Frage an Rosa Domm bezüglich Umwelt

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Rosa Domm
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Klaus-Peter S. •

Frage an Rosa Domm von Klaus-Peter S. bezüglich Umwelt

Hallo Frau Domm
Die Grünen fordern,dass auch alte Häuser aus dem Bestand durch Sanierungen dem KfW-55-Standard künftig zu entsprechen haben.Was haben Sie mit den Besitzern alter selbstgenutzter Häuser vor,die sich diese aufwendigen kostenintensiven Sanierungsmaßnahmen trotz staatlicher Zuschüsse, finanziell immer noch nicht leisten können.Welche Konzepte und Vorstellungen haben die Grünen für diese Mitbürger parat?
Gibt es Bestandsschutz?Drohen hohe Geldstrafen? Müssen die Betroffenen ihre Häuser (eventuell per Vorkaufsrecht?)an die Stadt verkaufen,oder drohen Zwangsversteigerungen? Was wird passieren?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Steinberg,

vielen Dank für Ihre Frage vom 14. Juli 2021 zum Thema Wärmewende.

Die Wärmewende spielt eine maßgebliche Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität, denn im Gebäudebereich liegt ein riesiges Potential, um CO2 einzusparen – das gilt es nun auszuschöpfen. Der Kfw-55-Standard ist als Zielkorridor zu verstehen, der selbstredend mit angepassten Förderkonditionen einhergeht. Wir entwickeln das Gebäudeenergiegesetz weiter, indem wir in einem ersten Schritt die energetischen Standards bei Neubauten auf KfW 40 und bei Sanierungen auf KfW 55 verbessern. Eine Ausnahme sind hier denkmalgeschützte Gebäude. Für diese gelten andere Regeln.

Um ein Gebäude energetisch für die Zukunft aufzustellen, kann auf eine Vielzahl von Möglichkeiten zurückgegriffen werden, die auch in Teilen umgesetzt werden können: Austausch der alten Ölheizungen durch z.B. moderne Wärmepumpen, Fensteraustausch, Dachdämmung, Photovoltaik, Solarthermie, und vieles mehr. Bei dem Austausch von Brennern werden auskömmliche Übergangsfristen eingeplant. Insgesamt wird bei jedem Gebäude eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen.

Sie sprechen den Fall an, dass Hauseigentümer*innen, die in ihrem eigenen Haus wohnen, sich keine Sanierung ihres Hauses leisten können. Diese Fälle treten insbesondere dann auf, wenn ältere Menschen mit geringer Rente in unattraktiven Lagen wohnen, die Sanierungskosten den Immobilienwert der Häuser übersteigen und Banken aufgrund des hohen Alters keine Kredite anbieten. Diese Fälle kennen wir und begegnen ihnen beispielsweise mit dem Aktionsprogramm Faire Wärme. Das Aktionsprogramm bietet Steuervergünstigungen und die Möglichkeit, einen kostenlosen Sanierungsfahrplan erstellen zu lassen. In diesem Fahrplan wird errechnet, ob und mit welchen Maßnahmen das betroffene Haus günstig saniert werden kann.

Beispielsweise ergibt es bei bestimmten Gebäuden Sinn, erst die Fenster auszutauschen und nicht direkt eine neue Heizung einzubauen. Wenn dann später doch eine neue Heizung eingebaut werden soll, dann ist diese aufgrund der neuen Fenster möglicherweise kleiner und günstiger. Hinzu kommt, dass das Aktionsprogramm eine zielgerichtete Förderung für genau diese Fälle einplant. Entsprechend wollen wir die Fördermittel für die Wärmewende von aktuell rund 3 auf 7 Milliarden Euro erhöhen. Natürlich gibt es immer wieder Härtefälle und Ausnahmen für energetische Sanierungen.

Die Sanierung des Gebäudebestandes ist eine Herkulesaufgabe, die uns die nächsten Jahrzehnte beschäftigen wird. Für viele Hausbesitzer*innen übersteigt das Finanzierungsvolumen eines solchen Eingriffes den Rahmen dessen, was „mal eben so“ nebenbei leistbar ist. Daher wollen wir diesen insgesamt mit staatlichen Geldern unterstützend unter die Arme greifen. Beispielsweise wollen wir mit unserem Klimaschutz-Sofortprogramm ein Förderprogramm für 2 Millionen hocheffiziente Wärmepumpen bis 2025 auflegen.

Wir müssen soziale Härtefälle verhindern, denn Wohnen ist ein Menschenrecht und muss allen zur Verfügung stehen. Dies gilt insbesondere für Mieter*innen – über 70% aller Hamburger*innen wohnen zur Miete und haben kaum Einfluss auf die energetische Sanierung ihres Gebäudes. Gleichzeitig müssen sie zurzeit die Heizkosten tragen. Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die Mieter*innen abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld, ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben. Hinzu kommt, dass im Hamburger Koalitionsvertrag an einem Preisversprechen für die Bürger*innen festgehalten wurde: Es darf zu keinen Preissteigerungen durch energetische Sanierung für Mieter*innen kommen, die über die sonstige Marktentwicklung hinausgehen.

Worauf Sie sich verlassen können, ist, dass niemand wegen Sanierungsmaßnahmen sein Haus verlassen muss. Klimaschutz geht nicht von heute auf morgen. Aber irgendwann und irgendwo müssen wir anfangen.

Mit freundlichen Grüßen

Rosa Domm

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