Frage an Sabine Kurtz bezüglich Verkehr

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Sabine Kurtz
CDU
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Frage von Tom K. •

Frage an Sabine Kurtz von Tom K. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Kurtz,

Warum hält ihre Partzei die CDU an Stuttgart 21 fest, nachdem viele Gutachter es glaubhaft belegen dass die Kosten ins unermässliche steigen (Aktuelle Schätzung 10Mrd!!!) , und die Baurisiken u.a. duch die 60km langen Tunnel durch schwierges Gestein (Gipskeuper) nicht beherrschbar sind.

Des weiteren ist das von den Grünen und dem VCD erstellte Alternativkonzept "K21" mit Flughafen Anschluss und Neubaustrecke mit Kosten von Nur 1,2 Mrd. verbunden.

In angesicht der leeren Kassen sollte die Politik doch dieses Projekt vorziehen, und die eingesparten 2,9 Mrd besser in die Bildung stecken.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Köhn,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 18. September zum Thema "Stuttgart 21".

Die CDU-Landtagsfraktion steht zu Stuttgart 21. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Es ist sicher richtig, dass Stuttgart 21 mit einem Gesamtvolumen von 4,088 Mrd. Euro (Stand: Dezember 2009) nicht billig ist. Das Projekt trägt allerdings zu einer enormen Verbesserung der Infrastruktur bei, schafft Arbeitsplätze und steigert Wachstum und Mobilität. Schätzungen gehen davon aus, dass durch Stuttgart 21 insgesamt pro Jahr über 1 Mrd. Pkw-Kilometer vermieden werden können; dies entspricht einer Einsparung von über 175.000 Tonnen CO2 pro Jahr. Durch die verbesserte Erreichbarkeit lässt sich ein dauerhafter Wertschöpfungszuwachs von rd. 500 Mio. Euro pro Jahr prognostizieren. Gleichzeitig werden rd. 10.000 Dauerarbeitsplätze geschaffen. Durch den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof und die Neubaustrecke Stuttgart - Ulm werden die Fahrtzeiten teils erheblich verkürzt. Von der Stuttgarter Innenstadt kommt man künftig in nur acht Minuten zum Stuttgarter Flughafen - bislang benötigt man dafür 27 Minuten. Die Fahrtzeit zwischen Stuttgart und Ulm halbiert sich praktisch von 54 auf 28 Minuten. Von Böblingen wird man den Stuttgarter Flughafen künftig in 11 Minuten erreichen - bisher dauert die Fahrt 22 Minuten. Vor allem Pendler werden vom Neubauprojekt erheblich profitieren, da das Bahnangebot im Fern- und Regionalverkehr deutlich ausgeweitet werden kann. Vor dem Hintergrund dieser Vorteile halte ich die Gelder für absolut sinnvoll investiert.

Mit der oben angesprochenen Kostenberechnung ist der Kostenrahmen der Finanzierungsvereinbarung vom April 2009 gewahrt. Es ist richtig, dass heute niemand garantieren kann, dass Stuttgart 21 genau mit diesem Betrag abgerechnet wird. Jedoch sind die von den Projektgegnern genannten Zahlen nicht nachvollziehbar. Die Landesregierung geht davon aus und erwartet, dass die in der genannten Finanzierungsvereinbarung enthaltenen Beträge auch im weiteren Verlauf der Baumaßnahme im Wesentlichen eingehalten werden und die Bahn dies durch eine entsprechende materielle und personelle Ausstattung der Projektsteuerung und Projektorganisation sicherstellt. Bei der Neubaustrecke ist der Baukostenzuschuss des Landes auf 950 Mio. Euro „gedeckelt“. Kostensteigerungen würden zu Lasten des Bundes gehen.

Unabhängig von den erwähnten Vorteilen wäre ein Ausstieg des Landes aus dem Projekt Stuttgart 21 schwierig bis unmöglich. Dies würde einen eindeutigen Vertragsbruch bedeuten und Schadensersatzzahlungen an die Bahn in Höhe von vermutlich 1,4 Mrd. Euro nach sich ziehen - ohne dass es dafür irgendeine Gegenleistung gäbe. Ein Ausstieg aus dem Projekt würde am Ende voraussichtlich mehr kosten als dessen Realisierung, da die verkehrspolitisch unumstrittenen Teile von Stuttgart 21 wie die Flughafen-Anbindung für Fernzüge und der neue Albaufstieg ohnehin gebaut werden müssten. Bei einer Absage an Stuttgart 21 müssten diese Teile dann aber ganz neu geplant werden und das Genehmigungsverfahren noch einmal durchlaufen.

Zu den Baurisiken ist festzuhalten, dass die Untergrundverhältnisse in Stuttgart bestens bekannt sind. Beim Bau von Stuttgart 21 kann auf die Erfahrungen früherer Tunnelbauvorhaben - beispielsweise aus dem Bau der S-Bahn Ende der 70er Jahre oder dem Bau der Stadtbahn Ende der 60er bis Ende der 70er Jahre - zurückgegriffen werden. Zudem wurden zahlreiche Untersuchungen vor und während der Planfeststellung zu Stuttgart 21 durchgeführt. Die Befürchtung, der Bahnhof könnte eventuell überschwemmt werden, ist unbegründet. Auch die Behauptungen, es könnten Krater entstehen, Häuser einstürzen und dadurch Menschenleben gefährdet werden, sind unseriöse Panikmache. Solche Behauptungen entbehren einer soliden Grundlage und sind fachlich nicht fundiert. Alle Beteiligten gehen bei der Umsetzung des Projekts mit größter Sorgfalt zu Werke.

Die Gelder, die Bund und Bahn für Stuttgart 21 zugesagt haben, sind für Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen zweckgebunden. Dies bedeutet, dass diese Mittel bei einem Verzicht auf das Projekt in Verkehrsvorhaben anderer Bundesländer fließen würden und damit für Baden-Württemberg verloren wären. Eine Umschichtung dieser Mittel, z.B. in die Bildungspolitik, wäre gar nicht möglich.

Das Bahnprojekt Stuttgart - Ulm ist mit der Streckenführung von Stuttgart über die Fildern nach Wendlingen und nach Ulm ohne Alternative. Nur mit dieser Linienführung ist eine direkte Anbindung des Flughafens mit einem Flughafen-Bahnhof an die Neubaustrecke nach Ulm realisierbar. Für das oft als die bessere Alternative dargestellte „K21“ gibt es derzeit keine Planungen und keine Linienführung. Klar ist aber: „K21“ würde massive Eingriffe durch neue Gleise auf der Bestandsstrecke in dicht besiedeltem Gebiet im Neckartal bedeuten, verbunden mit zusätzlichem Lärm für tausende Bürgerinnen und Bürger. Auch die Finanzierung wäre völlig offen. Der Zeitverlust für eine dringend erforderliche Verbesserung der Schieneninfrastruktur wäre immens. Folge dieses erheblichen Zeitverlustes - die Planungs- und Realisierungszeit beträgt zwei bis drei Jahrzehnte - wäre, dass weite Teile des Landes in einen „Verkehrsschatten“ geraten würden, da sich die Fernverkehre dann andere (schnellere) Wege suchen würden (Strecke Frankfurt - Würzburg - Nürnberg - München). Insgesamt wäre bei "K21" mit nur geringfügig geringeren Kosten als bei Stuttgart 21 zu rechnen - bei deutlich geringerem Nutzen. Vor diesem Hintergrund ist Stuttgart 21 für mich - auch und gerade im Vergleich zu "K21" - im wahrsten Sinne des Wortes "ohne Alternative".

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Kurtz

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