Frage an Peter Ramsauer von Josh von S. bezüglich Verkehr
Lieber Herr Ramsauer,
Sie sind einer der Unterzeichner der Drucksache 16/9070 vom 07.05.08 (Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD mit dem Titel ´Zukunft der Bahn, Bahn der Zukunft – Die Bahnreform weiterentwickeln´) - daher richte ich meine Fragen an Sie:
Jüngsten Prognosen zufolge soll der Börsengang zwischen 4 und 12 Milliarden Euro an frischem Kapital einbringen. Davon geht ca. ein Drittel an den Bund.
1. Ist das soweit korrekt?
2. Wie und in welchem Zeitraum wird der Bund das Geld einsetzen?
Nach meinen Informationen ist die DB AG derzeit mit Schulden von ca. 60 Milliarden Euro belastet. Laut Aussage von MdB Horst Friedrich (FDP) sind seit 1994 240 Milliarden an Steuergeldern in den (damals schuldenfrei gestellten) Konzern geflossen. Das wären dann 240 geteilt durch 14 Jahre = ca. 17 Milliarden pro Jahr.
3. Sind diese Zahlen korrekt? Wenn nicht, nennen Sie bitte die korrekten Zahlen.
4. Wäre es falsch, zu behaupten, dass das Kapital aus dem Börsengang nicht einmal für ein Jahr Ausgaben ausreicht?
Bei diesen Zahlenverhältnissen kann in meinen Augen die Kapitalspritze aus dem Börsengang nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Da der Bund sowieso weiterhin Milliardenbeträge (an Steuergeldern) für die DB AG aufwenden muss, könnte der Konzern doch auch ohne die spärlichen Milliarden aus privatem Kapital auskommen.
5. Wären aus Sicht der DB AG Kredite des Bundes nicht günstiger als die Ausschüttung von Dividenden an private Investoren?
6. Könnten Sie mir bitte abschließend in 2-3 knappen Sätzen klar machen, in welcher Hinsicht der Börsengang für den Bund sinnvoll ist?
Antwort 6 bitte ohne die bereits gehörten Stichworte ´wettbewerbs- oder zukunftsfähig´, sondern eher mit Bezug auf die finanziellen Vorteile, die eine Entlastung von uns Steuerzahlern darstellen können.
Freundliche Grüße
Josh von Staudach
Sehr geehrter Herr von Staudach,
auf Ihre Anfrage nach Einzelthemen zur Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG kann ich Ihnen folgendes mitteilen:
Nach verschiedenen Berichten ist bei einer Teilprivatisierung der DB Mobility Logistics AG zu 25 % mit Einnahmen von ca. 4 – 6 Milliarden Euro zu rechnen. Nach den politischen Absprachen, wird davon ein Drittel direkt in den Bundeshaushalt fließen, ein weiteres Drittel wird für Investitionsmaßnahmen in Schienen und Bahnhöfen in Deutschland investiert und das letzte Drittel dient der Stärkung der Deutschen Bahn AG im internationalen Wettbewerb.
Das vom Deutschen Bundestag angeforderte Gutachten „Privatisierungsvarianten der Deutschen Bahn AG mit und ohne Netz“ (PRIMON) im Jahr 2006, stellt fest, dass in den letzten Jahren seit der Bahnreform 1994 mehr als 200 Mrd. Euro Haushaltsmittel in das Eisenbahnwesen insgesamt geflossen sind. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass ein großer Teil dieser Mittel für Schuldentilgung, Beamtenpensionen und Zahlungen des Bundes an die Länder zur Bestellung von Nahverkehrsleistungen erfolgt sind. Die prognostizierten Einnahmen wirken auf den ersten Blick tatsächlich eher gering, mit diesen Mitteln können aber viele wichtige Schienenprojekte, die bisher mangels Finanzmittel auf der Stelle treten, angegangen werden.
Viel wichtiger als die kurzfristigen Haushaltseinnahmen ist aber die langfristig wirkende Strukturentscheidung für mehr Wettbewerb auf der Schiene. Nur bei einer Privatisierung der Logistik- und Mobilitätsbereiche der Deutschen Bahn AG gelingt die Transformation vom Staatsmonopolisten Deutsche Bahn zu einem erfolgreichen Wettbewerber im europäischen Eisenbahnmarkt. Angestoßen durch die europäischen Vorgaben, werden die national abgegrenzten Eisenbahnmärkte in einen grenzüberschreitenden europäischen Eisenbahnmarkt überführt. Gerade auf diesen längeren grenzüberschreitenden Strecken hat das System Schiene sein größtes Wachstumspotenzial. Die DB Mobility Logistics AG ist hier sehr gut aufgestellt, um sich im europäischen Wettbewerb durchsetzen zu können. Bei den harten Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner, konnten wir unser wichtigstes Ziel durchsetzen, dass die Infrastruktur – Schienen, Bahnhöfe und Energieversorgung – zu 100 Prozent in der Hand des Bundes verbleibt. Der Verkehr auf der Schiene wird dagegen zunehmend im Wettbewerb bestellt.
Das erfolgreichste Element der Bahnreform von 1994, war die Regionalisierung des Nahverkehrs. Mit den vom Bund zur Verfügung gestellten Mitteln haben die Länder im Wettbewerb Schienenverkehrsleistungen eingekauft. So konnte in Bayern durch innovative Konzepte, wie z. B. den Bayern-Takt oder das Bayern-Ticket das Zugangebot ausgeweitet werden. Heute fahren in Bayern 40 % mehr Fahrgäste im Schienenpersonennahverkehr als vor der Bahnreform 1994. Gerade der Wettbewerb um Schienenverkehrsleistungen bietet dem Steuerzahler ein enormes Einsparpotenzial. Auf einzelnen Strecken in Bayern konnten z. B. die Kosten bei erhöhter Qualität um fast 90 % reduziert werden. Der Erfolg einer Marktwirtschaft ist es, dass das Ringen um die beste und effizienteste Lösung immer im Wettbewerb geschieht. Wenn der Staat aber gleichzeitig Eigentümer eines Wettbewerbers ist besteht immer die Gefahr, dass es politische Einflussnahmen zugunsten des eigenen Unternehmens und zu Lasten des Steuerzahlers gibt.
Ich bin davon überzeugt, dass durch den geplanten Schritt einer Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG eine Renaissance der Schiene eingeleitet wird. Bereits jetzt führen die eingeleiteten Strukturveränderungen innerhalb der DB AG zu der politisch gewollten stärkeren Trennung von Schienennetz, das der Daseinsvorsorge dient und den im Wettbewerb befindlichen Verkehrsbranchen. Wann der politisch beschlossene Börsengang der DB Mobility Logistics AG dann tatsächlich stattfinden kann, hängt von der Situation des internationalen Finanzmarktes ab.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Peter Ramsauer MdB