Frage an Stephan Kühn bezüglich Energie

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Stephan Kühn
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Frage von Grombe, R. •

Frage an Stephan Kühn von Grombe, R. bezüglich Energie

Wie stehen Sie zur Kernfusion?

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Sehr geehrter Herr Grombe,

ein "Roll-Back" zu Gunsten kostspieliger Großtechnologien wie Kernfusions- und Atomforschung wäre falsch. Damit würden kaum noch Mittel für Erneuerbare Energien, Effizienz und Einspartechnologien übrig bleiben. Seit den 50er-Jahren sind 80 Prozent der gesamten öffentlichen Energieforschungsmittel innerhalb der OECD in Kernspaltung und Kernfusion geflossen. Gedeckt werden dadurch nur noch 7 Prozent des Weltenergiebedarfs. Warum also Geld in großem Maße aus dem Fenster werfen? Ich halte es für sinnvoller, dass Geld in Forschungsprojekte investiert wird, die schon in wenigen Jahren Klimaschäden vermeiden helfen und Energieversorgungssicherheit bringen. Deutschland ist Weltmeister bei der Windenergie und seit letztem Jahr sind wir auch Weltmeister beim Solarstrom. Wir haben hier 130 000 Arbeitsplätze geschaffen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Das sind doppelt so viele Arbeitsplätze wie in der Kohle- und Atomenergie zusammen vorhanden sind. Wir sollten also bei Forschung und Entwicklung die Priorität auf erneuerbare Energien und auf Energieeffizienztechnologien - insbesondere Brennstoffzellen - setzen. Damit schaffen wir eine verantwortungsvolle Energiepolitik für die Zukunft.

Im übrigen ist die Fusionsforschung aus mehreren Gründen fragwürdig:
a.. Die Energiegewinnung durch Kernfusion kann keine energiepolitische Option für die nächsten 50 Jahre sein. Frühestens Mitte des Jahrhunderts kann eine belastbare Auskunft darüber vorliegen, ob Energie aus Kernfusion die Grundlast der Versorgung überhaupt übernehmen kann. So behauptet kein Fusionsforscher, dass in den nächsten 50 Jahren auch nur eine Kilowattstunde Strom durch Kernfusion erzeugt werden könnte.
b.. Ähnlich wie bei der Kernspaltung ist die Frage des radioaktiven Abfalls ungeklärt. Nach einem Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag sind mit bis zu 100.000 Tonnen radioaktivem und radiotoxischem Abfall pro Kraftwerk zu rechnen. Das entspricht der Menge eines herkömmlichen Atomkraftwerkes vergleichbarer Leistung.
c.. Ein Einstieg in die Kernfusion wäre ein Weiterführen der Kraftwerks-Großstrukturen, wie wir sie jetzt kennen. Große Anlagen, die die Grundlast des Bedarfes decken, sind nicht erst seit dem 11. September 2001 ein Sicherheitsrisiko.

Mit freundlichen Grüßen
Stephan Kühn