Heiser
15. Rainer Zobel, Metallbau

Davon? Mir geht es dabei um konkrete Beispiele. Also nicht "billigerer Einkauf" oder "mehr Exportchanchen" sondern ganz konkret wie würden diese für Wentorf repräsentativen Unternehmen von TTIP profitieren?

Das ist mir obwohl ich mich schon länger mit dem Thema befasse nicht klar. Ich sehe hier für kein einziges KMU-Unternehmen einen Vorteil von TTIP. Profitieren tun meiner Ansicht nach nur die Großkonzerne.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Duphorn,

vielen Dank für Ihre kritischen Fragen zum Nutzen der transatlantischen Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen der Europäischen Union und den USA für Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU).

Viele von den von Ihnen aufgeführten Unternehmen arbeiten vermutlich regional beschränkt. Insbesondere Firmen wie Blumenbindekunst Ellen Inselmann, Bestattungen Olrogge Kleinert und das Injoy Wentorf Fitnessstudio werden wahrscheinlich nicht unmittelbar von einem Freihandelsabkommen mit den USA profitieren.

Um Ihnen zu verdeutlichen, wie auch KMU von TTIP profitieren können, müssen Sie sich zunächst den Sinn und Zweck des Abkommens vor Augen führen. Es geht vor allem darum, bestehende Handelshemmnisse (Zölle und Standards) zu beseitigen. Es sollen bürokratische Zulassungshürden abgebaut werden, die derzeit noch protektionistisch wirken. Dies kann gerade für KMU den Marktzugang erleichtern. Denen ist es oftmals aus zeitlichen, finanziellen und personellen Gründen nicht möglich, am lukrativen nordamerikanischen Markt zu partizipieren.

Im Rahmen von TTIP geht es um den umfassenden Abbau von Zöllen zwischen den USA und Europa. So sollen u.a. die Zölle für Industrie- und Agrargüter substanziell gesenkt werden. Trotz des geringen Durchschnittszolls hätte ein umfassender Zollabbau aufgrund des hohen Handelsvolumens hohe Kosteneinsparungen zur Folge. Zum Beispiel belaufen sich allein in der Automobilindustrie die Zölle auf ca. 1 Mrd. US-Dollar pro Jahr.
Die Europäische Union und Deutschland profitieren im hohen Maße von international frei handelbaren Gütern und Dienstleistungen sowie von grenzüberschreitenden Investitionen. Die EU ist der weltweit größte Exporteur und Importeur von Waren und Dienstleistungen, sowie einer der wichtigsten Investoren und Empfänger von Investitionen. Ihr Handelsvolumen mit dem Nicht-EU-Ausland hat sich allein zwischen 1999 und 2010 verdoppelt. Im Jahr 2013 betrug der Anteil der EU am weltweiten Exportgeschäft für Waren 15 Prozent. Der Wert der Ausfuhren an Waren und Dienstleistungen der 28 EU-Mitgliedstaaten betrug im Jahr 2014 rund 6 Billionen Euro. Auf die EU und die USA entfallen zusammen 30 Prozent des weltweiten Güterhandels. Der wichtigste Handelspartner der EU sind hierbei die USA. Die Direktinvestitionstatbestände der EU im Ausland betrugen im Jahr 2013 rund 4,9 Billionen Euro. Deutschland als drittgrößte Exportnation der Welt profitiert von diesen Entwicklungen im besonderen Maße.

Von all diesen Zahlen würden auch die KMU profitieren. So bringt es die weltweite Vernetzung von Arbeits- und Produktionsprozessen mit sich, dass viele Produkte und Vorleistungen nicht im Inland hergestellt werden. Hiervon könnte beispielsweise die Buddenhagen Handelsgesellschaft profitieren, wenn ein Elektroteil ausschließlich in den USA produziert wird und dadurch das Elektrogerät des Herstellers aus Deutschland dank Wegfalls der Zollgebühren am Ende günstiger angeboten werden kann. Vorteile dieser Art könnten mit TTIP sicherlich auch für andere von Ihnen aufgezählte Unternehmen erreicht werden.

Aber auch wenn das nicht der Fall wäre, so würden die Firmen zumindest mittelbar profitieren können. Der Abbau von Handelshemmnissen fördert den Handel größerer Unternehmen. Hierbei denke ich insbesondere an die zahlreichen mittelständischen Unternehmen in Deutschland, die mitunter noch als Familienunternehmen geführt werden und beispielsweise Zulieferer für die großen Konzerne sind. Denn wenn diese mittelständischen Unternehmen – und die großen Konzerne – investieren können, weil sie weniger unnütze Ausgaben für Zölle haben, profitieren auch die Zulieferer und letztlich die Kleinstunternehmen. Die Arbeitsplätze der Zulieferer und Großkonzerne werden gesichert. Sind die Arbeitsplätze sicher, kaufen sich die Menschen dann auch mal eine Bergedorfer Zeitung mehr oder greifen zu der teureren und regionalen Bioware beim Edeka Markt Krüger oder dem exklusiveren Wein im Oxhoft Weinhandel.

Zwar gibt es bereits jetzt regen Handel der deutschen KMU mit den USA. Zölle und nicht-tarifäre Hemmnisse stellen aber eine Behinderung des freien Handels dar und sind in vielen Branchen Überbleibsel merkantilistischer Wirtschaftspolitik. Diese sollen mit TTIP beseitigt werden und könnten eventuell sogar einem KMU den Weg zu einem Großkonzern der Zukunft ebnen.

Auch im Übrigen befürworte ich TTIP. Mit TTIP soll der größte zusammenhängende Wirtschaftsraum der Welt geschaffen werden. Westliche Demokratien können mit TTIP entscheidende strategische Weichen für das 21. Jahrhundert stellen. Dies gilt etwa für zukünftige globale Abkommen im Bereich des Handels oder im Klimaschutz beispielsweise mit China. Die Bundesregierung setzt sich für ein ausgewogenes, umfassendes und ambitioniertes Abkommen mit den USA ein, welches die hohen in der EU und in Deutschland geltenden Schutzstandards in den Bereichen Umwelt-, Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Sozialschutz sowie die öffentliche Daseinsvorsorge und die Wahrung der kulturellen Vielfalt sichert und auch den zukünftigen Gestaltungsspielraum in diesen Bereichen umfassend wahrt.

Der Deutsche Bundestag wird über den Stand der Verhandlungen laufend unterrichtet. Die CDU/CSU-Fraktion begleitet die Verhandlungen zu TTIP kritisch und mahnt gegebenenfalls Änderungen an.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Brackmann