Frage an Stephan Mayer bezüglich Recht

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Stephan Mayer
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Frage von Frank G. •

Frage an Stephan Mayer von Frank G. bezüglich Recht

Hallo Herr Rechtsanwalt Mayer,

am Freitag, den 20.06.2008 in der 170. Sitzung des Bundestages haben Sie in Ihrer Rede innigst die bevorstehenden Bürgerüberwachungsgesetze gelobt und für die Sicherheit der Bevölkerung für erforderlich angepriesen.
Dabei sollen, wenn es nach Ihnen geht, selbst Pfarrer, Rechtsanwälte, Steuerberater Gegenstand von Überwachungsmaßnahmen werden.

Meine Frage:

Wenn Sie die Bürger mit Bürgerüberwachungsgesetzten überwachen wollen, wieso respektieren Sie dann nicht die Überwachung von Bundestagsabgeordneten durch die Öffentlichkeit?
Wieso geben für die Jahre 2005,2006 und 2007 Ihre anzeigepflichtigen Nebentätigkeiten und die Höhe Ihrer Bezüge nicht genau an?

Ich habe Wohnhaft in Ihrem Wahlkreis und erwarte eine Antwort von Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Glaser

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Sehr geehrter Herr Glaser,

ich danke Ihnen für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de vom 20. Juni 2008, in der Sie sich auf meine Rede vom selben Tag in der 170. Bundestagssitzung beziehen und die ich gerne beantworte.

Sie sind der Auffassung, dass der Bürger durch „Bürgerüberwachungsgesetze“ überwacht wird, ich mich als Abgeordneter aber wegen mangelnder Angaben zu meinen Verdiensten aus Nebentätigkeiten einer Überwachung durch die Öffentlichkeit entziehe.

Hierbei sind zwei Dinge zu unterscheiden. Meine Rede im Deutschen Bundestag vom 20. Juni 2008 bezog sich nicht auf „bevorstehende Bürgerüberwachungsgesetze“ - derartige bevorstehende Gesetze sind mir nicht bekannt - sondern auf das Gesetz zur Änderung des Bundeskriminalamtgesetzes. Mit diesem Gesetzentwurf, der von den Fraktionen der Großen Koalition vorgeschlagen wurde, ist vorgesehen, dem Bundeskriminalamt die notwendigen Instrumente an die Hand zu geben, um Gefahren des internationalen Terrorismus abwehren und terroristische Straftaten verhüten zu können. Dabei geht es keineswegs darum, unbescholtene Bürger zu überwachen. Notwendig ist es aber, dem das Bundeskriminalamt für die genannten Zwecke bestimmte verdeckte Ermittlungsmaßnahmen an die Hand zu geben. Die meisten verdeckten Ermittlungsmaßnahmen - beispielsweise die Telekommunikationsüberwachung - stehen im Übrigen heute schon den Polizeibehörden der Länder sowie den Staatsanwaltschaften als Instrumente zur Verfolgung bestimmter Straftaten oder zur Gefahrenabwehr selbstverständlich zur Verfügung. Der Bund wiederum ist nunmehr bereits zum 1. September 2006 infolge einer Verfassungsänderung damit beauftragt worden, gesetzliche Maßnahmen zur Abwehr der Gefahren des internationalen Terrorismus zu ergreifen. Bisher waren zur Abwehr derartiger Gefahren ausschließlich die Länder zuständig, die in ihren Polizeigesetzen ganz selbstverständlich über eine Reihe verdeckter Ermittlungsmaßnahmen verfügen. Nun soll das Bundeskriminalamt in diesem speziellen Bereich eine eigene gesetzliche Zuständigkeit erhalten. Es wäre völlig abwegig, dem Bundeskriminalamt dabei diejenigen polizeilichen Ermittlungsinstrumente zu versagen, die den Länderpolizeibehörden bislang ganz selbstverständlich zur Verfügung standen. Als vergleichsweise neuartiges Instrument ist lediglich die Online-Durchsuchung vorgesehen. Diese Maßnahme ist indessen in bestimmten Fällen unerlässlich, um terroristische Gefahrensituationen wie beispielsweise Anschlagsplanungen aufzudecken, wenn andere Ermittlungsmaßnahmen keinen Erfolg versprechen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen in seiner Entscheidung vom 27. Februar 2008 zum nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz ausdrücklich entschieden, dass eine gesetzliche Ermöglichung der Online-Durchsuchung bei Beachtung bestimmter Voraussetzungen verfassungsrechtlich zulässig ist.

Die Sicherheitsbehörden brauchen in bestimmten, eng umgrenzten Fällen, die Möglichkeit zum Zugriff auf Computersysteme mittels einer Online-Durchuchung. Terroristen nutzen heute den Computer ganz selbstverständlich zu Kommunikationszwecken. Gleichermaßen nutzen sie Computersysteme in weitem Umfang beispielsweise zur Speicherung und Zurverfügungstellung von Anleitungen zum Bau von Bomben oder Sprengsätzen oder sonstiger Informationen. Es wäre schlicht unverantwortlich, wenn den Sicherheitsbehörden die Überwachung dieses wichtigsten Bereich des modernen Informationsaustausches nicht einmal zur Abwehr massivster Gefahren - etwa bei einem drohenden Terroranschlag - möglich wäre.

Aus diesem Grunde halte ich es für notwendig, dem Bundeskriminalamt im Einzelfall unter engen, gesetzlich genau definierten Voraussetzungen und grundsätzlich unter richterlichem Vorbehalt den Online-Zugriff auf informationstechnische Systeme, etwa Computerfestplatten, zu ermöglichen, wenn dies zur Abwehr terroristischer Gefahren notwendig ist und im konkreten Fall eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für den Bestand der freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates besteht. Damit werden sehr hohe gesetzliche Hürden für einen solchen Eingriff festgelegt, die dazu führen, dass eine solche Maßnahme allenfalls in einer Handvoll Fälle pro Jahr überhaupt zulässig sein wird. 99,99% der Internet-Nutzer werden daher niemals von einer Online-Durchsuchung betroffen sein. Die Befürchtung, Berufsgruppen wie Pfarrer, Rechtsanwälte oder Steuerberater würden damit in großem Ausmaß Gegenstand von Überwachungsmaßnahmen, kann ich daher zerstreuen. Die Ausführungen in meiner Rede im Deutschen Bundestag zu den so genannten Berufsgeheimnisträgern zielten dahingehend, dass schon nach heute geltendem Recht – entgegen weit verbreiteter Fehlvorstellungen – bestimmte dieser Berufsgruppen, etwa Ärzte oder Rechtsanwälte, keinesfalls pauschal und absolut von jeglicher verdeckten Ermittlungsmaßnahme strafprozessualer oder polizeirechtlicher Art ausgenommen wären. In der Strafprozessordnung beispielsweise gilt bei den Berufsgeheimnisträgern ein abgestuftes Schutzkonzept. Danach dürfen verdeckte strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen nicht gegen Seelsorger, Strafverteidiger und Abgeordnete gerichtet werden –außer, wenn gerade der betreffende Berufsgeheimnisträger selbst Tatverdächtiger ist. Damit wird das Vertrauensverhältnis der Bürgerinnen und Bürger zu diesen Berufsgruppen geschützt. Andere Berufsgeheimnisträger (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Journalisten) können hingegen – entgegen einer weit verbreiteten Fehlvorstellung – im Einzelfall und bei sorgfältigen Abwägung des staatlichen Strafverfolgungsinteresses mit dem Schutz des Vertraulichkeitsinteresses im Einzelfall auch einmal in verdeckte Ermittlungsmaßnahmen einbezogen werden. Darauf bezog sich auch meine entsprechende Anmerkung in meiner Rede vom 20. Juni 2008.

Trotz dieser Sachlage kann ich verstehen, wenn Bürger im Zusammenhang mit der vorgesehenen Online-Durchsuchung Fragen und Erklärungsbedarf haben. In vielen Gesprächen mit Bürgern in meinem Wahlkreis und darüber hinaus diskutiere ich offen und eingehend über dieses Thema und lege die aus meiner Sicht für die Notwendigkeit der Online-Durchsuchung sprechenden Gesichtspunkte dar. Entscheidend ist dabei, deutlich zu machen, dass es bei der Online-Durchsuchung nicht um ein massenhaft einzusetzendes Instrument geht, sondern dass diese Maßnahme nur ganz gezielt und unter strengen rechtsstaatlichen Voraussetzungen wie der richterlichen Kontrolle in einigen wenigen Fällen zum Einsatz kommen soll, wenn erhebliche terroristische Gefahren mit herkömmlichen Ermittlungsmethoden - 3 - nicht aufgeklärt werden können. Mein Eindruck ist, dass die meisten Gesprächspartner, sobald man ihnen diesen Sachverhalt und die sehr begrenzte Größenordnung der geplanten Maßnahme erläutert, Verständnis für die Notwendigkeit der Online-Durchsuchung zur Abwehr terroristischer Gefahren aufbringen.

Ihre Anmerkungen zu den anzeigepflichtigen Nebentätigkeiten kann ich nicht nachvollziehen.

Seit Juli 2007 veröffentlicht der Deutsche Bundestag auf seiner Internetseite die Angaben der Abgeordneten über ihre Tätigkeiten und Einkünfte neben dem Mandat. Diese müssen dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden. So sieht es das Abgeordnetengesetz vor. Alle Einkünfte werden seither entsprechend der in Kraft getretenen Neuregelung von der Verwaltung des Deutschen Bundestages im Internet jeweils am Ende der Abgeordneten-Biografien veröffentlicht. Dazu zählen Angaben zur beruflichen Tätigkeit vor der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag, entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat, Funktionen in Unternehmen sowie in Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Auch Funktionen in Vereinen, Verbänden und Stiftungen sind anzeigepflichtig, genauso wie Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften und Vereinbarungen über künftige Tätigkeiten oder Vermögensvorteile.

Auch die Einkünfte für jede einzelne Tätigkeit müssen angezeigt werden, sofern sie mehr als 1.000 Euro im Monat bzw. 10.000 Euro im Jahr betragen. Die Angaben erfolgen für jede Tätigkeit in drei Stufen: Stufe 1 erfasst einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte einer Größenordnung von 1.000 bis 3.500 €, Stufe 2 Einkünfte bis 7.000 € und Stufe 3 Einkünfte über 7.000 €. Verstöße gegen die Verhaltensregeln können durch ein Ordnungsgeld sanktioniert werden, das bei Verschulden bis zu 44.034 € betragen kann.

Auf der homepage des Deutschen Bundestages habe ich entsprechende Angaben gemacht und bin damit meinen gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen. Für meine Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Kanzlei Salzberger, Reiter, Mandlsperger & Kollegen in Mühldorf a. Inn erhalte ich monatlich weniger als € 1.000,00 brutto und jährlich weniger als € 10.000,00 brutto. Ich entziehe mich damit in keinster Weise der Öffentlichkeit und weise Ihren Vorwurf daher entschieden zurück.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben und stehe Ihnen für Rückfragen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Mayer

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