Frage an Silvana Koch-Mehrin bezüglich Verbraucherschutz

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Silvana Koch-Mehrin
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Frage an Silvana Koch-Mehrin von Wolfgang M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Fr. Dr. Koch-Mehrin,

die EU wollte die maximale Handgepäckgrößen für Flugreisen ab und in die EU festlegen. Nach einem jahrelangen Kampf ist es schließlich unterblieben.

Das Ergebnis ist absolut verbraucherunfreundlich.

Anfang des Jahres kaufte ich mir Trolleys, die genau den Bestimmungen von Air Berlin und Lufthansa bezüglich des Handgepäcks genügen.

Als erstes flog ich mit TUIfly und das Gepäckstück war zu groß. Als zweites flog ich mit KLM und das Gepäckstück war wieder zu groß.

Der Ehrlichkeit halber muss ich sagen, dass sowohl TUIfly, als auch KLM mein Handgepäck in der Lufthansa-Größe transportiert hat. Aber eine Unsicherheit besteht, wenn man sich auf eine Flugreise begibt und weiß, dass das Handgepäck für diese Gesellschaft eigentlich zu groß ist.

Soll sich der Verbraucher für jede Fluggesellschaft einen eigenen Koffer fürs Handgepäck kaufen? Soll er sich aus allen Fluggesellschaften das kleinste Behältnis suchen, damit er immer auf der richtigen Seite liegt? Soll er nur mit den Gesellschaften fliegen, bei denen er zufällig mit seiner Handgepäckgröße richtig liegt? Das können eigentlich nicht die Lösungen sein.

Warum hat die EU die fertig ausgearbeitete Regelung für eine einheitliche maximale Handgepäckgröße fallen lassen? Gibt es einen neuen Anlauf, um doch noch zu einer verbraucherfreundlichen Regelung zu kommen?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Mücke

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dr. Mücke,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie haben Recht, es ist für den Flugpassagier natürlich umständlich, wenn bei jeder Fluggesellschaft andere Größenbestimmungen für das Handgepäck gelten. Ironischerweise ist der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission, der für das Handgepäck eine maximale Größe von 56 x 45 x 25 vorsah, vor knapp zwei Jahren unter anderem aus Rücksicht auf die Passagiere zurückgezogen worden. Als Reaktion auf die vereitelten Anschläge mit Flüssigsprengstoff in London hat die Kommission im Herbst 2006 verschärfte Sicherheitsmaßnahmen für Handgepäck durchgesetzt. Dabei wurde vor allem verboten, Flüssigkeiten mit an Bord zu nehmen. Um die Kontrollen der Handgepäckstücke auf verbotene Flüssigkeiten zu erleichtern, sollte ihre Größe beschränkt werden. Man nahm an, dass Gepäckstücke mit den vorgegebenen Maßen einfacher zu durchleuchten und zu überprüfen wären als größere und dickere Koffer. Studien haben später ergeben, dass die Größe der Gepäckstücke die Sicherheitskontrollen nicht wesentlich vereinfachen würde. Daraufhin hat die Kommission im Mai 2008 ihren Vorschlag zurückgenommen. Sie erklärte: Das Mehr an Sicherheit durch die EU-Vorschrift wiege die Unannehmlichkeit durch Extra-Vorschriften für die Fluggäste nicht auf.

Vorangegangen waren laute Proteste gegen den Plan, Maximalgrößen für Handgepäck einzuführen. Man sprach von unnötiger Überregulierung, die letztlich die Flugpassagiere beeinträchtigt. Fluggesellschaften hätten keine Möglichkeit mehr gehabt, mit der gewohnten Kulanz auf die verschiedenen Handgepäckstücke zu reagieren. Sie haben ja selber erlebt, dass Fluggesellschaften relativ tolerant mit den geltenden Größenvorschriften umgehen. Man vermutete damals, dass mit der neuen Beschränkung mehr Gepäckstücke eingecheckt werden müssten. Flughäfen verwiesen daher auf zusätzliche Kosten für Personal und Ausbau der Gepäck-Abfertigungsanlagen. Man fürchtete Warteschlangen an den Check-in-Schaltern, weil die Größe des Handgepäcks überprüft werden muss etc. Ähnlich wie beim Flüssigkeitsverbot hätte es auch praktische Probleme mit Umsteige-Passagieren gegeben, die aus dem nicht-europäischen Ausland anreisen. Soweit ich erfahren habe, war man froh, als der unpopuläre Vorschlag fiel und unnötige Bürokratie für den Flugverkehr verhindert wurde.

Verbraucherbelange sind allerdings zurzeit ein großes Thema im Transportausschuss. Die Diskussionen konzentrieren sich auf Verbraucherschutzrechte: welche Ansprüche hat ein Passagier bei Verspätung/ Annullierung von Flügen/ Verlust von Gepäck etc. Hier gilt es noch einige Lücken zu schließen. Daher hat die EU-Kommission auch eine allgemeine Befragung gestartet, an der jeder Bürger und jede Organisation noch bis zum 1. März teilnehmen kann. Der Fragebogen über die "Anwendung von Passagierrechten im Luftverkehr" enthält auch die Frage, ob man sich eine einheitliche Regelung für Größe und Gewicht von Handgepäck wünscht (unter 2.1.3.). Unter Umständen kommt das Thema also wieder auf die Tagesordnung. Sie finden den Kommissions-Frageborgen (leider nur auf englisch) unter folgendem Link:
http://ec.europa.eu/yourvoice/ipm/forms/dispatch?form=ConsultationAPR

Eine europaweite Regelung für die Maßen von Handgepäck würde Flugpassagieren mehr Sicherheit geben. Andererseits müssten auch die Gegenargumente genau geprüft werden, um sicherzugehen, dass dem Verbraucher am Ende wirklich geholfen ist. Oft erleben wir nämlich Gesetzesinitiativen, die zwar das Wohl des Verbrauchers im Blick haben, bei genauerem Hinsehen jedoch kontraproduktiv sind, weil sie jede Flexibilität ersticken und zusätzliche Kosten am Ende meist ohnehin auf die Ticket-Preise, d.h. auf den Verbraucher, abgewälzt werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Silvana Koch-Mehrin