Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Monika G. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Bätzing,
besten Dank für die prompte Antwort.
Der Inhalt hat mich jedoch sehr enttäuscht, scheint für mich nur aus Floskeln (aus dem Kabinettsbeschluss oder der DB-Argumentation?) zu bestehen. Es entsteht nicht der Eindruck, dass sie sich mal eine einigermassen objektive Meinung eingeholt haben (Pro Bahn?).
Die Probleme der DB sind 2007 wirklich nicht mehr Thema. Auf meine Kernfragen haben Sie nicht gewantwortet:
Wie kann die DB das Netz geschenkt bekommen und der Bund das Netz zurückkaufen müssen?
Wie ist es möglich, dass die Qualität des Netzzustandes nicht gesichert wird?
Wieso werden die Länder zu machtlosen Bittstellern gemacht?
Welchen Nutzen hat die Bevölkerung davon? Die ständig verschlechterten Leistungen (besonders im Regionalverkehr) werden jetzt noch schlechter werden, weil die DB Gelder frei umschichten kann.
Mit freundlichem Gruß
Monika Groß
Sehr geehrte Frau Groß,
zunächst möchte ich mich bei Ihnen für Ihr Interesse um die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG bedanken. Weiterhin verweise ich auf meine E-Mail vom 9. August 2007, in der ich die Grundlage des jetzigen „Teilprivatisierungverfahrens“ deutlich gemacht habe.
Ich möchte nun detailliert auf Ihre gestellten Fragen eingehen:
„Wie kann die DB das Netz geschenkt bekommen und der Bund das Netz zurückkaufen müssen?“
Die Deutsche Bahn AG bekommt das Netz nicht „geschenkt“. Juristischer Eigentümer bleibt der Bund. Die Deutsche Bahn AG darf das Schienennetz bewirtschaften und bilanzieren. Zunächst ist dies auf 15 Jahre beschränkt. Fällt der Deutsche Bundestag in 15 Jahren keine neue Entscheidung dazu, fällt auch das „wirtschaftliche Eigentum“ wieder an den Bund zurück.
„Wie ist es möglich, dass die Qualität des Netzzustandes nicht gesichert wird?“
Im Moment ist mir nicht ganz klar, woher Sie diese Aussage haben. In §6 Abs. 1 (Der Infrastrukturzustands- und -entwicklungsbericht) des Entwurfes eines Gesetzes zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes (Drucksache 555/07) sieht folgendes vor:
„(1) Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes haben dem Bund jährlich bis zum31. März einen gemeinsamen Bericht über den Zustand der Schienenwege […] vorzulegen. Sie haben darin nachzuweisen, dass sie ihren Verpflichtungen auf Grund dieses Gesetzes unter wirtschaftlichem und zweckentsprechendem Einsatz der vom Bund bereit gestellten Mittel nachgekommen sind.“
Bei Pflichtverletzung sieht der Gesetzentwurf folgendes vor(§8 Pflichtverletzungen durch Nichteinhaltung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung Abs. 1):
„(1) Der Bund soll seinen jährlichen Zuschussbetrag ganz oder teilweise zurückfordern, wenn die Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes ihren Verpflichtungen aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung oder dem sie ersetzenden Verwaltungsakt nicht nachkommen.“
Pflichtverletzungen werden durch Leistungsklage oder Leistungsbescheid geltend gemacht. Durch diese Instrumente kann eine vorgegebene Netzqualität gesichert werden.
„Wieso werden die Länder zu machtlosen Bittstellern gemacht?“ Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel müssen zu mindestens 20% in die Infrastruktur des Nahverkehrs investiert werden. Dies geschieht in Absprache mit den einzelnen Bundesländern. An dieser Stelle kann man wohl nicht von „Bittstellern“ sprechen.
„Welchen Nutzen hat die Bevölkerung davon? Die ständig verschlechterten Leistungen (besonders im Regionalverkehr) werden jetzt noch schlechter werden, weil die DB Gelder frei umschichten kann.“
Betriebswirtschaftlich ist die Deutsche Bahn AG schon heute in ihren Entscheidungen im Prinzip frei. Eine Umschichtung zugunsten oder zuungunsten jeweiliger Betriebsbereiche obliegt schon jetzt der Konzernführung. Wenn man dies wiederum ändern möchte, sodass der Staat mehr Einfluss auf die Konzernabläufe nehmen würde, müssten auch die Bahnreform von 1993zurückgenommen werden.
Insgesamt kann ich Ihre Bedenken nachvollziehen und persönlich habe ich mich noch nicht über mein Abstimmungsverhalten bezüglich des Gesetzentwurfes entschieden. Der SPD-Parteivorstand hat in seiner Sitzung vom 20. August 2007 beschlossen, zunächst verbindlich zu prüfen, ob nicht ein „Volksaktienmodell“ für die Deutsche Bahn AG in Frage kommt.
Fakt ist, dass die Finanzbasis des Konzerns verbessert werden muss. Ein Unternehmen, welches weniger Schulden abbauen muss, kann mehr Geld in Infrastruktur investieren und dies kommt dem Fahrgast direkt zu Gute. Ich gebe Ihnen dahingehend Recht, dass ein Unternehmen, welches unter einem gewissen „Renditedruck“ durch einzelne Großaktionäre steht, auch bestimmte Unternehmensbereiche betriebswirtschaftlich optimieren möchte und darunter unter Umständen auch die Qualität leiden kann. Ich möchte aber nochmals an dieser Stelle deutlich machen. Im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf ist bereits im §1 ganz klar geregelt:
„(1) An der Deutschen Bahn Aktiengesellschaft (Deutsche Bahn AG) können sich neben der Bundesrepublik Deutschland (Bund) Dritte beteiligen, wobei die Mehrheit der Anteile beim Bundverbleiben muss.“
Nach der zu Ende gehenden Sommerpause werden wir dieses Thema sicherlich nochmals intensiv in der SPD-Bundestagsfraktion behandeln. Da das Parlament den Gesetzentwurf beschließen muss, sind Änderungen durchaus nochdenkbar.
Sofern Sie noch weitere Fragen haben sollten, so können Sie sich gerne an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing, MdB