Wie stellen Sie sich die Verkehrswende vor und wann kommen endlich Tempolimits.

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Sören Bartol
SPD
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Frage von Martin S. •

Wie stellen Sie sich die Verkehrswende vor und wann kommen endlich Tempolimits.

Weiterhin interessiert mich, wie Sie und Ihre Partei zu der intransparenz der Lobbymitarbeit stehen.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schneider,

ein Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen steht im Wahlprogramm der SPD und soll mit uns in der nächsten Wahlperiode kommen. Wir verbinden so mehr Verkehrssicherheit mit Klimaschutz. CSU-Verkehrsminister Scheuer hat ein Tempolimit in der vergangenen Wahlperiode immer verhindert. Allein an diesem Minister zeigt sich, dass die Verkehrswende mit der Union in der Regierung nicht gelingen wird.

Aber natürlich ist die Mobilitätswende viel mehr. Unsere Strategie beruht auf zwei Säulen: Wir wollen den Verkehr anders und umweltfreundlicher organisieren und dafür deutlich mehr investieren in Schiene und ÖPNV. Und wir wollen mit ambitionierten, verlässlichen Rahmenbedingungen die Elektrifizierung des Verkehrs massiv vorantreiben. Dafür unterstützen wir auch die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Anschaffung neuer Fahrzeuge als auch die Industrie und die Beschäftigten im Strukturwandel mit Fördermitteln.

Wir wollen einen massiven Aus- und Neubau des Schienennetzes in Deutschland und Europa. Unser Ziel ist, dass alle Mittelzentren in Deutschland an den Schienenfernverkehr angeschlossen werden. Das ist Voraussetzung für die Verlagerung von der Straße und vom Luftverkehr zur Schiene. Dafür reicht es nicht, nur den Bestand auszubessern. Wir brauchen bis 2030 ein Schienennetz, bei dem sich Personen- und Güterverkehr nicht mehr gegenseitig ausbremsen. Dafür müssen wir das Netz ausbauen, und wir müssen erheblich mehr Geld in die Modernisierung stecken. Allein durch die Digitalisierung kann die Bahn bis zu einem Drittel mehr Verkehr aufnehmen.
Und wir wollen gemeinsam mit den Ländern und den Kommunen eine ÖPNV-Offensive. Ein moderner, leistungsfähiger Nahverkehr mit attraktivem Angebot und fairen, zum Umstieg motivierenden Preisen benötigt mehr Investitionen. Wir brauchen dazu auch einen Stadtumbau, der mehr Flächen für den Umweltverbund mit Fahrrad und Fußgängern schafft und die Vernetzung von Umland und Zentren verbessert, indem die Schnittstellen vom Auto zum innerstädtischen Mobilitätsangebot per Bus und Bahn und Rad deutlich attraktiver macht. Auf dem Land wollen wir eine Mobilitätsgarantie geben, dass jede und jeder in fußläufiger Entfernung einen Bus- oder Bahnanschluss oder ein Pooling-Angebot der neuen digitalen Dienste als Teil des ÖPNV hat.
Trotzdem wird das Auto insbesondere auf dem Land und in der Fläche Verkehrsmittel Nummer eins bleiben. Daher treiben wir die Elektrifizierung voran. Wir wollen bis 2030 mindestens 15 Millionen E-Pkw auf deutschen Straßen haben und ich erwarte ab Mitte der 2020er Jahre auch im Straßengüterverkehr einen massiven Aufwuchs elektrisch betriebener Lieferwagen und Lkw. Dafür braucht es im Übrigen nicht nur einen von Minister Scheuer jahrelang blockierten schnellen Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur, es braucht auch zügig einen deutlichen Zuwachs beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Ein ambitionierterer Ausbau in der letzten Wahlperiode an der Union gescheitert, wurde häufig aber auch durch Widerstand vor Ort ausgebremst. Allen muss klar sein: Verkehrs- und Energiewende gehören zwingend zusammen, und für beides werden wir gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern bereit sein müssen, an der einen oder anderen Stelle auch unliebsame Entscheidungen zu treffen, um Zielkonflikte aufzulösen. Sonst schaffen wir das Jahrhundertprojekt Klimaschutz nicht.

Bei der von Ihnen angesprochenen Transparenz der Lobby-Arbeit von Unternehmen, Verbänden, NGO's und anderen Plattformen sind wir in dieser Legislaturperiode gegen heftigen Widerstand der Union nach jahrelangem Widerstand einen großen Schritt vorangekommen. Die CDU/CSU hat aber erst eingelenkt nach den Korruptionsskandalen um Abgeordnete ihrer Fraktion. Die SPD hat dann ein Lobbyregister durchgesetzt, das eine Pflicht zur Registrierung für Lobbyarbeit gegenüber Bundestag und vor allem auch die Bundesregierung vorsieht. Interessenvertreterinnen und -vertreter müssen umfassende Angaben zu ihrer Identität und zum Gegenstand sowie zur Finanzierung der Interessenvertretung machen. Auch müssen sie sich an einen verbindlichen Verhaltenskodex für integre Interessenvertretung halten. Einbezogen werden neben dem Parlament und der Bundeskanzlerin und den Bundesministern auch die Parlamentarischen Staatssekretäre, die Staatssekretäre, die Abteilungsleiter und Unterabteilungsleiter in den Bundesressorts. Letzteres ist ein Erfolg der SPD. Die Union wollte das Register ausschließlich auf Kontakte von Lobbyisten zu Bundestagsabgeordneten beschränken und nicht auf die Bundesregierung ausweiten. Diese Beschränkung hat die SPD erfolgreich verhindert. Über 90 Prozent der Gesetze werden in den Ministerien verfasst. Natürlich wenden sich Lobbyisten daher in erster Linie an die Ministerien. Künftig werden nun auch sie erfasst.
Aller Freude zum Trotz konnten wir einen wichtigen Punkt im Gesetz nicht durchsetzen, den exekutiven Fußabdruck. Das bedeutet die Veröffentlichung aller Kontakte und Stellungnahmen von Lobbyist:Innen durch die Bundesministerien bei der Entstehung von Gesetzeswerken. Mit dem Lobbyregister im engen Sinne erfahren wir, wer Einfluss nimmt, aber nicht wie und auf welches Gesetz genau. Mit dem „exekutiven Fußabdruck“ würden wir zudem die Art und den Gegenstand des Einflusses erfahren. Das hat die Union verhindert. Auch nach den vielen Skandalen der letzten Monate scheint bei CDU/CSU trotz aller gegenteiliger Beteuerungen offenbar immer noch zu viel Transparenz unerwünscht zu sein.
Wir haben insofern in dieser Wahlperiode gegen heftigen Widerstand viel durchgesetzt zur Schaffung von Transparenz bei Einflussnahme im Bereich der Gesetzgebung, aber wir werden weiter für die Einführung auch des exekutiven Fußabdruckes kämpfen.

Mit freundlichen Grüßen

Sören Bartol

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