am 16. 09.2021 haben Sie in der Volksstimme behauptet es würde sich ein Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos entwickeln. Wie soll der finanziert werden? Und wer soll ein nicht fahrfähiges Auto kaufen?

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Steffi Lemke
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Thomas G. •

am 16. 09.2021 haben Sie in der Volksstimme behauptet es würde sich ein Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos entwickeln. Wie soll der finanziert werden? Und wer soll ein nicht fahrfähiges Auto kaufen?

Nach 7 bis 10 Jahren sind die, mit Kinderarbeit hergestellten Akkus tot, die 3 zertifizierten Entsorger sind ein Witz.
In afrikanischen Warlord Gebieten wird Cobalt (nicht Baerbockscher Kobold) durch Kinder gefördert, andere Bestandteile kommen unter enormen Wasserverbrauch aus südamerikanischen Trockengebieten, auch wieder mit Kinderarbeit oder aus dem menschenrechtsfeindlichem China.
Zusatzfrage:
Wer soll sich denn ein nicht fahrfähiges Auto kaufen?
Die von Rot/Grün geschaffene Mindestlohn Gesellschaft, die ihre Mobilität für Dienstleistungs- und Staatstragende Jobs, meist mit eigenem Auto (500 - 12'000€ Kaufpreis) durchführt, kann sich keinen neuen Akku für Zusatz Preis 10'000€+ leisten.
Die, die sich sowas leisten könnten, zahlen aber nicht für ein veraltetes Fahrzeug.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr G.,

die in Ihrer Frage gemachten Behauptungen teile ich nicht, möchte aber dennoch gerne auf das Thema Elektromobilität noch einmal ausführlich eingehen.

Zunächst ist klar: Im Verkehr muss sich etwas ändern. Nach wie vor hängen rund 93 % des Verkehrs an Öl oder Gas. Der Treibhausgas-Ausstoß ist hoch, da fast zwei Drittel der Klimagase im Verkehr aus dem Auto stammen. Mit Blick auf die sich immer weiter verschärfende Klimakrise, die Extremwetterereignisse wie die Fluten im Ahrtal und die langen Dürren in Sachsen-Anhalt, gibt es hier dringenden Handlungsbedarf, den CDU und SPD in den letzten Jahren verschlafen haben.

Wir GRÜNE setzen uns für eine Verkehrswende ein, damit der Verkehrssektor seinen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaneutralität leistet. Diese Verkehrswende sieht den Umstieg vom fossilen Verbrennungsmotor, mit seiner katastrophal schlechten Ökobilanz u.a. aus der Ölproduktion, auf die klimaneutrale Elektromobilität aus 100% Ökostrom als einen Baustein von vielen. Klar ist: Der bloße Austausch jedes Benziners/Diesels mit einem Elektroauto wird nicht zum Erreichen der Klimaziele führen. Wir brauchen daher parallel einen Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs, des bundesweiten Schienenverkehrs und der Radinfrastruktur. Frau Lemke hat im Interview mit der Volksstimme aber auch deutlich gemacht, dass in vielen ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts das Auto unverzichtbar sein wird: Hier ist das Elektroauto nach aktuellen Erkenntnissen die effizienteste und erschwinglichste Methode. Wasserstofffahrzeuge werden beispielsweise noch deutlich teurer. Immer mehr Autohersteller setzen auf die E-Mobilität, um die deutsche Industrie und ihre Arbeitsplätze zukunftssicher für eine klimaneutrale Welt zu machen. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.gruene-bundestag.de/themen/mobilitaet.

In der Tat sind Elektrofahrzeuge aktuell vergleichsweise teuer in der Anschaffung: Dies liegt auch daran, dass viele Modelle aktuell nur als Neuwagen verfügbar sind. Generell entfallen nur rund 1/3 der KfZ-Neuzulassungen in Deutschland auf Privatpersonen, Autos kauft man in Deutschland vorwiegend gebraucht: Das unterstreicht, wie wichtig die Entwicklung eines Gebrauchtwagenmarktes für Elektroautos mit günstigeren Preisen ist. Der Mehrpreis gegenüber einem neuen Benziner wird durch die aktuelle Prämie von 9750€ zu einem Großteil aufgefangen, mit Jahres- und Gebrauchtwagen sinken die Preise dann wie bei jedem Auto. Wir GRÜNE wollen für Pendler*innen mit niedrigen Einkommen aber einen Klimabonus-Fonds schaffen, der beim Umstieg mit großzügigen Hilfen unterstützt – die Prämie würde dann für diese Personen also höher ausfallen. Mit dem technischen Fortschritt in der Batterieproduktion fallen die Preise für Elektroautos zudem absehbar weiter: Es kommen immer mehr günstigere Modelle auf den Markt (z.B. aktuell VW e-UP, Dacia Spring, Renault Zoe, Opel Corsa-e), die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären. Kostete im Jahr 2010 die Produktion einer Akku-Kilowattstunde noch 1100 US-Dollar, waren es in 2020 nur noch 100 US-Dollar, sodass die Preise sehr bald mit Benzinern gleich ziehen (siehe https://www.energiezukunft.eu/mobilitaet/batteriepreise-sinken-auf-rekordtief/).

Moderne Akkus sind langlebig, sodass sich ein Gebrauchtwagenmarkt sehr gut entwickeln kann: Die Hersteller von Elektroautos geben in der Regel 8 Jahre Garantie auf den Zustand des Akkus, diese Serviceleistung finden Sie bei Antrieben von Verbrennerfahrzeugen nur sehr selten. Selbst wenn die Akkus nach langjähriger Nutzung dann gealtert sind, sind sie mitnichten Sondermüll: Ausgediente Akkus sind wertvolle Rohstofflager. Beispielsweise können sie noch als Stromspeicher in der Produktion erneuerbarer Energien eingesetzt werden (siehe https://efahrer.chip.de/news/wiederverwendung-von-alten-e-auto-akkus-stadionbeleuchtung-haus-stromspeicher_104330). Weiterhin ist ein Recycling der wertvollen Rohstoffe möglich: Je besser Akkus  recycelt werden, desto weniger neue Ressourcen werden benötigt. Dieses Recycling funktioniert technisch bereits sehr gut, doch bislang fehlen gesetzliche Regeln, die ein umfangreiches Recycling auch vorschreiben. Wir GRÜNE setzen uns für hohe Sammelquoten ein, damit mehr Akkus ins Recycling gelangen. Außerdem brauchen wir separate Recyclingquoten für die Rohstoffe und eine Vorgabe, dass zurückgewonnene Materialien in neuen Produkten eingesetzt werden.

Zuletzt sagen wir klar: Die globalen Abbaubedingungen von Rohstoffen wie Lithium und Kobalt für die Akkuproduktion von jeglichen Elektrogeräten sind zu oft problematisch. Ein hoher Wasserverbrauch, oftmals schlechte Arbeitsbedingungen und ökologische Schäden sind damit zweifellos ein Problem. Wir GRÜNE setzen uns daher bereits seit vielen Jahren (unabhängig von der Diskussion um E-Autos) für ein verbindliches, strenges Lieferkettengesetz ein: Wir fordern eine gesetzliche Regelung, nach der Unternehmen nur noch Produkte und Rohstoffe aus fairer, ökologisch akzeptabler Herstellung nach Deutschland und Europa importieren dürfen. Wäre eine faire und umweltverträgliche Produktion nicht nachweisbar, sollte es ein Importverbot geben: Es kann nicht sein, dass z.B. das hier genutzte Palmöl, Soja für die deutsche Viehzucht oder eben Lithium/Kobalt für unsere Elektrogeräte zu Umweltzerstörung und Ausbeutung in anderen Teilen der Welt führen. Hier gibt es eine Verantwortung Deutschlands. Nach langem Ringen hat die Bundesregierung nun ein erstes Lieferkettengesetz vorgestellt: Wir halten diesen Vorschlag für maximal einen ersten Schritt, das Gesetz ist noch zu schwach und bezieht z.B. Umweltaspekte gar nicht mit ein. Wir GRÜNE setzen uns daher für strengere Gesetze und internationale Abkommen ein, die die Produktionsbedingungen von Rohstoffen verbessern (siehe https://www.gruene-bundestag.de/themen/entwicklungszusammenarbeit/menschenrechte-und-umwelt-verbindlich-schuetzen).

Die Wissenschaft zeigt zudem Wege auf, wie Akkus künftig mit anderen Rohstoffen hergestellt werden können (siehe https://www.gruene-bundestag.de/themen/mobilitaet/benziner-diesel-elektromobilitaet). Schon heute sinkt der Kobalt-Anteil in bestimmten Akkus und manche Hersteller haben angekündigt, diesen Rohstoff bald gar nicht mehr einzusetzen. Ein großer Batteriehersteller will sogar zusätzlich auf Lithium verzichten. Ebenso wichtig ist, dass wir eine Batteriezellproduktion in Deutschland und Europa aufbauen. Damit halten wir Jobs und Wertschöpfung im Land und stellen hohe Ökostandards sicher.

Trotz dieser Problematiken ist über die gesamte Lebensdauer die Klimabilanz eines Elektroautos schon jetzt besser als die eines Benziners oder Diesels. Fortschritte in der Produktion, effizientere Fertigungsprozesse, höhere Energiedichte und verbesserte Zellchemie mit weniger Rohstoffeinsatz werden die Klimabilanz und Preise der Elektroautos weiter verbessern. Wichtig ist dabei natürlich auch, die Klimabilanz des deutschen Strommixes durch einen Ausbau der Erneuerbaren Energien zu verbessern. Dafür setzen wir GRÜNE uns mit Nachdruck ein.

Eine Zusammenstellung zu häufigen Fragen rund um die Elektromobilität finden Sie unter https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/mobilitaet/pdf/Umweltbilanz_Elektromobilitaet-Fakten-Argumente-Forderungen_01.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Steffi Lemke

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