Frage an Sahra Wagenknecht bezüglich Wirtschaft

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Sahra Wagenknecht
BSW
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Frage von Harry H. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Harry H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Wagenknecht,

meinem Vernehmen nach ist man auf EU-Ebene wieder soweit, Griechenland zusätzliche 60 Mrd. Euro Kredit - praktisch ohne jede Sicherheit - zu gewähren.
Diese Gelder sind aus meiner Sicht und nach menschlichem Ermessen weitgehend verloren.
Die zusätzlichen Gelder schieben die längst überfällige und konstruktive Lösung der Probleme nur auf (z.B. Schuldenschnitt 70% und Austritt Griechenlands aus der Eurozone.).
Es gibt keinerlei glaubwürdige Hinweise darauf, daß Griechenland in der Lage wäre, diese Summen zurückzuzahlen.
Deutschland soll (d. h. WIR sollen) verpflichtet werden, erhebliche Beträge davon zu zahlen.
Dies hat mittelfristig Auswirkungen auf:

a) Steuererhöhungen und/oder b) Kürzung von wichtigen Leistungen

Als Steuern zahlender Bürger, teile ich Ihnen auf diesem Wege mit, daß ich diese Dinge explizit nicht wünsche. Ich bitte Sie daher im Bundestag gegen solche Maßnahmen zu stimmen, bzw. hinsichtlich solcher unbilligen Vorgänge weiteren Schaden von der deutschen Bevölkerung abzuwenden. Welche Lösungsmöglichkeiten sehen Sie zu dieser Thematik?

Mit sonnigen Grüßen - ein Steuerzahler

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Holdack,

die Bundestagsfraktion DIE LINKE hat als einzige im Bundestag vertretene Partei die sogenannten Rettungspakete geschlossen abgelehnt. Aus den zur Verfügung gestellten "Hilfskrediten" ist bisher die gigantische Summe von über 200 Milliarden Euro an Griechenland ausgezahlt worden. Nahezu jeder Euro floss davon für Zinsen, Tilgungen oder Rekapitalisierungen des Finanzsektors an Banken und private Gläubiger. Für rund 90 Prozent der griechischen Staatsschulden haften jetzt die europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Bei den Menschen in Griechenland kam so gut wie kein Cent der sogenannten Hilfspakete an. Im Gegenteil: Die Kredite für Griechenland sind an brutale Kürzungs- und Privatisierungsprogramme geknüpft. Seit dem Beginn des ersten sogenannten Hilfsprogramms für Griechenland ist die Wirtschaftsleistung um 20 Prozent eingebrochen. Die Anzahl der Arbeitslosen stieg im selben Zeitraum um knapp 200 Prozent. Inzwischen sind rund 60 Prozent der Jugendlichen ohne Job. Durch die verordnete Rezession sind die Steuereinnahmen eingebrochen und die Schulden weiter gestiegen. Die Schuldenquote, also das Verhältnis aus Schulden und Wirtschaftsleistung, steigt unaufhörlich weiter.

Um den Schaden für die Allgemeinheit jetzt noch zu minimieren, müssten die Staatsschulden EU-weit durch eine einmalige Vermögensabgabe für Millionäre drastisch gesenkt werden, die EU-Staaten in einem festgelegten Rahmen von der Europäischen Zentralbank günstige Kredite erhalten und in Deutschland durch Investitionen und Lohnerhöhungen der extreme deutsche Exportüberschuss gesenkt werden. In meinem Buch „Freiheit statt Kapitalismus“ habe ich einen solchen konstruktiven Weg aus der Krise ausführlicher beschrieben.

Dagegen will die Bundesregierung offensichtlich durch ein weiteres sogenanntes Hilfspaket für Griechenland den Schaden für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch weiter erhöhen. Mit neuen Krediten zur Finanzierung der griechischen Zins- und Tilgungszahlungen werden die Schulden und damit die Kosten eines zukünftigen Schuldenschnitts weiter erhöht. Ich werde gemeinsam mit der Bundestagsfraktion DIE LINKE diese unverantwortliche Politik ablehnen.

Alles weitere zu diesem sehr aktuellen Thema können sie auf meiner Website http://www.sahra-wagenknecht.de/ nachlesen.

Mit freundlichen Grüßen
Sahra Wagenknecht

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