Frage an Otto Fricke bezüglich Finanzen

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Otto Fricke
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Frage von Carsten T. •

Frage an Otto Fricke von Carsten T. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Fricke,

mit Schrecken lese ich, dass die Bundesregierung wieder das Geld der deutschen Steuerzahler verwenden will, um Griechenland zu "retten" oder, die Wahrheit gesagt, das europäische Bankensystem zu retten und die Boni der Banker zu erhalten.

Die deutsche Regierung verstösst damit gegen den Vertrag von Lissabon (no-bailout-Klausel) und gegen die Interessen des deutschen Volkes. Es ist eine unheilige Allianz zwischen Banken und Regierungen entstanden, deren Motto zu sein scheint: "Ich (Regierung) rette dein System und ihr (Banken) leiht mir weiterhin Geld":

Der Einzige in Ihrer Partei, der diesen Betrug erkannt und angesprochen hat, ist Frank Schäffler.
Ich möchte Sie fragen, ob Sie ihn in seiner Forderung unterstützen werden, dass die nutzlosen Rettungsschirme und die Transferunion beendet werden und die Gläubiger der Staatsanleihen der PIIGS-Staaten endlich ihre Verluste selber tragen müssen?

Mit freundlichen Grüssen
Dipl.-Ing. Carsten Thiemann

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FDP

Sehr geehrter Herr Thiemann,

vielen Dank für Ihre Anfrage und natürlich Ihre Geduld. Das Thema "Eurorettung" beschäftigt meine Kollegen und mich seit Monaten sehr intensiv und ich kann Ihnen versichern, dass wir uns alle Entscheidungen in diesem Zusammenhang nicht einfach machen. Niemand kann prognostizieren, welche Lösung für diese Krise, die Richtige ist und das maße ich mir ebenfalls nicht an. Ich sehe jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Unterstützungsmaßnahmen, die in den vergangenen Monaten getroffen wurden, das Potenzial haben, das Vertrauen der Finanzmärkte in den Euro zu stärken.
Deutlich will ich jedoch sagen, dass es sich mitnichten um eine "Euro-Krise" handelt. Vielmehr muss man von einer Staatsschuldenkrise sprechen, denn erst die unsolide Finanzpolitik einzelner Mitgliedsstaaten hat zu einem Vertrauensverlust der Märkte und zu den krisenhaften Entwicklungen der vergangenen Monate geführt.
Die "unheilige Allianz zwischen Banken und Regierungen", wie sie es etwas apodiktisch formulieren, gibt es sicherlich nicht - eine Allianz der Politik zur Stabilisierung des europäischen Wirtschaftsraumes gibt es auf jeden Fall. Dass dies nicht ohne die Banken geht, ist sicherlich klar - dass die Politik ihre Entscheidungen unabhängig trifft, hoffentlich auch. Wenn sich also die Mehrheit der Abgeordneten für die Stabilisierung unseres Banken- und Finanzsystems einsetzt, dann tut sie dies im Interesse ihrer Bürger. Denn nur mit und nicht ohne die Banken können wir unseren Wohlstand in Europa aufrechterhalten. Die tatsächliche Bedeutung der Banken für die Volkswirtschaft zeigt sich darin, dass bei jedem Geschäft Geld fließt - und die Banken stellen diese Funktion sicher. Mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz und dem Sonderfonds zur Finanzmarktstabilisierung wurden die Banken nicht um ihrer selbst Willen gerettet, sondern letztlich die Volkswirtschaft insgesamt gestützt und sie vor noch größeren Schäden bewahrt. Wie die aktuellen positiven Zahlen zur Wirtschaftsleistung und zum Arbeitsmarkt zeigen, hat die deutsche Politik richtig gehandelt.
Mit Frank Schäffler teile ich sicherlich die ein oder andere Ansicht. In der Frage zum Europäischen Stabilisierungsmechanismus sind wir allerdings nicht einer Meinung.
Ich glaube an Europa und die Verantwortung unter den Mitgliedsländern und an das Ziel Hilfe zur Selbsthilfe, dass dem "Rettungsschirm" inne wohnt. Alle Hilfsmaßnahmen der EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfaszilität) werden auch in Zukunft unter strikten Auflagen für die Mitgliedsstaaten vergeben. Die betroffenen Länder müssen den Weg der Haushaltskonsolidierung und wirtschaftlichen Strukturreformen eigenständig gehen. Im Rahmen der EFSF ist es den Koalitionsfraktionen gelungen, einen umfassenden Parlamentsvorbehalt zu errichten, der sämtliche maßgebliche, die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages berührende, Entscheidungen von einer vorherigen Zustimmung des Parlaments abhängig macht.
Dabei gehöre ich nicht zu denjenigen, die sagen, diese oder jene Lösung ist die Richtige, sondern ich beziehe mich auf die Frage, welcher Lösungsweg mittelfristig der bessere für den deutschen Steuerzahler ist. Der Vorschlag, einfach die jeweiligen Staaten pleite gehen zu lassen, erscheint auf kurze Sicht richtig zu sein. Entspricht er doch, auch dem von mir getragenen Grundprinzip: Wer über seine Verhältnisse lebt, muss mit einer Insolvenz und den Folgen dieser Insolvenz leben.
Die Insolvenz selbst bei Griechenland, sehe ich, trotz aller Bemühungen der griechischen Regierung, als zwingend an.
Allerdings habe ich dem griechischen Rettungspaket damals deswegen zugestimmt, weil ich in Abwägung, der mir zur Verfügung stehenden Daten und Fakten davon ausgegangen bin, dass nur so ein Flächenbrand zu verhindern ist. Dieser Flächenbrand, und insofern haben Sie recht, hätte die Gläubiger der Staatsanleihen dazu gebracht, dass sie die Verluste hätten tragen müssen. Wer aber sind die Gläubiger der Staatsanleihen? Banken und Aktionäre der Baken? E sind eben auch, die Personen, die bei den Baken ihre Konten haben, es sind auch diejenigen die eine Lebensversicherung haben, eine betriebliche Altersvorsorge, einen Sparvertrag bei einem Versorgungswerk oder eine Riesterrente.
Die Schwierigkeit für mich als Politiker ist, dass ich es darauf schlicht nicht einfach ankommen lassen kann und da habe ich so entschieden, wie ich es getan habe.
Mit diesem Ergebnis eines intensiven Abwägungsprozesses, ist es, so glaube ich, gelungen sowohl die Stabilität unserer gemeinsamen Währung und der Eurozone zu wahren, als auch die Interessen der deutschen Steuerzahler zu berücksichtigen. Das Risiko weiterer Stützungsmaßnahmen schätze ich in diesem Zusammenhang kleiner ein, als das, was unserer Volkswirtschaft und unserem Land drohte, wenn wir durch die Verweigerung von Krediten ein Zeichen gegen den Euro und Europa setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Otto Fricke

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