Neubau ist 10 mal schädlicher als Fliegen. Bedenklich ist auch die Flächenversiegelung. Weshalb gibt’s hier kein Umdenken? Warum nutzen öffentliche Gebäude (Verwaltung, Schulen, Bahnhöfe) kein Solar?

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Omid Nouripour
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Frage von Holger R. •

Neubau ist 10 mal schädlicher als Fliegen. Bedenklich ist auch die Flächenversiegelung. Weshalb gibt’s hier kein Umdenken? Warum nutzen öffentliche Gebäude (Verwaltung, Schulen, Bahnhöfe) kein Solar?

Darüber hinaus hält sich das Argument hartnäckig, dass es nichts bringt, wenn wir in allen Bereichen klimaneutral spitze sind, wenn die Länder um uns herum unverändert weitermachen wie bisher. Das Klima macht ja nicht vor der Grenze halt und sagt sich: „Extremwetter nur noch in China, Russland und Amerika, weil in Europa alles klimaneutral ist.“

Ist das nicht die eigentliche Herausforderung? Also die Wirtschaft so politisch auszurichten und zu fördern, dass ausschließlich klimafreundliche Produktion gefördert und lukrativ sind? Wäre der Ausbau und die Sanierung eines bestehenden Gebäudes nicht zielführender als immer mehr neue Flächen zu erschließen/versiegeln?

Sollte Homeoffice nicht mehr im Fokus stehen, um insbesondere den Berufsverkehr und die Emissionen zu reduzieren. Immerhin gab die Pandemie einen Push, aber vielmehr auch nicht. Übrigens, Krankenhäuser sind ebenfalls sehr ernegieintensiv und Ressourcenschädlich. Innovative Lösungen zur Reduzierung der Kosten anstatt Personal?

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse an nachhaltigen Entwicklungen zum Schutz unseres Klimas.

Wir Grüne im Bundestag kämpfen für konsequenten Klimaschutz und wollen, dass Deutschland den 1,5-Grad-Pfad einschlägt, der im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen steht. Dafür muss Klimaschutz als Querschnittsthema alle Bereiche durchdringen – vom Energie- und Verkehrssektor über Industrie, Bauen und Wohnen bis hin zur Landwirtschaft.

Mit dem Stichwort Umbau greifen Sie ein wichtiges Zukunftsthema auf, das einen Paradigmenwechsel erfordert. Der Baukulturbericht 2022/23 (https://dserver.bundestag.de/btd/20/042/2004250.pdf) liefert wichtige Anhaltspunkte, um Möglichkeiten für den Wohnungsbau in bereits bebauten Flächen mit Vielfalt, Qualität und Dichte zu nutzen und so den Flächenverbrauch zu reduzieren. Wir begrüßen die wertvolle Arbeit der Bundesstiftung Baukultur, die den Bericht vorgelegt hat, und werden die Ideen und Lösungen weiterverfolgen. Indem wir beispielsweise Büros und Gewerbe zu Wohnungen umbauen, Häuser aufstocken, Dachgeschosse ausbauen, Flächen mit Wohnungsbau nachverdichten und Leerstandsflächen nutzen, können bis zu vier Millionen neue Wohnungen entstehen. Für den Klimaschutz, das Einsparen von wertvollen Ressourcen und die Verringerung von Flächenneuinanspruchnahme ist die Bestandsentwicklung durch Umbau ein wichtiger Beitrag. Der Bericht zeigt auf, wie die Forderung im Koalitionsvertrag beim Flächenverbrauch, das „30-ha-Ziel bis spätestens 2030“ der Bundesrepublik, mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden kann.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Baukulturbericht und unseren Zielen: https://www.gruene-bundestag.de/themen/bauen-wohnen-stadtentwicklung/mehr-umbau-statt-neubau-flaechen-sparen-klima-schuetzen

Im Koalitionsvertrag haben wir zudem zum Thema Flächenversiegelung vereinbart, das Nachhaltigkeitsziel der Bundesrepublik beim Flächenverbrauch mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen. Ein Beitrag hierzu ist, die Regelung des § 13b BauGB nicht zu verlängern. Unser Ziel ist eine Flächenkreislaufwirtschaft, sodass für jede neu in Anspruch genommene und versiegelte Fläche ortsnah entsiegelt wird. Dies kann durch finanzielle Anreize und rechtliche Erleichterungen für die Nutzung innerörtlicher Flächen erreicht werden. Wie der hohe Wert des Flächenschutzes im Einzelfall umgesetzt wird, muss im Rahmen der kommunalen Planungshoheit vor Ort entschieden werden.

Als Grüne Bundestagsfraktion setzen wir uns für mehr Nachhaltigkeit in allen Unternehmen ein, insbesondere dann, wenn eine Bundesbeteiligung besteht. Während wir nicht in die Einzelentscheidungen eines Unternehmens eingreifen können, können wir jedoch den rechtlichen Rahmen ändern. Derzeit liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, welche Anforderungen an Präsenz er stellt. Wir haben uns deshalb als Ampel vorgenommen, einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice für Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten einzuführen. Arbeitgeber*innen sollen dem Wunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen können, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Das heißt, dass eine Ablehnung nicht sachfremd oder willkürlich sein darf.

Für uns Grüne ist Selbstbestimmung über den Ort und die Zeit der eigenen Arbeit ein wichtiger Baustein einer modernen Arbeitswelt. Daher werden wir uns in der Koalition, aber auch darüber hinaus, dafür einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Team Nouripour

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