Frage an Thomas Strobl bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Thomas Strobl
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Frage von Dominikus B. •

Frage an Thomas Strobl von Dominikus B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Strobel.

Da sie sich schon in der Vergangenheit hier immer wieder die Mühe machten, auf die Fragen der Bürger zu antworten und ich ihre Ausführungen bisher immer sehr schätzte, bitte ich sie, Stellung zu nehmen zu der Nachricht, daß Deutschland nicht an der Anti-Rassismus-Konferenz teilnehmen will.

"Genf (dpa) - Die UN-Konferenz gegen Rassismus sorgt für Ärger: Wenige Stunden vor Beginn hat Deutschland seine Teilnahme in Genf abgesagt. Man befürchte, dass das Treffen als Plattform für andere Interessen missbraucht werde, hieß es aus dem Auswärtigen Amt." so die offizielle Nachricht.

Deutschland will nicht an der Rassismuskonferenz teilnehmen, weil befürchtet wird, aus dem offiziell in den Medien angegebenen Grund,daß diese dazu ausgenutzt werden könnte antisemitische Parolen zu verbreiten.

Wenn dem tatsächlich so wäre, wäre es nicht eine gute Gelegenheit für die Gegner solcher Demagogie, durch ihre Anwesenheit sich das Recht zu erwirken, diesen Hetzern Gegenargumente entgegenstellen zu können?

Ist es ihrer Meinung nach denn auch so, daß man, wenn man an einer Konferenz teilnimmt, damit zugesteht, daß man alles toleriert, was die anderen Teilnehmer behaupten?

Das wird vom Volke doch gar nicht so gesehen.

Es ist vielmehr wichtig, daß man dabei ist, damit man unverblümt und unverändert das hören kann, was wirklich gesagt wird.

Die Anti-Rassismuskonferenz wäre meiner Meinung nach eine gute Gelegenheit dazu, zu demonstrieren, daß man wirklich am Frieden in der Welt interessiert ist, denn der Frieden beginnt damit, dem Gegner zuzuhören.

Sollte er dann wirklich diese Ungeheuerlichkeiten behaupten, die man befürchtet, dann wäre es der ganzen welt öffentlich bekannt geworden, und zwar durch unabhängige Zeugen. Und man könnte damit an dem realen Punkte ansetzen, der sich gezeigt hat.

Nun meine Frage: Wie stehen sie zu der Teilnahme/Nichtteilnahme an der Antirassismuskonferenz?
Würden Sie ihre Haltung für die Bürger darstellen?

mit freundlichem Gruß

D. Braun

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Sehr geehrter Herr Braun,

es freut mich, dass Sie meine Stellungnahmen regelmäßig lesen und schätzen. Ich hoffe, dies wird auch mit meiner heutigen Entgegnung auf Ihre Anfrage der Fall sein, die ich Ihnen sehr gerne übermittle.

Zunächst einmal hat es sich die Bundesregierung mit Ihrer Entscheidung, der Anti-Rassismuskonferenz der Uno fernzubleiben, nicht leicht gemacht. Immerhin war es die erste UN-Konferenz überhaupt ohne deutsche Beteiligung, seit Deutschland Mitglied der Vereinten Nationen ist (also seit 1973). Schon daran sehen Sie, wie viel Überwindung es Kanzlerin Merkel und ihr Kabinett gekostet hat, sich zu diesem gravierenden Schritt durchzuringen. Tatsächlich gibt es ja eine Reihe nachvollziehbarer Gründe, die für eine Teilnahme gesprochen hätten. Sie haben die wichtigsten aufgezählt, und dagegen ist nichts zu sagen. Sie stimmen alle.

Ausschlaggebend waren aber nach sorgfältiger Überlegung die ebenso zahlreichen, ja inhaltlich schwerer wiegenden Bedenken. Da ich diese Bedenken teile, also den Boykott der Konferenz letztlich für richtig halte, möchte ich Ihnen die Bedenken aufzählen und erläutern. Da ist z.B. die verhängnisvolle Signalwirkung, die von einer Teilnahme ausgegangen wäre (übrigens nicht bei uns im aufgeklärten Westen, wohl aber in der orientalischen Heimat der notorischen Israel-Hasser, gegen die sich der Boykott ja richtet). Dass große Nationen wie etwa Frankreich an der Konferenz teilnahmen, obwohl der rassistische Impetus des Treffens angesichts der als Organisatoren firmierenden Iran-Regierung von Anfang an bekannt war, wertete das Regime Ahmadinedschad bereits unnötig auf. Es gab dessen Propagandaapparat die Möglichkeit, der heimischen Bevölkerung das Bild vom knechtischen, willfährigen Westen zu suggerieren, der herbeieilt, wenn man bloß mit dem Finger schnippt. (Sie, Herr Braun sehen das nicht so? Kunststück, wir haben eine freie Presse, die solche Simplifizierungen und Verfälschungen verhindert. Diese freie Presse fehlt aber im Iran. Dort sind die Menschen der einseitigen Mediendarstellung der Herrschenden ausgeliefert und fallen auf die genau in die geschilderte Richtung zielenden Propagandatricks Teherans herein.)

Noch schlimmer aber als die als Aufwertung des Iran interpretierbare Konferenz-T e i l n a h m e Frankreichs und anderer EU-Staaten war, dass Präsident Sarkozy´s Vertreter und seine europäischen Kollegen die Veranstaltung wieder v e r l i e ß e n, als Ahmadinedschad tatsächlich zur erwarteten Hass-Tirade gegen Israel ansetzte. Dieser im Fernsehen übertragene „Exodus“ der Europäer aus dem Konferenzraum sollte Stärke und Entschlossenheit im Kampf gegen den Antisemitismus ausdrücken, wie er in Ahmadinedschads Auslassungen erkennbar wurde (was Angela Merkel, Präsident Obama und andere kluge Köpfe ja vorausgesagt hatten). In Iraner Augen aber war der Auszug der Franzosen und Partner nur Signal kompletter Ohnmacht und damit ein Fanal für die Zukunft. Denn wer sich nur ein wenig auf die Mentalität der Orientvölker versteht, weiß, dass dort die Reaktion der EU-Teilnehmer als armselig betrachtet und Verachtung auslösen wird, die vermutlich bald schon europäische Touristen und Industrievertreter im Iran zu spüren bekommen werden.

Tenor der iranischen Interpretation von Frankreichs Verhalten wird nämlich sein: „Die Europäer sind wie kläffende Hunde. Sie bellen, aber sie beißen nicht. Wie solche werden wir sie künftig auch behandeln.“

Das zu verhindern, war Hauptzweck der deutschen Boykott-Aktion, der sich mit Italien, Polen, Kanada und vor allem den USA Präsident Obamas auch andere Westmächte angeschlossen haben, aber eben leider nicht alle EU-Staaten.

Dass übrigens für sich genommen auch der Boykott als Schwächeeingeständnis des Westens interpretiert werden kann, ist sicher richtig. Aber dies kommt nicht annähernd so drastisch „rüber“ wie das Vor-Ort-Verhalten der Konferenz teilnehmenden Europäer. Fernsehbilder nämlich, die hilflos gestikulierende Franzosen, Spanier, Belgier etc. auf dem Weg nach draußen zeigen, während Herr Ahmadinedschad u n g e h i n d e r t weiterspricht, sagen mehr als tausend Worte und sind in ihrer Breitenwirkung auf das Europa-Bild im Orient katastrophaler als die rein optisch gar nicht registrierte Abwesenheit der Deutschen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Thomas Strobl