Frage an Peter Biesenbach bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Peter Biesenbach
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Frage an Peter Biesenbach von Petra M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Biesenbach,

es natürlich nur verständlich, dass Sie Ihre Wahlrechtsreformen schön reden möchten.

Mit der Nichteinführung des Kummulierens und Panaschierens haben Sie ein zentrales kommunalpolitisches Versprechen aus Ihrem Landtagswahlprogramm von 2005 gebrochen.

Ich habe noch ergänzende Fragen:

"wie z.B. die Verlängerung der Wahlzeit des Hauptverwaltungsbeamten und die Stärkung der ehrenamtlichen Ratsmitglieder "

Die Verlängerung der Wahlzeit der Bürgermeister wurde verlängert. Das ist richtig. Das halte ich auch für sehr gut. Warum aber wurde dabei auch die Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen abgeschafft? Damit haben Sie nur die position der beiden grossen Parteien gestärkt, da leider jetzt erfahrungsgemäss viele kleinere Parteien und Wählergemeinschaften auf die Aufstellung von eigenen Kandidaten verzichten. Das ist schade für die Demokratie.

Wie erfolgte denn konkret eine Stärkung der ehrenamtlichen Ratsmitglieder? Davon habe ich noch nichts gehört.

Ihre Aussagen zum Kummulieren und Panaschieren kann ich nicht nachvollziehen.

Gerade in den Städten und Gemeinden und das sind doch nach den bisherigen Aussagen Ihrer Partei die Keimzellen gemeinschaftlichen Lebens, haben Sie mehr Mitspracherecht durch die Bürger verhindert. Bei der Wahl für Stadt- und Gemeinderäte und Kreistage haben wir weiterhin nur eine einzige Stimme, mit der wir Kandidaten und Liste gleichzeitig wählen. Das haben Sie ja sogar für die Landtagswahl, wo Sie persönlich sich ja jetzt wieder zur Wahl stellen, geändert. Dort gibt es jetzt zwei Stimmen. Aber das verweigern Sie uns für die Komunalwahl zur gänze. Warum?

Bei allen Unterschiede in den Kommunalverfassungen: Wenn Kummulieren und Panaschieren bei der Wahl zum Stadtrat in der grossen Millionenstadt München oder auch in Stuttgart oder in Hannover oder in Frankfurt möglich ist, wird das auch in jeder Stadt in NRW funktionieren. Die Wähler verstehen das System sehr schnell!

Petra Müller

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CDU

Sehr geehrte Frau Müller,
haben Sie vielen Dank für Ihre weiteren Fragen zum Kommunalwahlrecht und zur Novellierung der Gemeindeordnung.
Der Stärkung des ehrenamtlichen Elementes der Kommunalverwaltung im Hinblick auf die Rechte der einzelnen Ratsmitglieder und ihrer Fraktionen dienen im Einzelnen:
. die Herabsetzung der Mindestgröße für Fraktionen (§ 56 Abs. 1 GO NRW),
. der Anspruch einer Gruppe im Rat ohne Fraktionsstatus sowie eines einzelnen Ratsmitgliedes auf angemessene finanzielle Ausstattung zur Vorbereitung auf die Beratungen im Rat (§ 56 Abs. 3 GO NRW),
. das Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht jedes Ratsmitgliedes (§ 55 Abs. 1, 3 GO NRW),
. das Akteneinsichtsrecht auf Antrag einer Fraktion (§ 55 Abs. 4 GO NRW),
. das Antragsrecht für Ratsfraktionen zur Gestaltung der Tagesordnung eines Ausschusses (§ 58 Abs. 2 GO NRW),
. die Einführung des Zählverfahrens Hare-Niemeyer bei der Verteilung der Ausschusssitze im Rat bzw. Kreistag (§ 50 Abs. 3 GO NRW, diese Regelung trat am 20.10.09 in Kraft),
. die Anpassung der Aufwandsentschädigung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten jeweils zu Beginn und zur Hälfte der Wahlzeit der Vertretung
(§ 45 GO NRW, insgesamt neu gefasst).

Die Stellung des Hauptverwaltungsbeamten haben wir durch die folgenden Änderungen gestärkt:
. Verlängerung der Amtszeit der kommunalen Hauptverwaltungsbeamten auf sechs Jahre (§ 65 Abs. 1 GO NRW, § 44 Abs. 1 KrO),
. Wegfall der Altersgrenze für Bürgermeister und Landräte, die nach In-Kraft-Treten des Gesetzes gewählt werden (§ 195 Abs. 4 LBG),
. Neuordnung der Entscheidungsgrenzen zwischen Rat und Bürgermeister (Erweiterung der Stimmrechte und Antragsrechte der Hauptverwaltungsbeamten (§ 50 Abs. 4 GO NRW); Begrenzung der Einwirkungsmöglichkeit des Rates auf die Geschäftsverteilung der Beigeordneten und Personalentscheidungen (§ 73 Abs. 1-3 GO NRW)).
. Außerdem ist hervorzuheben: Abkürzung des Verfahrens zur Abwahl eines Bürgermeisters oder Landrates, durch die Erklärung des Bürgermeisters, auf die Abstimmung durch die Bürger möge verzichtet werden
(§ 66 Abs. 2 GO NRW, § 45 Abs. 2 KrO).

Hinsichtlich der Wiedereinführung einer Stichwahl gebe ich Folgendes zu bedenken:
Bei Stichwahlen war die Wahlbeteiligung zumeist deutlich geringer als im ersten Wahlgang, so dass die demokratische Legitimation nicht unbedingt größer war als nach derzeitigem Stand. In gerade einmal 18 Prozent der letzten Oberbürgermeisterwahlen wurde ein Ergebnis von unter 40 Prozent erzielt, wobei das niedrigste Ergebnis 38,1 Prozent betrug; bei den Landratswahlen, wo das niedrigste Ergebnis 38,5 Prozent betrug, erhielten 96 Prozent der Kandidaten mehr als 40 Prozent der Stimmen. Bei den Bürgermeisterwahlen errangen ca. 93 Prozent mehr als 40 Prozent der Stimmen. Lediglich in einem Fall lag hier die Mehrheit unter 30 Prozent.
Auch nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshofes ist die demokratische Legitimation bei einer Wahl in einem Wahlgang mit relativer Mehrheit ausreichend gewahrt, da alle Kandidaten dieselben Chancen haben, die relative Mehrheit zu erringen.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Biesenbach