Frage an Sabine Kurtz bezüglich Finanzen

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Sabine Kurtz
CDU
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Frage von Dieter K. •

Frage an Sabine Kurtz von Dieter K. bezüglich Finanzen

Sind Sie gewillt, für die vollständige Trennung von Kirche und Staat einzutreten, wie sie im Verfassungsauftrag vorgegeben ist und als Folge die Finanzierung der Kirchen einzustellen?

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CDU

Sehr geehrter Herr Kaiser,

für Ihre Anfrage vom 11. Oktober 2012 danke ich Ihnen.

Das Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften ist in Deutschland im Grundgesetz und in der Landesverfassung geregelt. Es ist geprägt von der Religionsfreiheit, der Trennung von Staat und Kirche und dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. Der Staat ist zu religiöser Neutralität verpflichtet, unterstützt in den dadurch gesetzten Grenzen aber auf vielfältige Weise die Bürger in ihrer Religionsausübung. Schon der Gottesbezug in der Präambel des Grundgesetzes verweist darauf, dass es in Deutschland keine radikale Trennung gibt, bei der staatliche Einrichtungen oder staatliches Handeln im Sinne des Laizismus „religionsfrei“, also frei von allen religiösen Bezügen, Elementen, Prägungen oder Zeichen sein müssen. Religionsgemeinschaften müssen gleichbehandelt und in gleicher Weise gefördert werden.

Da sich die Aufgabenbereiche von Staat und Kirche überschneiden und sie zahlreiche Bereiche des öffentlichen Lebens in gemeinsamer Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen – z.B. Bildung, Erziehung, Betreuung und Krankenpflege – sind Staat und Kirche auf Kooperationen angewiesen. Deshalb gibt es im Bereich der sog. „gemeinsamen Angelegenheiten“ (res mixta) gesetzliche oder vertragliche Regelungen, in denen Fragen wie Religionsunterricht, Förderung von christlichen Kindergärten und Schulen, Kirchensteuer, Denkmalschutz bei Kirchengebäuden, Militärseelsorge, Schutz von christlichen Feiertagen und theologische Fakultäten an staatlichen Universitäten geregelt sind.

Die Finanzierung der Kirchen erfolgt in erster Linie durch die Beiträge ihrer Mitglieder in Form der Kirchensteuer. Die entsprechenden Regelungen sind Ausdruck des besonderen Verhältnisses von Staat und Kirche in Deutschland. Die Kirchensteuer soll der Finanzierung der kirchlichen Aufgaben dienen und die kirchliche Autonomie sichern.

Als Folge der Säkularisation von Kirchengut, vor allem durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803, sind Entschädigungen (sog. Staatsleistungen) an die betroffenen Kirchen zu leisten. Die regelmäßigen Zahlungen des Staates heute sind nur ein Ersatz für den Ertrag aus den eingezogenen Kirchengütern, keine Entschädigung für deren Substanz. In Baden-Württemberg ist die Höhe der Staatsleistungen im Evangelischen Kirchenvertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und den Evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg geregelt, der zum 10. April 2008 in Kraft getreten ist.

Die Zahlung der Gehälter der kirchlichen Amtsträger erfolgt aus Mitteln, die die Kirchen aus Kirchensteuern, Staatsleistungen und sonstigen Einnahmen erwirtschaften.

Ferner erhalten die Religionsgemeinschaften Zuschüsse etwa für Kindergärten, Schulen und Altenheime. Diese Zuschüsse erhalten die Religionsgemeinschaften im gleichen Umfang wie andere freie Träger auch.

Der Religionsunterricht ist gemäß Art. 7 Abs. 3 GG, Art. 18 Landesverfassung und § 96 Abs. 1 Schulgesetz für Baden-Württemberg an allen öffentlichen Schulen des Landes ordentliches Lehrfach (Pflichtfach). Er nimmt plurale Lebensverhältnisse, religiöse Phänomene und Sinndeutungsangebote auf. Er gibt Raum zur Wahrnehmung und Reflexion in individueller, gemeinschaftlicher und gesellschaftlicher Perspektive. Der Religionsunterricht steht nicht nur den christlichen, sondern allen Konfessionen offen; er leistet als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Religionsgemeinschaften einen eigenständigen Beitrag zum allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule.

Ich persönlich bin den Kirchen für Ihre Leistungen, gerade im sozialen, karitativen, kulturellen und religiösen Bereich sehr dankbar und sehe deshalb keinen Grund, eine Änderung des bestehenden Verhältnisses von Staat und Kirche herbeizuführen. Als Bildungspolitikerin weiß ich beispielsweise, welch hervorragende Ergänzung christliche Kindergärten und Privatschulen zum öffentlichen Schulsystem darstellen. Christliche Werte und Vorstellungen sind seit Jahrhunderten ein wesentlicher und prägender Faktor unserer Gesellschaft. Ich persönlich halte es für wichtig, christlich-abendländische Werte und Kultur auch weiterhin zu pflegen. Die Kirchen leisten hierbei einen wichtigen Beitrag.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Kurtz

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