Frage an Therese Lehnen bezüglich Recht

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Therese Lehnen
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Frage von Marianne M. •

Frage an Therese Lehnen von Marianne M. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Lehnen,

da Abgeordnetenwatch darum bittet, die Fragen zusammenzufassen, zwei Fragen zu unterschiedlichen Themen:
1. Wie stehen Sie zu den menschenunwürdigen Haftbedingungen in den Berliner
Justizvollzugsanstalten?

2. Nicht nur Berlins Kassen sind leer. Wie soll da ein kostenloser ÖPNV funktionieren?

Mit freundlichen Grüßen
Marianne Mayer

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrte Frau Mayer,

vielen Dank für diese wichtigen Fragen, die ich auch gern einzeln beantworte:

1) Durch meine ehrenamtlich Tätigkeit als Vollzugshelferin in 2011 und  2012 habe  ich in der Tat einen sehr kleinen Einblick auf die Innensicht in Berliner Justivollzugsanstalten.

Das Happtproblem ist die Überbelegung und ich frage mich, ob nicht  gesamtgesellschaftliche Probleme auf die Justiz abgeladen werden, die eigentlich dort gar nichts zu suchen haben. 

Gerade im Heranwachsenden-Vollzug ist es wohl so, dass überproportional viele Menchen wegen BTM-Verstößen einsitzen, hier wird Gesundheits- und Suchtpoltik auf die Justiz verlagert, wirkliche nachhaltige Hilfe um nach Verbüßung der Haftstrafen resozialisiert leben zu können, kann es dort gar nicht geben.

Ebenso erschreckend ist die zunehmende Anzahl von Menschen die in Ersatzfreiheitsstrafe sitzen, da sie mittellos sind und die gegen sie verhängten Straf- und Ordnungsggelder schlichtweg nicht zahlen können, oftmals auch gesundheitlich so angeschlagen, dass sie Arbeitsangebote zur Ableistung der Strafen nicht wahrnehmen können. Eine Resozialisierung ist bei desen Kurzstaflern ohnehin gar nicht möglich, hier wären nachhaltige soziale Hilfen dringend von Nöten. Es darf nicht sein, dass Menschen, die sich die BVG Sozialtickets nicht leisten können, in Ersatzhaft gehen weil sie die Beförderung erschlichen haben, nach Entlassung werden sie nicht mehr Geld haben, um künftig Tickets erwerben zu können.

Als schlimm empfinde ich auch die Tatsache, dass die Justizangestellten selten mehr als die deutsche Sprache beherrschen, es gibt viele Gefangene ,die sich in dieser krisenhaften Situaion nicht in ihrer Muttersprache verständigen können und oft nicht wissen was passiert, weil sie es schlichtweg nicht verstehen, zumal die Tatsache im Gefängnis zu sein, für jeden Menschen belastend ist und wirklich die ultima ratio sein muss.

Wir wollen eine  Reform des Strafrechts, viele Delikte müssen überprüft und Verhaltensweisen entkriminalisiert werden, so der Genuss weicher Drogen aber auch Eigentumsdelikte, die aufrgrund der nicht existenzgesicherten Lebensverhältnisse entstehen und wenig mit krimineller Energie zu tun haben.

Schließlich muss darauf geachtet werden, dass der Strafvollzug auch wieder seinem Zweck gerecht wird, er soll dazu dienen die Inhaftierten zu resozialisieren, das heißt zu befähigen ein Leben ohne weitere Straffälligkeit in Aussicht zu stellen und darauf vorzubereiten. Dieses Ziel wird derzeit nicht erreicht. Langstrafler werden unzureichend auf ihre Haftentlassung vorbereitet, sie haben durch das Leben in einer Parallelwelt und den Verlust aller sozialen Kontakte außerhalb der Anstalt oft den Bezug zum Leben draußen verloren, da helfen auch nicht TV oder Radio oder Tageszeitungen, diese Menschen sind durch die langen Haftstrafen oft hospitalisert und werden durch den Gefängnisaufenthalt alles andere als befähigt sich künftig zu bewähren und ein Leben ohne erneute  Kriminalität leben zu können.

2) Die Kassen der Kommunen sind leer, viel zu wenig Mittel können in den Erhalt der Infrastruktur gesteckt werden. Da haben Sie leider Recht, Ich finde es auch beschämend dass sich beispielsweise  Rad- und Fußwege in einem katastrophalen und menschengefährdenden Zustand befinden. Andererseits wird die A100 mit Bundesmitteln ausgebaut und ein BER Großprojekt förmlich in den Sand gesetzt. Die Mittel sind nicht bürgernah verteilt, es wird Zeit, dass die Menschen die es betrifft, aktiv in die Haushaltsplanungen einbezogen werden und es Bürgerhaushalte gibt.

Wir Piraten fragen uns, warum die Benutzung von Autostraßen aus Steuermitteln bezahlt werden und somit auch jeder Fußgänger, Radfahrer und Nutzer des ÖPNV diese mitfinanziert, obwohl sie nicht von ihnen genutzt werden.  Die Infrastruktur insgesamt ist ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, genau wie Straßen, Bürgersteige, und Radwege sollte öffentliche Mobilität insgesamt allen hier lebenden Menschen zur Vefügung gestellt werden und das unabhängig von der tatsächlcihen Nutzung. 

Allein der Verwaltungsaufwand für den Betrieb des Ticketsystems ist enorm, nicht nur die Fahrscheinautomaten und die Buskassen, auch die Aboverwaltung, die Fahrscheinkontrolleure, bis hin zu Inkasso und Strafverfahren (allein ein einziges  Verfahren wegen des Delikts der Erschleichung von Beförderungsleistungen kostet von Inkassokosten bis Gerichts, Verfahrens und schließlich Haftkosten mal schnell 3.000 € Steuergeld) ist immens aufwändig. Der ticketgebunde nutzungsabhängige ÖPNV ist nicht kundenfreundlich, außerdem werden kontinuierlich die Fahrpreise erhöht. 

Das kann anders werden (solidarisch umlagefinanziert) und es ist bezahlbar, es kommt auf den politischen Willen an.

sonnige Grüße
Therese