Frage an Otmar Bernhard bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

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Otmar Bernhard
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Frage von Conny P. •

Frage an Otmar Bernhard von Conny P. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Dr. Bernhard,

wir sind Mutterkuhhalter und haben bis vor zwei Jahren die Möglichkeit gehabt, unsere Schlachttiere auf der Weide zu schießen und nach dem Ausbluten in einem nahen Schlachthaus zerlegen zu lassen. Sowohl mein Partner als auch ich selbst sind im Besitz einer gültigen Schießerlaubnis nach der Tierschutzschlachtverordnung, wobei ich den Kurs hierfür einschließlich Erwerb der waffenrechtlichen Sachkunde erst letztes Jahr gemacht habe.

Seit Einführung des neuen EU-Hygienepakets ist jedoch das Töten von Rindern auf der Weide (auch mittels Bolzenschussapparat in einer Fanganlage) nicht mehr möglich, da durch einem hohen Juristen Ihres Ministeriums eine Weisung ergangen ist, wonach alle Schlachttiere lebend ins Schlachthaus zu verbringen sind. Begründet wird dies mit den neuen Hygienevorschriften. Ausnahmen sind nur für Wild, Wasserbüffel und Bisons möglich.

Wenn Mutterkuhbetriebe wie wir, die ihre Tiere ganzjährig im Freien halten, die Tiere nicht mehr auf der Weide töten dürfen, bedeutet das unvorstellbare Szenen beim Verladen der halbwilden Tiere, die oft mit Stahlseilen gewaltsam in den Anhänger gezogen werden, ganz zu schweigen vom Stress während des Transportes. Wer das nicht will, kann seine Tiere nicht mehr vermarkten.

Für uns gibt es nur eine vernünftige Lösung: das Töten der Tiere auf der Weide wieder zuzulassen. Es ist nicht einzusehen, warum dies in unserem Fall unhygienisch sein soll, während es für die erwähnten anderen Tierarten Ausnahmen gibt.

Übrigens ist das Töten ganzjährig im Freiland gehaltender Rinder auf der Weide in Baden-Württemberg bisher nicht untersagt worden - hier geht man offenbar immer noch davon aus, dass dies nach der Tierschutzschlachtverordnung zulässig ist. Also wieder einmal ein typischer bayerischer Alleingang?

Wie stehen Sie als bayer. Verbraucherschutzminister zu dieser Thematik? Was werden Sie tun, um den bayerischen Mutterkuhhaltern und damit auch deren Tieren zu helfen?

Mit freundlichen Grüßen

C. Pasch

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Pasch,

das geltende Recht bietet derzeit keine Möglichkeit, Weiderinder am Herkunftsort per Kugelschuss zu töten und anschließend in einen Schlachthof zu bringen. Entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 dürfen seit 01.01.2006 grundsätzlich nur lebende Schlachttiere in eine Schlachtanlage - dies kann auch eine mobile Schlachtanlage sein - verbracht werden. Die Verordnung sieht dabei nur folgende Ausnahmen vor:

* Notschlachtung von Tieren außerhalb eines Schlachthofes,
* die Schlachtung von Geflügel im Haltungsbetrieb und
* die Schlachtung von Farmwild und Laufvögeln am Herkunftsort.
* Unter Anwendung der Vorschriften für die Schlachtung von Farmwild am Herkunftsort dürfen Lebensmittelunternehmer unter außergewöhnlichen Umständen auch Bisons und Wisente am Herkunftsort schlachten.

Die im vormals geltenden Fleischhygienerecht enthaltene Möglichkeit, Tiere, die unter entsprechenden Bedingungen wie Gehegewild gehalten wurden, außerhalb zugelassener oder registrierter Betriebe zu töten und anschließend in einen registrierten Betrieb zu verbringen, ist somit entfallen. Die Hausschlachtung ist vom EU-Recht nicht geregelt. Für sie sind die Bestimmungen des Fleischhygienerechts weiterhin anzuwenden.

Mein Haus hat sich bereits mit Schreiben vom 29.12.2006 sowie zusammen mit Thüringen und Baden-Württemberg mit Schreiben vom 07.02.2007 an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gewandt und gefordert, dass rechtlich wieder eine Möglichkeit geschaffen wird, extensiv gehaltene Rinder auf der Weide - auch durch Kugelschuss - zu schlachten und anschließend in einen Schlachthof zu bringen.

Eine entsprechende Regelung wurde in den Entwurf für eine Verordnung zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts aufgenommen. Die Verordnung muss durch die EU-Kommission notifiziert werden und kann erst dann erlassen werden. Sofern alles planmäßig verläuft, wird dies voraussichtlich im ersten Halbjahr 2009 der Fall sein.

Bis dahin sind die derzeitigen Vorschriften der EU-Verordnungen anzuwenden. Auch wir bedauern, dass die Änderung des Rechts in diesem Fall so lange dauert. Eine Beschleunigung des Verfahrens ist uns aber nicht möglich, da für die Änderung das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zuständig ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Otmar Bernhard