Frage an Sandra Ahrens bezüglich Finanzen

Sandra Ahrens
Sandra Ahrens
CDU
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Frage von Joachim L. •

Frage an Sandra Ahrens von Joachim L. bezüglich Finanzen

Für ca. 25000 Beamte und Versorgungsempfänger (Pensionäre, deren Witwen und Waisensollen) soll das Ergebnisse des Arbeitskampfes der Tarifangestellten übernommen werden. Allein die Ruhestandsbezüge kosten uns fast 500 Millionen €, Tendenz für 20 Jahre: steigend! Wer bietet dem Einhalt? Frau Sokol führt die Steigerung der Personalkosten auf 1,63 Milliarden € in ihrem Bericht richtig auf die Steigerungen der Pensionen zurück, da ja die Anzahl der Beschäftigten (auch Beamten gesunken wäre). Gefordert war die Übernahme des Abschlusses durchalle Gewerkschaften, von allen Parteien natürlich auch… wer legt sich schon als Parlamentarier mit den Beamten in der Verwaltung an?! Wählern mithin.
Seltsam nur: diskutiert man mit den Vertretern der Parteien an ihren Wahlständen und schneidet dieses Thema an, stimmen diese zu: Ja, es ist eine ungerechte Entwicklung zwischen Rente und Pension. Ja, es stimmt, dass eine 2,1%-Erhöhung der Gehälter z.B. bei einer Kita-Leiterin 60 € ausmacht, bei einem pensionierten Lehrer aber bis zu 90 € betragen kann. Ja, es stimmt, dass die Tarifangestellten durch ihre Tariferhöhungen ihre spätere Rente nur um wenige Euro steigern, aber ihr Arbeitskampf alle zwei Jahre zu immer weiter auseinanderdriftenden Versorgungen im Alter führt. Ein Durchschnittsrentner in Bremen wird im Juli eine Rentenerhöhung von 25 € erhalten, ein Durchschnittspensionär wird 60 € mehr an Altersbezügen bekommen
Besoldungsanpassungen für die Aktiven: JA
Mehr Polizisten und Lehrer: JA
Aber ein klares NEIN zur automatischen Erhöhung der Pensionen (erstritten durch Arbeiter und Angestellte) um ein Vielfaches der Rentenanpassung! Vorschlag: reduzieren der Pensionszuwächse auf die höchste erreichbare Rentensteigerung eines Bremer Rentners (Daten liefert die Rentenversicherung). Das entsprechende Besoldungsgesetz ist Ländersache. Die Partei, die das in Angriff nimmt, wird von mir im Mai gewählt! Werde ich „Nicht-Wähler“? Ihre Position?

Sandra Ahrens
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr L.,

ganz herzlichen Dank für Ihre Frage.

Sie haben Recht. Es gibt tatsächlich einige Unterschiede zwischen Beamten und Angestellten.
Um diese wirklich beurteilen zu können, müssen allerdings beide Systeme in Gänze miteinander verglichen werden, sonst kommt man in der Tat möglicherweise auf die Idee einer einseitigen Privilegierung von Beamten.
Beamte steht gegenüber seinem Dienstherrn in einem besonderen öffentlichen Dienst- und Treueverhältnis. Er erhält kein Gehalt sondern Alimente. Sein Arbeitsplatz ist sicher, und er darf auch zur Durchsetzung seiner arbeitnehmerähnlichen Interessen nicht streiken. Eines der wichtigsten "Arbeitskampfmittel" steht im daher nicht zur Verfügung. Beamte können jahrelang auf hoch dotierten Posten eingesetzt werden, ohne jedoch diese Besoldungsgruppe tatsächlich zu erreichen oder befördert werden zu müssen - losgelöst davon wie gut sie ihre Arbeit erledigen.
Angestellte bzw. Arbeitnehmer allgemein haben ein Streikrecht zur Durchsetzung ihrer Interessen und sind nach geltendem Recht innerhalb einer kurzen Zeitspanne entsprechend der festgelegten Tarifgruppe für diesen Arbeitsplatz auch zu entlohnen (sie sind also zwingend in gesetzlich vorgeschriebenen Abständen so lange zu befördern, bis sie ein Gehalt entsprechend der Arbeitsplatzbeschreibung erhalten).
Beamte zahlen keine Arbeitslosen- oder Rentenversicherung und sind, wenn Ihr Beruf besonders gefährlich ist und viele Verletzungen mit sich bringt über die freie Heilfürsorge (Polizisten, Feuerwehrbeamte) bis zum Eintritt in den Ruhestand abgesichert. Danach müssen Sie sich selbst versichern und müssen dafür vorher sog. Anwartschaften erwerben (d.h. monatlich zahlen um ab dem Renteneintritt gesetzlich versichert zu sein). Andere Beamte können sich zu 50% über die Beihilfe und zu 50% privat versichern bzw. müssen sich zu 100% selbst versichern (sog. freiwillig Versicherte). Die Letzt genannte Gruppe zahlt also den Arbeitnehmer und den Arbeitgeberbeitrag aus eigener Tasche!
Arbeitnehmer/ Angestellte zahlen einen 1/2 Krankenkassenbeitrag.

Der Staat hat gegenüber den Beamten eine Fürsorgepflicht. Das beinhaltet eine angemessenen Besoldung und Versorgung der Beamten und ihrer Familie im aktiven Dienst und während der Pensionsphase. Das bedeutet, dass Steigerungen der Lebenskosten auch Beamten ersetzt werden müssen. Die Tariferhöhungen, die Angestellte und Arbeitnehmer erkämpfen sind daher auf Beamte und Pensionäre zu übertragen. In den letzten 15-20 Jahren wurde dies jedoch häufig zeitversetzt übernommen oder nur teilweise und hatte damit materielle Nachteile für die Beamten. Die Deutsche Steuergewerkschaft hat zum Beispiel errechnet, dass sich diese Verzögerungen, nur teilweisen Übernahmen etc. auf bis zu 25% inzwischen summieren. Beamte bekommen entsprechend der letzten erreichen Besoldungsstufe und der geleisteten Jahre einen Prozentsatz davon ausgezahlt (nicht befördert zu werden, schlägt also überproportional auf die Pensionshöhe durch). Angestellte/Arbeitnehmer erhalten dagegen eine Rente die sich aus Versicherungsjahren und dem Durchschnitt der in den Jahren gezahlten Gehälter zusammen setzt.

Beamte müssen 100% Ihrer Pension versteuern. Angestellte und Arbeitnehmer als Rentner nur mit einem Prozentsatz. Das Bundesverfassungsgericht hat 2004 festgestellt, dass diese ungleiche Behandlung verfassungswidrig ist und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt (siehe Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Rentenbesteuerung). Seitdem erfolgt eine schrittweise Anpassung an die volle Versteuerung entsprechend dem Jahr des Renteneintritts.

In der Zeit von Hans Koschnick wurden in Bremen als beschäftigungspolitische Maßnahme besonders viele Personen, die damals arbeitslos geworden waren in die öffentliche Verwaltung geholt. Um die 4.000 Personen waren das. Das Land Bremen hat in der Vergangenheit für diese Renten/Pensionsverpflichtungen nicht im ausreichenden Maße Rücklagen gebildet. Vor einigen Jahren (von 2007 bis 2011) war ist selbst Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses und konnte erleben, wie noch jährlich (wenn auch zu spät angefangen) genau für diesen Pensions/Rentenberg, der auf uns zukommt, Rücklagen in einem Pensionsfonds gebildet wurden. Leider wurde dieser in dieser Periode, durch die derzeit regierende rot/grüne Koalition ausgesetzt.

Diese Lasten kommen nun in einem ziemlichen Berg geballt auf Bremen zu und schnüren uns die Luft zum Agieren ab. Dieses können Sie nun aber mitnichten den betroffenen Personen vorwerfen, die selbstverständlich ein Recht auf Ihre Rente/Pension haben. Dieses wurde politisch verursacht und muss daher auch den politisch Verantwortlichen vorgehalten werden.

Um Ihre Fragen also noch mal konkret zusammenfassend zu beantworten:
Ja, Beamte haben aus meiner Sicht ein Recht auf die Übernahme der Tarifergebnisse. Das gilt für die aktiven ebenso wie für die pensionierten Beamten. Der letzte Versuch der Bremer Regierung Teile der Beamten von Tariferhöhungen auszunehmen ist vor Gericht krachend gescheitert und hat jetzt zu den besagten Nachbesserungen geführt. Das Urteil in NRW war ja an Deutlichkeit nicht zu überbieten.

Zu Ihrer Beruhigung kann ich Ihnen sagen, dass der Beamte im Zweifel während seiner Laufbahn nicht durchbefördert wurde. Er hat das Endgehalt seiner tatsächlich durchgeführten Tätigkeit also nie erreicht. Zudem muss er die von Ihnen angeführten 60 Euro zu 100% versteuern. Der Angestellte bekommt im ersten Augenblick vielleicht nur 25 Euro, kann aber am Ende tatsächlich leicht mehr in der Tasche haben.

1. versteuert er nur zu einem wesentlich geringeren Prozentsatz zwischen 50 und 70% (Renteneintritt 2015). 60 Euro lösen schon einen höheren Steuersatz aus 12,5 Euro nicht.

2. er muss auf die 25 Euro mehr nur zu 50% mehr Krankenkassenbeitrag zahlen (der Pensionär muss mindestens 50% auf 60€ zahlen und im schlechtesten Fall 100% auf die 60 Euro brutto)

3. Der Angestellte/Arbeitnehmer entsprechend der durchgeführten Tätigkeit auch die maximal mögliche Entgeltgruppe erreicht hat.

Ich hoffe, ich habe Ihnen aufzeigen können, dass es genau auf den Einzelfall ankommt. Beamte sind häufig nicht besser dran, Ausnahmen kann es immer geben. Aber die gibt es ebenso bei Rentnern. Es sind halt völlig unterschiedliche Systeme und den meisten werden viele der Besonderheiten, die ich hier aufgeführt habe in keiner Form klar sein.

Ein Bonbon habe ich noch:
Die Mütterrente für Kinder, die vor 1992 geboren wurden wurde von 1 auf 2 Rentenanrechnungsjahre erhöht für alle Angestellte/Arbeitnehmerinnen. Beamtinnen, die Kinder vor 1992 bekommen haben, erhalten dafür 1/2 Jahr angerechnet und dabei bleibt es. Sie wurden vorher schon benachteiligt und jetzt sogar mit 1 1/2 Jahren.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen Ihre Wahlentscheidung zu treffen und Sie nehmen sich die Zeit meine Antwort zu lesen. Ich habe mir jedenfalls Mühe gegeben Ihnen die Unterschiede zu erläutern.

Mit herzlichen Grüßen

Sandra Ahrens

P.S. weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.dbb.de/themen/beamte/_beamte.html

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