Frage an Petra Pau bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Petra Pau
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Frage von Hermann F. •

Frage an Petra Pau von Hermann F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Pau ,
Ich schätze Sie als aktive Politikerin , bin jedoch nicht immer mit Ihnen einer Meinung .
Dieses Wochenende haben sich einige Ihrer Genossen unanständig gegenüber Altkanzler Helmut Schmit geäußert , nur weil der Herrn La Vontäne als guten Redner bezeichnet hat . Ich halte das für unerhört.
Wollen Sie diese Ausrutscher einiger Ihrer Genossen so hinnehmen oder wird eine Entschuldigung gegenüber Herrn Schmidt von der LINKEN zu erwarten sein ? Ich jedenfalls gehe davon aus , daß Herr Schmidt sich um Deutschland verdient gemacht hat . Bisher kann ich in Ihrer Partei keinen erkennen von dem ich das sagen würde. Also Frage : Kommt eine Entschuldigung oder halten Sie diese Art der Beleidigungen für richtig?

MfG
Hermann Fuchs

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Sehr geehrter Hermann Fuchs,

möglicherweise war ich sogar die erste aus der Linkspartei, die die Äußerungen von Alt-Kanzler Helmut Schmidt kritisiert hatte. Ausgangspunkt war ein langes Interview mit ihm in der "Bild am Sonntag". Neben vielem anderen enthielt es Äußerungen, die Oskar Lafontaine mit Adolf Hitler verglichen.

Ich habe dazu in einer Presseerklärung zweierlei gesagt:

1. Es gibt Vergleiche, die für Demokraten schon im Ansatz Tabu sein sollten, weil sie letztlich das NS-Regime verharmlosen und Millionen Opfer verhöhnen.

2. Leider neigen Politiker aus dem Westen Deutschlands immer wieder zu derart unsäglichen Entgleisungen. Nun auch Helmut Schmidt. Das gibt zu denken.

Dazu stehe ich nach wie vor. Hitler steht synonym für den Holocaust und für 50 Millionen Tote im 2. Weltkrieg. Und der Vergleich mit ihm, und sei es auch nur im Detail oder als interpretierbare Andeutung, halte ich politisch für fatal.

Leider hat sich Helmut Schmidt damit in eine Reihe ähnlicher Äußerungen eingereiht. Ich hätte es von ihm nicht erwartet. Aber vielleicht erinnern sie sich:

Innenminister Schäuble rückte jüngst die Gegner der Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten in Hitler-Nähe. "junge-Welt"-Autor Elsässer polemisierte so gegen die Grünen Roth und Bütikofer. Und mit demselben Dreh, wie nunmehr Helmut Schmidt, sprach Altkanzler Kohl seinerzeit in einem Atemzug von Gorbatschow und Goebbels.

Die Aufzählung ließe sich ohne Mühe erweitern. Und fast immer sind es Politiker oder Journalisten aus der Alt-BRD, die sich so äußern. Ich halte das für falsch und für gefährlich, siehe Presseerklärung.

Nun las ich inzwischen auch, dass sich andere aus meiner Partei gegen die aktuellen Äußerungen von Helmut Schmidt geäußert haben - im Ton sehr aggressiv und in der Aussage sehr persönlich.

Ich hätte das nicht getan. Weil es nicht meinem Politik- und Kulturverständnis entspricht und weil es in der Sache auch nichts hilft. Aber das müssen meine Fraktionskollegen selbst verantworten.

Interessant ist etwas anderes. Wieder waren es Politiker, die im Westen sozialisiert wurden und nun mit extrem harter Keule medial um sich keilten.

Und ebenso bemerkenswert ist: Ich bekam nach meiner Erklärung zahlreiche E-Mails voller Zorn. Ihr Tenor: Wer aus dem Osten komme, allemal aus der DDR, habe überhaupt kein Recht, sich kritisch zu Politikern des Westens zu äußern.

Und wir sehen: "Da wächst zusammen, was zusammen gehört", wie Willi Brandt gern sehr verkürzt zitiert wird. Und das ganz demokratisch, wie die empörten E-Mail-Schreiber sicher felsenfest von sich glauben.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau

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